Technik

"Ich mag die Idee" Putin lädt zu Kriegsspiel in den Kreml

Wladimir Putin: Umstieg auf virtuelle Waffen?

Wladimir Putin: Umstieg auf virtuelle Waffen?

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Im Osten der Ukraine wird gekämpft, in Kiew taucht eine Einladung Wladimir Putins an den Nachbarn auf - man solle doch lieber Waffen auf dem Bildschirm im Kreml als in der Realität sprechen lassen. Die Tochter des russischen Präsidenten empfiehlt einen Ego-Shooter.

Was nun folgt, ist eine seltsame Geschichte. Sie handelt von einem seltsamen Brief von Wladimir Putin persönlich, der in Kiew eingeht. Und sie dreht sich um das Computerspiel Areal aus der ukrainischen Hauptstadt, von dem lange noch nicht einmal sicher war, ob es überhaupt die Entwurfsphase übersteht. An sich ist das kein ungewöhnlicher Vorgang, denn viele Entwickler hangeln sich inzwischen über ein Crowdfunding-Projekt bis zu einem zahlungskräftigen Publisher. Oft zeigen kleine, unabhängige Spielestudios dabei ein Prototyp-Video und Screenshots. Dazu kommt viel zum Konzept, ein was-passiert-wenn-wir-wie-viel-Geld-zusammenbekommen-Szenario.

"Areal" soll den Spieler ins Zentrum Russlands führen, wo er gegen Mutanten kämpft.

"Areal" soll den Spieler ins Zentrum Russlands führen, wo er gegen Mutanten kämpft.

(Foto: West Games)

Die Projektseite von Areal sieht inzwischen auch so aus. Doch nachdem die Kampagne äußerst amateurhaft begonnen hatte und danach ungewöhnlich viele Ungereimtheiten auftauchten, wie sie etwa Eurogamer im Detail ausgrub, hat Kickstarter sie zu Beginn der Woche eingefroren. Die Macher von West Games hätten gegen die Regeln verstoßen, hieß es in einer Nachricht an die Unterstützer. Die hatten sich von dem Ego-Shooter an postapokalyptischem Schauplatz wohl viel versprochen. Schließlich sollen hier Entwickler des populären "Stalker" am Werk sein, bei dem Spieler samt Waffe durch die verstrahlte Zone bei Tschernobyl streifte. In Areal sollen die Spieler hingegen in Russland gegen Mutanten kämpfen.

"Anhaltender Informationskrieg"

Das Finanzierungsziel von 50.000 US-Dollar hat West Games mit fast 65.000 Dollar übertroffen. Allerdings dauerte es lange. Und erst wenige Tage vor Ende der Frist gab es eine Zusage über 10.000 und eine weitere über 5000 Dollar. Ohne sie wäre die Hürde wohl nicht übersprungen worden. Wirklich spannend wurde es genau einen Tag vor dem Ende, als die Entwickler angaben, zwar "Teil des anhaltenden Informationskrieges" zwischen Russen und Ukrainern zu sein - aber womöglich eine authentische E-Mail aus der Feder Wladimir Putins erhalten zu haben.

Als Beleg veröffentlichten sie den angeblichen Brief des russischen Präsidenten, adressiert an Eugene Kim, den Chef des Studios. Dem Brief zufolge habe die Tochter des Staatschefs ihm von Areal erzählt, das ja der geistige Nachfolger von Stalker sei, den sie auf Kickstarter unterstütze. "Ich liebe Videospiele genauso wie Ego-Shooter und ich mag die Idee. Es ist wichtig dass sich unsere Völker nicht beschießen, sondern stattdessen solche Spiele spielen", erläutert Putin den diplomatischen Anlass seiner Kontaktaufnahme.

Ego-Shooter für die Völkerverständigung

Der Brief ist allerdings nicht nur eine seltsame Anekdote, sondern auch amüsant: So nennt Putin den "Krieg" gegen Mutanten "sehr interessant" und lädt West Games nach Fertigstellung einer Alphaversion zu sich in den Kreml ein, um "ein bisschen zu spielen". Zudem wolle er mit Kim über die Interessen der jungen Leute, der Spieler im Land sprechen. Eine Ego-Shooter-Session für die Völkerverständigung? Das müsste ein anderer Staatschef erstmal nachmachen. Allerdings hieß es auf Nachfrage von n-tv.de bei der russischen Botschaft in Berlin, man habe keine Informationen über einen solchen Brief.

Sollte das Schreiben echt sein, ist es ein weiteres Kapitel der Geschichte eines russischen Präsidenten, der sich gerne als dynamisch, frisch, ja, ewig jung präsentiert. Und der momentan eine neue Leidenschaft entdeckt - denn auf der offiziellen Profilseite Putins sind Videospiele nicht als eine seiner Freizeitaktivitäten aufgeführt. Ist es hingegen eine Fälschung, wäre das aus Sicht von West Games aber auch kein Problem. So oder so haben die Entwickler durch ihre ungewöhnliche Post viel Aufmerksamkeit für Areal bekommen. Und darum geht es West Games.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen