Technik

Licht- und Schatten-SpielKann PES 2019 endlich FIFA übertreffen?

28.08.2018, 09:00 Uhr
imageLinus Härschel und Holger Preiss

Der Kampf zwischen PES und FIFA ist der von David gegen Goliath. Vor allem, da der EA-Gigant die Lizenz-Karte ganz groß spielen kann. PES 2019 will jetzt mit einer nie dagewesenen Realitätsnähe aufholen. Ob es reicht? n-tv.de hat es getestet.

Pünktlich zur Gamescom in Köln hat der Hersteller Konami sein Spiel Pro Evolution Soccer (PES) mit der Version 2019 auf Stand gebracht. Mit neuen Features will die ewige Nummer zwei der Fußball-Games den Meister FIFA von EA Sports angreifen. Versprochen hat die Spieleschmiede aus Tokio, dass viele Details deutlich verbessert worden sind. Licht-Schatten-Spiele, Fan-Animationen in den Kurven oder die Atmosphäre im Stadion sollen ebenso realistisch dargestellt sein wie die Erschöpfungszustände der Spieler auf dem Platz.

Hört sich gut an und verführt dazu, das Spiel schnellstmöglich in die Konsole zu packen. Im Test von n-tv.de wird der Wahrheitsgehalt der Konami-Aussagen auf einer PS4 überprüft. Bereits bei der Suche nach den spielbaren Mannschaften fällt auf, dass das Angebot verglichen mit FIFA weiterhin beschämend klein ist. Klar, ohne Lizenzen muss Konami weiterhin zum Trick der Mannschaftsumbenennung greifen.

Trauma der Fake-Mannschaften

So wird aus Atletico der KB Red White, aus Real Madrid der MD White und aus dem FC Chelsea der London FC. Am Ende erkennt der Spieler die Primera Division nur am Konami-Partnerklub FC Barcelona und die Premier League am FC Liverpool und Arsenal. Die Bundesliga ist - und das ist erneut ein herber Schlag für die deutschen Fans - gar nicht vertreten. Lediglich Schalke 04 und Leverkusen sind spielbare Mannschaften. Aber selbst die kann man nicht mehr in ein internationales Turnier wie die Champions League - das einstige Aushängeschild von PES - schicken, denn die Lizenz hat Konami in diesem Jahr an den Konkurrenten FIFA verloren.

Spielbar sind die Ligen der Türkei, Frankreichs, der Niederlande, Portugals, Russlands, Schottlands, der Schweiz und vier südamerikanische Ligen. Die sind lizensiert und der Fan findet seinen Lieblingsverein mit richtigen Namen und den echten Trikots. Für deutsche Fußballfans heißt das letztlich, sich für eine andere Liga zu begeistern. Aber genug gejammert, wenden wir uns den Neuerungen zu und gucken, was Konami von der versprochenen Realitätsnähe in PES 2019 gepackt hat.

Gigantische Stimmung ohne Kommentator

Tatsächlich fällt auf, dass die Stimmung im Stadion gigantisch ist. Bei den lizensierten Vereinen werden sogar die Fangesänge originalgetreu aus den Lautsprechern geschmettert. Leider kann man sie nur genießen, wenn man auf die Ansagen der Kommentatoren Marco Hagemann und Hansi Küpper keinen Wert legt. Selbst auf maximaler Lautstärke sind sie kaum zu verstehen. Etwas besser wird es, wenn man mit Kopfhörern spielt. Ein Highlight ist es aber selbst dann nicht.

Absolut realistisch ist der Auflauf der Mannschaften vom Spielertunnel bis aufs Feld. Das gibt es so bei FIFA nicht. Noch nicht, denn deren Produkt für 2019 steht noch aus. Doch bis dahin führt PES hier den Reigen ganz klar an. Gleiches gilt für die Spielsteuerung. Die Feldspieler reagieren wesentlich präziser auf die Controller-Steuerung. Bei Pässen fällt auf, dass sie sich sehr genau spielen lassen. Wer allerdings an der Steuerung verzieht, darf gewiss sein, dass hier keine Software im Hintergrund helfend eingreift und der Ball mit Sicherheit ins Aus oder zum Gegner geht.

Kraftvoll und mit D-Zug

Schüsse aufs Tor fühlen sich bei PES 2019 satter und kraftvoller an als in der aktuellen FIFA-Version. Auffällig ist auch, dass die Bewegungen von Spielern und Torwart langsamer sind als beim Mitbewerber. Das korrespondiert am Ende ausgezeichnet mit den sehr realistischen Bewegungsabläufen der Spieler und deren spür- und sichtbaren Erschöpfungszuständen. Genial sind auch Ecken- und Freistoßtaktiken. Sogar die "D-Zug"-Aufstellung, die man von der englischen Nationalmannschaft bei der WM so oft gesehen hat, kann in PES 2019 gewählt werden. In Summe mit der ausgezeichneten Grafik ist das momentan Highend.

Ein paar kleine Ärgernisse gibt es dann aber doch. Wer während des Spiels seine Taktik ändern will, muss zwingend in das Menü wechseln, um seine Anweisungen auf den Platz zu bringen. Wer zu zweit spielt, verrät seinem Gegenspieler bei der Gelegenheit gleich mal die folgenden Spielzüge. Apropos Menüs: Die sind auch bei PES 2019 recht unübersichtlich und irgendwie lieblos angelegt. Das wird vor allem auffällig, wenn man eine Spielerkarriere startet.

Animationen nicht überwältigend

Leider sind auch die Fan-Animationen nicht so überwältigend wie versprochen. Wie in FIFA 2018 wirken die auch in PES 2019 immer noch wie Pappaufsteller. Der letzte Kritikpunkt sei dem Licht-Schatten-Spielen gewidmet. Die sind eher verhalten denn hervorragend. Selbst bei einem Abendspiel unter Flutlicht werden die Schatten der Spieler kaum sichtbar. Das stört beim Zocken natürlich überhaupt nicht und wird auch nur dann auffällig, wenn es vorher großspurig angekündigt wird.

Am Ende bleibt PES 2019 das, was 2018 schon war: eine echt gut zu spielende Fußballanimation für die PS4, die vor allem darunter leidet, dass sie keine Lizenzen hat und damit immer ein wenig wie Flickschusterei wirkt. Doch wem Mannschaften, internationale Wettkämpfe und Trikots egal sind, der wird in PES 2019 vor allem in der Spielführung eine sehr realistisches und unterhaltsames Soccer Game finden.

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