Technik

Gute Ansätze, miese Performance Vampir-Spektakel "Redfall" fehlt der letzte Biss

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Blutsaugern jagen ist Programm in "Redfall".

(Foto: Bethesda)

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Das Videospiel "Redfall" hat eigentlich alles, was es für einen guten Ego-Shooter mit ordentlich Fantasy-Elementen braucht: Vampire, durchschlagskräftige Waffen, interessante Charaktere und actionreiche Fights. Leider gibt es vor allem technische Temposchwellen, die Schwung aus der ganzen Sache nehmen.

Große Exklusivtitel Xbox und PC sind eher selten. Mit "Redfall" bekommen nun ausschließlich Microsoft-Anhänger einen blutigen Vampir-Shooter mit Open-World. Haus-Publisher Bethesda und die Entwickler von Arkane Studios präsentieren ein Spiel im frischen Comic-Look, mit knackiger Action und vier interessanten Hauptcharakteren. Leider kämpft man nicht nur mit Blutsaugern, sondern auch mit technischen Mängeln, einer schlechten Balance der Gameplay-Elemente und einem langatmigen Storytelling. ntv.de hat "Redfall" auf der Xbox Series S getestet.

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Redfalls Helden-Quartett: Jacob, Layla, Remi und Devinder

(Foto: Bethesda)

Dabei fängt das Spiel gut an: Im fiktiven Inselstädtchen Redfall, irgendwo an der US-Ostküste, übernimmt plötzlich eine Horde Vampire das Kommando. Die eine Hälfte der Bevölkerung lebt in Angst und Schrecken, die andere ist als Kultisten zu Anhängern der Blutsauger geworden. Und dann gibt es da noch eine Handvoll Menschen, die durch die Geschehnisse in Redfall mit magischen Fähigkeiten ausgestattet wurden und den Vampiren den Kampf ansagen. Ziel: Die Insel befreien und herausfinden, was den Vampirismus ausgelöst hat. Der Spieler kann dafür einen von vier Charakteren auswählen, die jeweils drei Spezialfähigkeiten mitbringen.

Und auch das ist ein gelungener und unterhaltsamer Teil im Spiel. Zudem sind die vier Protagonisten herrlich skurril gezeichnet. Jacob Boyer, der Scharfschütze mit dem Geisterauge, bewegt sich unauffällig durch Redfall. Er kann mit einem Raben zeitweise die Areale auskundschaften und hat einen Mantel, der ihn für kurze Zeit unsichtbar macht. Als ultimative Fähigkeit nutzt er ein Geistergewehr, mit dem er per Röntgenblick direkt auf lebenswichtige Organe zielen kann. Mit Layla Ellison kann man eine Figur wählen, die auf Telekinese setzt. Eine Geisterfahrstuhlkabine dient als Katapult, der Psycho-Regenschirm fängt erst Projektile auf und schleudert sie dann zurück. Obendrein kann sie ihren zum Vampir verwandelten Ex-Freund beschwören, der ihr im Kampf beisteht.

Die anderen beiden Figuren sorgen ebenfalls für individuelle Gameplay-Ansätze. Devinder Crosley war vor den Ereignissen in Redfall ein Geisterjäger, nun stellt er Vampiren nach. Er nutzt einen Blitzspeer, um Gegner zu paralysieren, kann sich mit einer Teleporter-Disk dahin befördern, wo er sonst nur schwer hinkommt und hat einen UV-Strahler in Übergröße, der Vampire versteinert. Remi de la Rosa ist Ingenieurin mit MIT-Abschluss - und baut in erster Linie Bomben. Sie packt so ziemlich überall C4 ran und ist in jedem Fall der explosivste Charakter. Dazu hat sie einen Roboterhund, der Feinde ablenkt und kann eine Regenerationszone für sich und Mitstreiter errichten.

Vampir-Jagd mit der Pflock-Bazooka

Die Open-World ist ebenfalls mit viel Liebe zum Detail entwickelt worden. Redfall versprüht den US-Vorstadt-Charme mit Comicbuch-Anstrich. Dazu sorgen Sound, Lichteffekte und Musik selbst bei Tag für ein gelungenes Grusel-Setting. Kommt man in die Nähe eines Vampirs, hört man beispielsweise ein Flüstern und eine schaurige Hintergrundmusik setzt sein.

Ebenso unterhaltsam wie die Spielwelt und die Charaktere ist die Ausstattung mit Waffen: unterschiedliche Revolver, Lichtpistolen, UV-Scheinwerfer, Sturm- und Scharfschützengewehre und eine Pflock-Bazooka. Es ist für jeden etwas dabei. Auch das Gunplay, also die Kombination aus Zielen, Feuern und Trefferauswirkung ist in "Redfall" zufriedenstellend. Die Grundlagen für einen guten Ego-Shooter mit ordentlich Fantasy-Elementen ist also da. Im Spiel gibt es aber leider gleich mehrere Temposchwellen, die Schwung herausnehmen.

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Auch im Koop lässt sich Redfall erkunden.

(Foto: Bethesda)

Zum einen, und das kann Geschmackssache sein, ist die Erzählstruktur sehr langatmig. Wie in einem Diorama bewegen sich in den Zwischensequenzen starre Comic-Bilder. Kamerafahrten über ein Panoramabild, leichtes Reinzoomen, hier wird mal eine Figur ins Bild geschoben, da mal ein paar Lichteffekte, ein Sprecher aus dem Off erzählt, wie es mit der Geschichte weitergeht. Das ist für einen Titel dieser Größenordnung schon ziemlich enttäuschend.

Was das Gameplay angeht, sind die Open-World-Bausteine eher Standard. Die oft unterhaltsamen Missionen befassen sich damit, verlorenen gegangene Erinnerungstücke von NPCs zu finden, Zivilisten zu befreien und natürlich Vampire zu pfählen. Trifft man allerdings auf Vampire oder deren Kultisten kommt es zu haarsträubenden Gefechten. Die KI der Gegner in Kämpfen ist gelinde gesagt: dumm. Die Kultisten haben in der Regel ein ähnliches Waffenarsenal zur Verfügung wie der eigene Charakter. Es gibt aber keinerlei taktisches Vorgehen bei ihren Angriffen. Gegner mit Scharfschützengewehren preschen nach vorne und verzichten auf den Distanzvorteil, kaum einer der Kultisten geht in Deckung, obwohl überall liegengebliebene Autos herumstehen.

Redfall, very american

Die Vampire sind nicht viel besser. Die Basisausführung in langer Kutte und blassem Anstrich prescht ebenfalls geradlinig auf den Spieler los und versucht nicht einmal, den Kugeln auszuweichen. Dank ihrer übernatürlichen Fähigkeiten könnten sie das, das wird im Spiel auch angedeutet, wenn sie sich über verschiedene Etagen teleportieren. Die fehlende KI-Aufmerksamkeit für Situationen ist dazu oft frappierend. Erledigt man einen der Blutsauger aus dem Hinterhalt, bekommt der daneben lungernde Vampir gar nichts davon mit.

So muss man gar nicht die Umgebung nutzen, um Kämpfe mit mehreren Gegnern für sich zu entscheiden. Denn das könnte man tun. Schließlich ist der Ort ein echtes Pulverfass. Jede Kreuzung ist mit Benzinkanistern, Autobatterien oder Gasflaschen zugepflastert, die man in die Luft jagen könnte, um gleich mehrere Gegner auszuschalten. Diese Bausteine fallen aber erst auf, wenn man eine Fläche von Gegnern gesäubert hat und näher herankommt. Dann darf man auch den eher eintönigen Loot einsammeln: Munition, Erste-Hilfe-Set und Waffen. Alles voller Waffen. Auch sehr amerikanisch: Denn in jedem Kofferraum, in jedem Werkzeugkasten und jedem Spind findet sich ein Schießeisen mit einer kleinen Modifikation.

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An Gruselelementen fehlt es nicht...

(Foto: Bethesda)

An dieser Waffenflut und den recht eintönigen Kämpfen kann man vielleicht noch Gefallen finden. Was definitiv keinen Spaß macht, sind die Bugs im Spiel. Texturen laden teilweise unfassbar lange, dazu kommt es immer mal wieder zu Abstürzen, wenn man gesonderte Areale wie Vampirnester oder Boss-Arenen betritt. Einmal verabschiedete sich das Spiel gleich mitten im Bossfight und fand das Profil nicht wieder. Erst nach dem Day-1-Update ging der Test weiter. Auch das sind Elemente, die von den Entwicklern behoben werden können, aber "Redfall" macht noch den Eindruck unfertig zu sein. Es fehlt einfach der letzte Biss.

Wer den Gamepass von Xbox ohnehin hat, kann "Redfall" ohne Aufpreis einfach mal ausprobieren. Sollten die genannten Probleme noch behoben werden, ist der Trip in das amerikanische Vorstädtchen ein unterhaltsamer und blutiger Spaß. Wer den Gamepass nicht hat, der sollte sich gründlich überlegen, ob er rund 70 Euro in das Spiel investieren will.

Quelle: ntv.de

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