Redelings Nachspielzeit

Redelings über die Schiedsrichter Lass uns noch ein Pott Bier schlürfen!

Schiedsrichterlegende Wolf-Dieter Ahlenfelder hatte es wohl besonders auf die vollen Bierflaschen abgesehen.

Schiedsrichterlegende Wolf-Dieter Ahlenfelder hatte es wohl besonders auf die vollen Bierflaschen abgesehen.

Gespräche über die Ehefrauen? Ehrliche Worte unter Kollegen? Früher hat man sich auf dem Platz gesellig unterhalten und hinterher auf ein Getränk am Tresen getroffen. Schiedsrichter sind nämlich auch nur Menschen!

Spieltag. Samstag. Jetzt schnaufen wir nach den spektakulären Vorkommnissen des letzten Wochenendes in und um Leipzig erst einmal alle kräftig durch und erinnern uns gemeinsam daran: Es ist am Ende nur Fußball!

C-Bundesliga-Album Ben Redelings-8-2.jpg

Okay, für einen Menschen, der eins seiner Bücher "Fußball ist nicht das Wichtigste im Leben – es ist das Einzige" genannt hat, mag diese Aussage verwundern – aber schlussendlich auch nicht. Denn, wie so viele Millionen Menschen in Deutschland und Milliarden auf der Welt, liebe ich dieses Spiel und Hass oder Gewaltphantasien haben da überhaupt keinen Platz. Niemals und zu keiner Zeit!

Viel mehr erfreue ich mich an den unzähligen unterhaltsamen Randgeschichten, die der Fußball immer wieder produziert. Und in diesem Text möchte ich eine Lanze brechen für eine Gruppe, die viel zu oft in der Kritik steht und ohne die alles nicht ginge: Die Schiedsrichter!

Wie Pauli-Trainer Ewald Lienen einmal so richtig sagte: "Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen." Wie das aussehen kann, wenn sich beide Seiten respektieren, zeigte mit einem Paradestück der "32-Minuten-Schiedsrichter" Wolf-Dieter Ahlenfelder bei einem Spiel in Bochum. Als der VfLer Jupp Tenhagen kurz vor einem Platzverweis stand, ging Ahli zu ihm hin und meinte: "Hömma, Jupp. Ein bissken ruhiger jetzt. Wir wollen doch gleich noch schön nen Pott Bier zusammen schlürfen, oder nicht?" Natürlich, wollte Tenhagen das, und ließ fortan die Blutgrätsche einfach weg.

"Ich glaube, deine Frau betrügt uns!"

Zwei Meister der Kommunikation auf dem Platz waren früher die sympathischen Schlitzohren Walter Eschweiler und Willi "Ente" Lippens. Der damalige Rot Weiss Essen Profi Lippens bekommt heute noch glänzende Augen, wenn er von seinem Lieblings-Schiedsrichter Eschweiler erzählt. Mit dem Diplomaten aus Bonn hatte der halbe Holländer aus dem Ruhrgebiet immer viel Spaß auf dem Platz: "Wir haben uns oft unterhalten während des Spiels. Eckball für uns, bin ich raus zur Fahne, kam er hinterher: ›Na, Wilhelm, wie geht es zu Hause?‹ Sag ich: ›Danke, Walter, uns geht es sehr gut. Soll ich jetzt die Ecke schießen oder möchtest du, dass ich noch was erzähle?‹ Oder wenn du gefoult worden bist und hast auf dem Boden gelegen, da kam er dann vorbei – so in seiner Art mit den strammen Beinen und dem glatt gebügelten Oberkörper – und hat zu dir nach unten geschaut: ›Jung, suchst du was, hast du was verloren?‹"

Auch die ganz persönlichen Scherze ließ Walter Eschweiler in diesen Tagen nicht aus, wie sich Lippens mit einem schelmischen Grinsen erinnert: "Mir hat der immer gesagt: ›Ich glaub, Wilhelm, deine Frau betrügt uns!‹"

Ach, ja, Willi Lippens ist natürlich auch der Spieler, der auf die Worte eines Schiedsrichters - "Ich verwarne Ihnen!" – dereinst antwortete: "Ich danke Sie!". Aber das ist schon lange her. Damals unterhielt sich auch der unnachahmliche FC-Profi Wolfgang Overath noch angeregt mit dem Mann in Schwarz auf dem Platz: "He, Aldinger, jetzt hast du wohl gerade deine schwachen zehn Minuten." Woraufhin Schiri Heinz Aldinger antwortete: "Und du, Overath, spielst schon 70 Minuten Scheißdreck."

Das erinnert zu Recht an den Dialog zwischen Paul Breitner und Wolf-Dieter Ahlenfelder. Paul Breitner: "Ahli, du pfeifst wie ein Arsch!" Und Ahlenfelders schlagfertige Antwort: "Und du spielst wie ein Arsch, Paul!"

Dardai wollte freiwillig gehen

Ach, Ahli, du warst einfach eine Marke. Nicht umsonst erinnern sich die Leute so viele Jahre später noch mit einem Schmunzeln im Gesicht an deine verrückten Geschichten. Eine der schönsten Anekdoten der Schiedsrichterlegende Wolf-Dieter Ahlenfelder hat sich damals auf dem Betzenberg zugetragen, wie Ahli selbst einmal erzählte: "Da kam dann natürlich der Einsatzleiter rein mit so ’nem Walki-Talki und wat nicht alles und sagte: ›Herr Ahlenfelder, wir haben heute einen Großeinsatz hier!‹ ›Ja, ich sag, ja und?‹ ›Wie wollen wir das denn händeln hier? Wie soll das denn überupt vonstatten gehen?‹ Ich sag: ›Mach doch kein Scheiß da. Leere Pullen sofort, puhhff, zurück.‹ ›Wat?‹ ›Ich sag, sofort zurück.‹ ›Ja, und volle?‹ ›Ich sag: Einsammeln. Einsammeln. In der Halbzeit werden wir uns lecker einen kredenzen." Danach folgte die typische Bewegung mit gespreiztem Daumen und kleinem Finger zum Mund.

Aber auch heute kann man kleinere und größere Probleme auf und abseits des Platzes immer noch mit ein wenig geschickter und gewitzter Kommunikation lösen. So wie in der vergangenen Saison der Hertha-Trainer Pal Dardai. Mit ein bisschen Abstand erzählte er lächelnd folgende Geschichte: "Gegen Wolfsburg ist der vierte Offizielle zu mir gekommen und hat gesagt, wenn ich das noch zwei-, dreimal mache, gehe ich auf die Tribüne. Da habe ich gesagt, wenn die Kollegen weiter so pfeifen, gehe ich freiwillig."

Und wenn man sich dann doch einmal wieder über den Schiri ärgert, sollte man sich einfach an die alte Weisheit des Weltmeisters Andi Brehme erinnern. Die gilt immer noch und auf ewig: "Wenn der Mann in Schwarz pfeift, kann der Schiedsrichter auch nichts mehr machen."

Die Anekdoten und Sprüche dieses Artikels stammen aus dem aktuellen Buch unseres Kolumnisten Ben Redelings: "Bundesliga-Album: Unvergessliche Sprüche, Fotos, Anekdoten" bei Amazon bestellen. Außerdem ist er gerade live mit seinen Programmen unterwegs: Infos und Tickets zur Tour.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen