Zermürbt von der Löw'schen Hinhaltetaktik Kießling spekuliert auf die WM
27.08.2013, 10:16 Uhr
Das bisher letzte Mal: Stefan Kießling im Trikot der deutschen Nationalelf - am 10. Juni 2010 bei der WM in Südafrika. Das DFB-Team gewann in Port Elizabeth die Partie um Platz drei mit 3:2.
(Foto: imago sportfotodienst)
Unter Bundestrainer Joachim Löw werde es einen Nationalspieler Stefan Kießling nicht mehr geben. Sagt Kießling. Der konstanteste deutsche Angreifer sagt aber auch: Klar helfe er bei der Fußball-WM, wenn Not am Mann sei. Ja was denn nun?
Die Frage ist nicht neu, aber virulent: Warum will Bundestrainer Joachim Löw nicht, dass Stefan Kießling für die Fußball-Nationalmannschaft spielt? Stefan Kießling ist 29 Jahre alt - und seit längerer Zeit der deutsche Angreifer, der am regelmäßigsten den Ball ins Tor schießt. Am Samstag, beim 4:2 gegen Borussia Mönchengladbach, hat er in seinem 223. Bundesligaspiel für Bayer Leverkusen seinen 100. Treffer erzielt. In der vergangenen Saison war er mit 25 Toren erfolgreichster Stürmer der Liga.
Doch Löw schweigt weitgehend zu dieser Personalie, seit Stefan Kießling sein bisher letztes von sechs torlosen Länderspielen in der Partie um Platz drei bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika absolviert hat. Mal deutet er an, dass der Leverkusener nicht in sein spielerisch geprägtes System passt, mal lässt er durchblicken, dass er den Eindruck habe, für Kießling werde auf internationalem Niveau die Luft etwas zu dünn. Wie dem auch sei, für den Bundestrainer steht fest, dass "Miroslav Klose und Mario Gomez, wenn sie fit sind, unsere erste Wahl sind". Dahinter, auch das sagte er, seien der Gladbacher Max Kruse und eben Kießling "gute Alternativen". Im Grunde aber sitzt der die Sache aus. Es scheint, als wolle er sich für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Brasilien alle Optionen offen halten will.
Stefan Kießling aber hat das Warten satt. Nach dem Sieg gegen Mönchengladbach brach es aus ihm heraus: "Alles, was bei der WM ist, interessiert mich einen feuchten Käse." Und legte in der "Bild"-Zeitung kalkuliert nach: "Ich habe mal gesagt, das Thema ist gegessen. Nun erkläre ich noch mal - den Nationalspieler Kießling wird es unter Löw nicht mehr geben". Er will nicht länger darauf warten, ob es sich der Bundestrainer nicht doch noch einmal anders überlegt. So weit, so klar.
"Ich bin kein Typ, der stänkert"
Nur: Ganz vergessen kann der Leverkusener die DFB-Elf dann doch nicht. Im Interview mit dem "Kicker" sagte er: "Sollte vor der WM Not am Mann sein und jemand auf die Idee kommen, ich könne helfen, dann bin ich der Letzte, der eine Mannschaft im Stich lässt." Auch gegenüber der "Bild"-Zeitung hatte sich der Angreifer diese Hintertür offen gelassen. Was denn nun? Will er noch - oder will er nicht? Zumindest ist er genervt. Und hat mit seinen Einerseits-andererseits-Interviews mutmaßlich wenig gewonnen.
Der Bundestrainer hat darauf bisher noch nicht reagiert, sah aber am Samstag auf der Tribüne des Leverkusener Stadions einen hervorragenden Kießling, was er explizit erwähnte. Über ihn und Sidney Sam sagte er: "Sie waren die spielentscheidenden Personen. Kann sein, dass sich der eine oder andere am Doppel-Spieltag im Nationalelf-Kader wiederfindet." Auch Kießling? Oder nimmt Löw die Steilvorlage auf und beendet seinerseits das Thema endgültig? Am Donnerstag verrät der Bundestrainer, wer bei den WM-Qualifikationsspielen gegen Österreich am Freitag, 6. September, in München und auf den Färöer Inseln am Dienstag darauf dabei ist. Kießling geht davon aus, "dass ich nicht eingeladen werde".
Auf seiner Facebook-Seite schrieb er an mehr als 45.000 Fans: "Seit drei Jahren gab es nie irgendeinen Kontakt oder ein Gespräch, warum es nicht für die Nationalmannschaft reicht. Ich bin kein Typ, der stänkert, aber ich möchte ein für alle Mal das Thema ruhen lassen". So lange er aber trifft und trifft, bleibt das Thema virulent. Und Kießling, dem so Zermürbten, bleibt nur das Warten. Es sei denn, er schießt keine Tore mehr.
Quelle: ntv.de, mit dpa und sid