Fußball

Das Comeback der Relegation Drama und Geld regieren die Welt

Bochum und Osnabrück - hier noch gegeneinander - müssen gegen Gladbach bzw. Dresden in der Relegation ran.

Bochum und Osnabrück - hier noch gegeneinander - müssen gegen Gladbach bzw. Dresden in der Relegation ran.

(Foto: picture alliance / dpa)

Relegationsspiele im deutschen Fußball galten lange als Relikt aus den Achtzigern, als Spieler mit Überzeugung Vokuhilas trugen und die Trikots schlimmer aussahen als T-Shirts von Ed Hardy. Vor zwei Jahren führte die DFL die Relegation wieder ein - nicht nur aus Liebe zur sportlichen Dramatik.

Brütend heiß ist es in Dortmund, als der BVB am Pfingstmontag des Jahres 1986 in der Relegation um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga kämpft. Das Hinspiel bei Fortuna Köln setzten die Borussen mit 0:2 ordentlich in den Sand, ein Sieg muss dringend her, um zumindest ein Entscheidungsspiel zu erzwingen. Im Mittelpunkt steht an diesem Nachmittag Dortmunds Stürmer Jürgen Wegmann, der wenige Tage zuvor bekannt gegeben hat, dass er in der kommenden Spielzeit zum Erzrivalen FC Schalke wechseln wird. Mit den obligatorischen "Judas"-Rufen wird der Stürmer im Westfalenstadion warmherzig empfangen.

Perfekte Bühne für Spannung und Dramatik

Bereits in der 14. Minute macht Fortunas Mittelfeldspieler Bernd Grabosch das 1:0 für die Kölner, die vom zweiten Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte träumen. In der ersten Hälfte spielt der BVB miserabel, Durchgang zwei läuft dafür umso besser. In der 54. Minute gleicht Michael Zorc per Strafstoß aus, Regisseur Marcel Raducanu erzielt in der 68. Minute mit dem Kopf den Führungstreffer. Noch ein Tor benötigt der BVB, um nach Toren mit der Fortuna gleichzuziehen und somit im dritten Spiel den Klassenerhalt sichern zu können.

Michael Zorc erzielte 1986 den wichtigen Ausgleich gegen Fortuna Köln.

Michael Zorc erzielte 1986 den wichtigen Ausgleich gegen Fortuna Köln.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Als Ingo Anderbrügge, berüchtigt für seinen harten Schuss, in der 90. Minute abzieht, kann der bis dato überragende Fortuna-Keeper Jarecki den Ball nur nach vorne abklatschen. Wie es das Schicksal will, ist es ausgerechnet Jürgen Wegmann, der den Ball irgendwie ins Tor bugsiert. Die Kobra beißt zu, Dortmund erhält sich die Chance auf die Rettung und der zukünftige Schalker ist plötzlich der gefeierte Held. Im Entscheidungsspiel in Düsseldorf fegen die Borussen Fortuna Köln mit 8:0 aus dem Stadion, auch Wegmann steuert einen Treffer zum Schützenfest bei. Geschichten, die nur der Fußball schreibt. Die Relegation bietet die perfekte Bühne für Spannung und Dramatik.

Underdogs offenbar im Nachteil

Bei weitem nicht alle sahen die Wiedereinführung der Relegation nach 18 Jahren so positiv wie beispielsweise die Verantwortlichen von Borussia Dortmund. "Das ist ein großes Spektakel zum Saisonende", befand Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, als die 36 Profiklubs 2007 bei einer Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) den entsprechenden Beschluss mit großer Mehrheit verabschiedeten. Holger Stanislawski, Trainer beim damaligen Zweitligisten FC St. Pauli äußerte sich kritisch: "Davon halte ich gar nichts. Da werden die Erstligisten geschützt. Es ist brutal hart, wenn man auf Platz drei landet, aber nach einem Relegationsspiel vielleicht nicht aufsteigen darf".

Seit der Saison 2008/09 werden die letzten Auf- und Absteiger nun wieder in Entscheidungsspielen ermittelt. Den Anfang machten vor zwei Jahren Erstligist Energie Cottbus, der in Hin- und Rückspiel gegen den Zweitligisten aus Nürnberg antreten musste. Es war eines der wenigen Duelle, bei dem sich der vermeintliche Underdog durchsetzen konnte. Mit zwei Siegen (3:0, 2:0) sicherten sich die Franken damals souverän den Aufstieg und wiederlegten die Statistik: Zuvor setzten sich in zwölf Duellen die Zweitligisten erst dreimal durch.

Wirtschaftlicher Anreiz ist groß

Auch in der dritten Liga wird der letzte Aufsteiger seit 2009 über die Relegation ermittelt. So musste damals der SC Paderborn gegen den Tabellen-16. aus Liga zwei, den VfL Osnabrück, in die Saisonverlängerung. Hier haben sich seitdem immer unterklassigen Teams durchgesetzt, zuletzt der FC Ingolstadt bei Hansa Rostock. Gerade für die Zweitligisten ergeben sich aus der Relegation wirtschaftliche Vorteile, worauf auch der damalige Kölner Manager Michael Meier nach dem DFL-Beschluss hinwies: "Bei einem Sturz in die Drittklassigkeit besteht für viele Klubs Insolvenzgefahr. Nun gibt es eine zusätzliche Möglichkeit, dieses Szenario abzuwenden. Das war das stärkste Argument."

War ein Befürworter der Relegation: Michael Meier.

War ein Befürworter der Relegation: Michael Meier.

(Foto: picture alliance / dpa)

Fakt ist, dass die Relegation den beteiligten Clubs zusätzliche Einnahmen durch Fernsehgelder ermöglicht. Das diesjährige Relegationsspiel zwischen Erstligist Mönchengladbach und dem Zweitliga-Dritten VfL Bochum wird am Donnerstagabend zur Prime-Time in der ARD und im Pay-TV-Kanal Sky übertragen - ernsthafte Konkurrenz stellen zur gleichen Zeit höchstens Heidi Klum und ihre Topmodels auf ProSieben dar. Die Einschaltquoten dürften dementsprechend hoch sein. Die Spiele zwischen Osnabrück und Dresden, in denen der letzte Zweitliga-Startplatz für die kommende Saison ausgespielt wird, übertragen die Landesrundfunkanstalten des MDR und NDR live.

Medienpräsenz ein "riesiges Highlight"

"Für einen Drittligisten ist eine solche mediale Plattform natürlich ein riesiges Highlight", sagt Oliver Samwald, Pressesprecher des FC Ingolstadt. Die Oberbayern trafen im letzten Jahr auf den FC Hansa Rostock und schafften durch das "Hintertürchen" Relegation noch den Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Auch wirtschaftlich ist die Relegation laut Samwald rentabel: "Bei deinem Heimspiel hast du die Bude nochmal voll und dann kommen noch die zusätzlichen Einnahmen durch die TV-Gelder hinzu." Wie viel Geld tatsächlich an die Vereine fließt, möchte er aber nicht verraten.

Für Dynamo Dresden wäre der Aufstieg eine große Entlastung.

Für Dynamo Dresden wäre der Aufstieg eine große Entlastung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit der Wiedereinführung war die Relegation wohl kaum so spannend wie in diesem Jahr. Im Duell zwischen Gladbach und Bochum treffen zwei Mannschaften aufeinander, die jeweils eine starke Rückrunde gespielt haben und für die die Relegation in der Winterpause eigentlich schon unerreichbar war. Brisant dürften auch die Partien zwischen dem VfL Osnabrück und Dynamo Dresden werden, ein Kräftemessen zweier Traditionsvereine mit großem Fanpotenzial. Besonders ein Aufstieg der Sachsen wäre an Euphorie wohl kaum zu übertreffen: Finanziell ist der Verein gerade nach dem teuren Stadionumbau arg gebeutelt.

Quelle: ntv.de

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