Fußball

"Ich versuche es ohne Umhauen, aber …" Die Boatengs spielen Familien-Duell brutal

Dieses Wandgemälde in der Pankstraße in Berlin-Wedding feiert die drei Boateng-Brüder: Jerome, George und Kevin-Prince. George kickte mit im Käfig, schaffte den Sprung in den Profifußball nicht.

Dieses Wandgemälde in der Pankstraße in Berlin-Wedding feiert die drei Boateng-Brüder: Jerome, George und Kevin-Prince. George kickte mit im Käfig, schaffte den Sprung in den Profifußball nicht.

(Foto: imago sportfotodienst)

Es ist der Zweikampf des Spieltags: Auf Schalke treten die Brüder Boateng gegeneinander an – und kündigen vorher an, sich notfalls auch umtreten zu wollen. "Für 90 Minuten sind wir keine Brüder", formuliert Kevin-Prince das Motto. Jerome stichelt zurück.

Das letzte Mal trafen die Boatengs bei der WM 2010 aufeinander. Deutschland gewann 1:0.

Das letzte Mal trafen die Boatengs bei der WM 2010 aufeinander. Deutschland gewann 1:0.

(Foto: imago sportfotodienst)

Die gängige Geschichte über die Brüder Boateng geht ungefähr so: Kevin-Prince wächst in einem Problem-Kiez in Berlin-Wedding auf, kickt mit Freunden in einem Käfig, wird von der Hertha entdeckt und spielt fortan das neureiche Ghetto-Kid mit Tattoos und Macker-Allüren auf dem Platz. Jerome verbringt seine Jugend dagegen im gutbürgerlichen Berlin-Charlottenburg, besucht ein Sport-Gymnasium, und entwickelt sich bei Hertha und dem HSV zum demütigen Musterschüler, dessen Weg schnurstracks in die Nationalmannschaft führt.

Das ist arg verkürzt. Noch heute erzählt man sich laut "Tagesspiegel" im Wedding davon, wie rührend sich Kevin-Prince um seine Großmutter gekümmert habe. Sein ehemaliger Klassenlehrer sagte: "Er war ein sehr lieber, bescheidener Junge." Und den Ansagen Jeromes vor dem Bruderduell zu urteilen, könnte er mit seinen Sprüchen locker in den Weddinger Fußball-Käfigen mithalten. Das erste Treffen auf dem Platz seit der WM 2010 im Gruppenspiel Deutschland gegen Ghana inszenieren die Boatengs als Familienduell brutal

Spaß und Ernst

"Ich versuche es ohne Umhauen", sagte Jerome Boateng der "Sport Bild". "Aber wenn es nicht anders geht, mache ich es." Der Bayern-Innenverteidiger ist anderthalb Jahre jünger als Kevin-Prince, und trotzdem gibt er seinem Bruder ordentlich einen mit: "Weglaufen wird er mir ja nicht." Vielleicht ist der Ältere sogar stolz auf solche Aussagen, schließlich hatte er gesagt: "Ich wäre enttäuscht, wenn er mich im Spiel nicht mit 100 Prozent angehen würde. Also ich werde es so machen." Wahrscheinlicher ist, dass sich die Brüder einen Heidenspaß aus den gegenseitigen Sticheleien machen.

Trotzdem gilt für Samstag die Marschroute von Kevin-Prince: "Für 90 Minuten sind wir keine Brüder." Rücksicht können sich die beiden auch nicht leisten, dafür geht es für ihre Mannschaften um zu viel.

Leitwolf ohne Anlauf

Kevin-Prince Boateng hat mit seiner Ankunft einen nervösen Haufen Talentierter zu einer stabilen Mannschaft gemacht. Der ungefährdete 3:0-Sieg trotz einiger Fehler gegen Steaua Bukarest – noch vor einigen Wochen undenkbar. Da zitterten sich die Schalker noch in Saloniki in die Champions League, mit mehr Glück als Verstand. Doch nun haben sie etwas, das nur wenige Transfers auf Anhieb liefern: einen Leitwolf. Seiner Rolle entsprechend geht Boateng auch ins Spiel gegen die favorisierten Bayern mit einer Kampfansage: "Wir sind bereit und werden mit breiter Brust da raus gehen."

Die restlichen Schalker müssen gegen Bayern beweisen, dass sie für die höchsten Aufgaben taugen. Vor allem der hochtalentierte Julian Draxler, der vor der Saison von der Meisterschaft sprach, aber immer noch nach seiner Form sucht. Die Statistik spricht für die Bayern: Seit Nationaltorwart Manuel Neuer zur Saison 2011/2012 von Schalke nach München ging, haben die Königsblauen keinen einzigen Treffer gegen den Rekordmeister erzielt. Der bislang letzte Bundesliga-Sieg gegen die Bayern datiert aus dem Dezember 2010.

Boateng trotzt dem Motzki-Trubel

Jerome Boateng und sein FC Bayern hätten also eigentlich allen Grund, ruhig und voller Selbstvertrauen in das Spiel auf Schalke zu gehen. Nur: Trotz 13 Punkten aus 5 Spielen und nur 2 Gegentoren herrscht Unruhe bei den Bayern, dank der Rückkehr des Motzkis und der öffentlichen Diskussion der Bayern-Oberen. In einer solchen Situation braucht es Spieler wie Jerome Boateng, die stets besonnen ihr Ding machen, egal wie es um ihn herum tobt.

So hat er es auch in der Nationalmannschaft stets gehalten. Denn was bei der aufgeheizten Diskussion um Mats Hummels etwas untergeht, hat BVB-Boss Hans-Joachim Watzke zähneknirschend zugegeben: "Es gibt Argumente für Mertesacker und Boateng." 32 Länderspiele hat Boateng mittlerweile absolviert, eine Weltmeisterschaft und eine Europameisterschaft mitgemacht. Unter Pep Guardiola ist der 25-Jährige gesetzt, macht viel weniger Fehler als früher. Nationaltrainer Joachim Löw hat das bemerkt: "Ich habe ihn im letzten halben Jahr so gut gesehen wie selten zuvor."

Am Samstag wird es auch Jerome Boatengs Aufgabe sein, die gefährlichen Vorstöße seines Bruders in die Zentrale zu stoppen. Egal wie es ausgeht, nach dem Spiel wollen sie ihre Trikots tauschen. Jerome hofft, dass er seinen älteren Bruder "trösten muss". Irgendwann, sagte er auch noch versöhnlich, "irgendwann kommt es dazu, dass wir irgendwo zusammen spielen." Kevin-Prince weiß auch wo. "Ein Karriereende bei Hertha wäre ein Traum."

Quelle: ntv.de, mit dpa/sid

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