Remake startet zweite Runde "Final Fantasy 7 Rebirth" haucht Klassiker neues Leben ein


Protagonist Cloud zeigt endlich Emotionen.
Vor ein paar Jahren kündigt Square Enix ein dreiteiliges Remake zu "Final Fantasy 7" an. Die Aufregung ist groß, doch der erste Teil sorgt eher für gemischte Gefühle. Nun erscheint mit "Rebirth" Teil zwei. Und der ist deutlich besser gelungen.
Als Spieleschmiede Square Enix nach jahrzehntelangem Hin und Her endlich einen Trailer zum "Final Fantasy 7 Remake" zeigte, brach das große Getose los. Ein Cocktail aus Glückshormonen, Vorfreude und Nostalgie sorgte für einen kollektiven Rausch unter Fans der Reihe. 1997 erschienen, bildete das Original einen Videospiel-Meilenstein, erzählerisch, nicht optisch. Häßlichklobige Gestalten folgten einer Geschichte über Klimawandel, Unterdrückung und Kapitalismus. 2020 kam dann die Neuauflage, der erste Teil einer geplanten Trilogie. Es streckte die ersten paar Stunden auf knapp 35. Hübsche Figuren, hübsche Kulissen, viele zähe Momente. Jetzt erscheint mit "Final Fantasy 7 Rebirth" Teil zwei - und der macht einiges deutlich besser.
Vier Jahre dauerte es, bis Square Enix die Geschichte um die Öko-Terrorgruppe Avalanche weitererzählt. Ihr Zuhause liegt in Trümmern; ihre Gesichter zieren Fahndungsfotos; Großkonzern Shinra, quetscht weiterhin das Leben aus dem Planeten, um es in Form von Strom zu verticken. Die Ausgangslage ist finster, die Umgebung nicht. Die Truppe um Protagonist Cloud blickt außerhalb ihrer neonübersättigten Cyberpunk-Heimat auf schier endlose Weiten aus sattem Grün, auf Berglandschaften, auf dichte Wälder und leere Strände; Backsteinmetropolen und Holzhütten-Gemeinden.
Mit der offenen Spielwelt setzt sich "Final Fantasy 7 Rebirth" von seinem Vorgänger ab - was aber auch der Vorlage geschuldet ist. Midgar war schon damals eine Ansammlung voneinander getrennter Orte. Jedoch war alles außerhalb karg, nahezu tot. 1997 hatte eben seine technischen Grenzen. Heute gibt es deutlich mehr zu entdecken, viele, mal mehr, mal weniger gut geschriebene Nebenfiguren mit Aufgaben, Erkundungsquests, verborgene Geheimnisse. Das genretypische Problem einer überfrachteten Spielwelt, in der zahllose Markierungen hyperaktiv blinken, gibt es aber nicht. Trotzdem reißen Nebentätigkeiten immer wieder aus dem Handlungsverlauf.
Viel Ablenkung
Eigentlich sollte Cloud Ober-Antagonisten Sephiroth über die Spielwelt jagen, immerhin blüht der in Säuberungsfantasien auf; er sollte Shinra stoppen, das einzelne Metropolen bereits in Wüsten verwandelte; er sollte Monster in ihre Löcher zurückdrängen, doch stattdessen zockt er stundenlang in Arcade-Hallen, sammelt lebende Kuscheltiere in einer Bonbon-Welt, spielt ein (hervorragendes) Kartenspiel, nimmt an Rennen teil und tobt sich in einem VR-Simulator aus.
Ablenkungen schieben die dringlichen Aufgaben in den Hintergrund. Square Enix konnte offenbar nicht auf Füllmasse verzichten, drosselt so das Erzähltempo, nimmt dabei dramatischen Ereignissen die Wucht. Auch die Haupthandlung ist gelegentlich mit Nippes überfüttert. Um die gesamte Geschichte des Originals abzuschließen, sind etwa 35 Stunden nötig, für "Final Fantasy 7 Rebirth" braucht es gut 50. So viele neue Einblicke es auch geben mag, ein wenig erinnert das an die vermurkste "Hobbit"-Filmtrilogie, nur mit deutlich mehr Kämpfen. Und die haben es in sich.
Alle Figuren bringen ihre eigenen Fähigkeiten mit aufs Schlachtfeld. Barret, ein miesgelaunter Brocken mit Maschinengewehrarm, setzt auf Salven aus der Distanz; Cloud schwingt seine Ego-Krücke, ein menschengroßes Schwert; Tifa, eine Kampfkünstlerin setzt, nun, auf Kampfkunst eben. Spieler können zwischen jeweils drei Figuren springen, müssen Spezialangriffe und Ausweichmanöver timen. Effektvoll inszenierte Synchron- und Limitattacken und Monsterbeschwörungen hauchen dem Geschehen noch mehr Dynamik ein. Monster lassen sich zusätzlich in Schockstarre versetzen, was sie anfälliger für Angriffe macht, kurz: Es wird nicht öde.
Schöne Kämpfe, schöne Spielwelt, weniger Längen in der Erzählung. "Final Fantasy 7 Rebirth" nimmt sich Gelungenes aus dem Vorgänger und entwickelt es weiter. Auch die Geschichte selbst bekommt deutlich mehr Feinschliff. Manchmal schmirgelte Square Enix auch was ab, um Neues anzupappen. Das geht so weit, dass Creative Director Tetsuya Nomura sogar sagte, er wäre nervös, wie Fans das Ende des Spiels aufnehmen. Das ist anders, wird hier aus Spoilergründen aber nicht näher erläutert. Angemerkt sei aber, dass die besonders herausragenden Momente immer dann aufkommen, wenn das Remake sich vom Original löst.
Früher war alles besser?
Dass Videospielklassiker einen zweiten Frühling erleben, ist nicht unbedingt neu. Gerade die "Resident Evil"-Reihe spricht da für sich. Bei "Final Fantasy 7" war zunächst nicht klar, ob das gelingt. Zu viele Schwächen, zu langatmig – modernes Gameplay und deutlich modernere Optik konnten das kaum ausgleichen. Ärgerlich, immerhin ist die Vorlage heute wie damals aktuell. In den 1990er-Jahren entwickelte es sich zum wissenschaftlichen Konsens, dass der Klimawandel menschengemacht ist, Unternehmen bestritten das Thema jahrzehntelang wider besseres Wissen. Ein dystopisches Spiel über ein Unternehmen, das den Planeten tötet, traf entsprechend einen Nerv.
"Final Fantasy 7 Rebirth" spinnt diese Geschichte weiter, nimmt aber auch ideologische Schwächen mit. Alles Industrielle wird weiterhin verteufelt, jeder Fortschritt verdammt. Die Wissenschaftler gehen über Leichen, starten Menschenexperimente, halten nichts von Ethik. Sie leben in versmogten Städten, die nichts anderes als Leuchtreklamen und graubraune Blocks kennen. Natürlich treibt der kapitalistische Wettbewerb dort alle Bewohner langsam in den Wahnsinn – Ellenbogen verdrängen Höflichkeit.
Wer sich dem entzieht, wird von Shinra überrollt, haust davor aber in gemütlichen Dörfern zwischen Blumenbeeten und hilfsbereiten Nachbarn. Statt über Wachstumsprognosen wird dort vulgärphilosophischer Kram geschwafelt. Dass die viel kritisierte Industrie auch für Komfort sorgt, das Leben in einer monsterverseuchten Welt erleichtert, wird nahezu vollständig ausgeblendet. "Final Fantasy 7 Rebirth" ist ein großartiges Spiel. Mehr Kontraste und weniger Längen hätten aber gutgetan.
Quelle: ntv.de