Fußball

Deal der Bewerber? Warum nicht! WM-Vergabe wird zur Fifa-Farce

Kurz vor der Vergabe für die WM-Endrunden 2018 und 2022 sorgt ein Fifa-Funktionär für Aufsehen. Er erklärt, ein Deal zwischen den Bewerbern sei durchaus möglich - obwohl die Fifa-Ethikkommission genau das verneint hatte. Für Schlagzeilen sorgen auch weitere korrupte Exekutivmitglieder.

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Im Zwielicht: Der Fußball-Weltverband Fifa.

(Foto: REUTERS)

Der Fußball-Weltverband Fifa kommt nicht aus den Korruptionsschlagzeilen, die gleichzeitige Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 wird zunehmend zur Farce: Während nach neuen Betrugsvorwürfen drei weitere hochrangige Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees (Issa Hayatou/Kamerun, Ricardo Teixeira/Brasilien und Nicolas Leoz/Paraguay) unter Verdacht stehen und von Funktionären Absprachen zwischen Bewerberländern nicht mehr bestritten werden, hat Franz Beckenbauer die gleichzeitige WM-Vergabe am Donnerstag in Zürich heftig kritisiert.

"Es war ein Fehler, beide Weltmeisterschaften gemeinsam zu vergeben. Der Grund war die Planungssicherheit - vielleicht kann man zwei Weltmeisterschaften hintereinander besser vermarkten als eine. Im Nachhinein sind alle der Meinung, dass es ein Fehler war", sagte Fifa-Exko-Mitglied Beckenbauer dem Pay-TV-Sender Sky.

Drei Schmiergeldempfänger benannt

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Ricardo Teixeira soll 9,5 Millionen Dollar an Schmiergeldern von der ISL erhalten haben.

(Foto: REUTERS)

Wie der Schweizer "Tages-Anzeiger" berichtete, sollen die drei Exko-Mitglieder Hayatou, Teixeira und Leoz in den neuen Korruptionsskandal verwickelt sein. Hayatou, gleichzeitig auch Vizepräsident des Weltverbandes 2002 Gegenkandidat von Fifa-Boss Joseph S. Blatter bei der Präsidentenwahl auf dem Fifa-Kongress in Seou, Teixeira und Leoz sollen den 90er Jahren von der damaligen Fifa-Hausagentur ISL Bestechungsgelder von mehr als zehn Millionen Dollar kassiert haben. Allerdings in unterschiedlichem Umfang: Zwei Funktionäre hätten Summen in Höhe von 600.000 Dollar bzw. knapp 25.000 Schweizer Franken erhalten. Teixeira habe dagegen allein im Zeitraum zwischen dem 10. August 1992 und 28. November 1997 über eine Tarnfirma in Liechtenstein 9,5 Millionen Dollar eingestrichen.

Allerdings: Neu an den Enthüllungen ist nur der Name Issa Hayatou. Die Namen von Teixeira und Leoz sind schon länger bekannt, sie wurden in den Gerichtsakten zum ISL/ISMM-Prozess im schweizerischen Zug als einzige Fifa-Funktionäre namentlich erwähnt. Bestraft wurden sie von der Fifa bislang nicht, was sich nun ändern könnte.

Auch die englische BBC machte Zahlungen aus den Büchern der seit 2001 bankrotten ISL publik. Zudem sollen auch zwei Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bestochen worden sein. Insgesamt sollen Zahlungen in Höhe von 138 Millionen Schweizer Franken an Fifa-, IOC- und Verbands-Mitglieder geflossen sein.

Keine Absage der WM-Vergabe

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Fifa-Präsident Joseph Blatter kommt mit seinem Verband nicht aus den Korruptionsschlagzeilen.

(Foto: AP)

Dass die am Donnerstag in Zürich vorgesehene Entscheidung über die Austragungsorte der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 wegen der neuen Enthüllungen abgesagt werden könnte, glaubt Beckenbauer indes nicht. "Du kannst es wieder neu ausschreiben, aber dazu wurde schon viel zu viel Geld investiert. Zum Schluss hat man gesagt, trotz aller Korruptionsvorwürfe einzelner Mitglieder: wir ziehen das durch. Am 2.12. werden jetzt beide Weltmeisterschaften entschieden", sagte Beckenbauer, der aus privaten Gründen im kommenden Jahr nicht mehr für einen Sitz in der Regierung des Weltfußballs kandidieren wird. Dem Ehrenpräsidenten des Rekordmeisters Bayern München sind aber wohl auch die anhaltenden Bestechungsskandale ein Dorn im Auge.

Denn Blatter könnte in den kommenden Tagen wegen des neuen Korruptionsskandals weiter in die Enge getrieben werden. Mitte des Monats hatte der Weltverband bereits mehrjährige Sperren gegen sechs Fußball-Funktionäre, darunter die Exko-Mitglieder Amos Adamu (Nigeria) und Reynald Temarii (Tahiti), verhängt. Adamu und Temarii wurden für drei bzw. ein Jahr von jeglichen Tätigkeiten im Fußball suspendiert, nachdem sie des Verstoßes gegen mehrere Artikel der Fifa-Ethik-Regeln für schuldig befunden worden waren. Sie hatten ihre Stimme für die WM-Vergabe feilgeboten.

WM-Deals durchaus möglich

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Mohamed Bin Hammam ist Deals im Rahmen der WM-Bewerbung nicht abgeneigt.

(Foto: REUTERS)

Heute sorgte zudem Fifa-Exekutiv-Mitglied Mohamed Bin Hammam aus Katar für helle Aufregung. Bin Hammam beurteilt einen möglichen Deal zwischen Katar und Spanien/Portugal keineswegs kritisch. Angeblich soll es Absprachen zwischen ihm und dem spanischen Fifa-Vize-Präsidenten Angel Maria Villar Llona geben; Spanien kandidiert zusammen mit Portugal für die WM 2018, Katar für die Endrunde 2022.

"Wenn es einen Deal gibt zwischen mir und Angel Maria aus Spanien oder anderen Beteiligten des Exekutivkomitees - dann sehe ich das nicht als Problem. Vielleicht sehen sie das aus europäischer Perspektive als Problem", sagte Bin Hammam, Chef der asiatischen Konföderation, der ARD.

"Schuld ist das System"

Die "Sunday Times" hatte im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen gegen Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees unter Bezug auf den ehemaligen Fifa-Generalsekretär Michael Zen-Ruffinen (Schweiz) von einer angeblichen Allianz zwischen Spanien und Katar berichtet, mit der sich Katar bereits sieben Stimmen der Delegierten gesichert habe. Die Kommission hatte darüber hinaus auch die Hinweise auf angebliche Absprachen zwischen Mitgliedsverbänden und ihren Bewerbungskomitees untersucht, jedoch keine ausreichenden Beweise für eine Verletzung des Bewerbungs- und Ethikreglements gefunden.

"Glauben sie mir, ich weiß nicht, wie die auf sieben Stimmen kommen. Ich widerspreche allem. Aber wenn da etwas ist, dann beschweren sie sich nicht bei Katar oder Spanien. Schuld ist das System, dass zwei Weltmeisterschaften am gleichen Tag entschieden werden", sagte Bin Hammam.

Quelle: ntv.de, cwo/sid

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