Asylverfahren in Drittstaaten

Knapp 116.000 Geflüchtete haben im ersten Halbjahr in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt. Während die Zahl hierzulande geringer war als vor einem Jahr, blieb sie auf EU-Ebene zusammen mit Norwegen und der Schweiz weitgehend unverändert.

Bereits seit einiger Zeit wird die Grenze von der Ostsee bis zum Bodensee stärker kontrolliert. Zur Fußball-EM finden solche Kontrollen an allen deutschen Grenzen statt. Die meisten Deutschen fänden es richtig, dies beizubehalten. Gespalten ist die Meinung zu einer Drittstaatenregelung.

Bei der Bewertung des Drittstaaten-Modells geht durch die Ampel-Koalition ein Bruch. Während die FDP gemeinsam mit der Union nach der Konferenz der Ministerpräsidenten auf schnelle Durchführung drängt, lehnen SPD und Grüne die Pläne rundheraus ab.

Nach dem Bund-Länder-Treffen versichert Olaf Scholz, die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten zu prüfen. Gleichzeitig äußert der Bundeskanzler Bedenken - ebenso wie Innenministerin Faeser. Die Grünen verweisen auf hohe Hürden. Die Union kritisiert die aus ihrer Sicht zu lange Prüfung des Verfahrens.

Die unionsgeführten Länder dringen auf Asylverfahren in Drittstaaten, Experten haben Zweifel, dass dies rechtskonform machbar ist. Beim Bund-Länder-Gipfel erreichen die Ministerpräsidenten zumindest, dass weiter geprüft wird. Der Kanzler hält die Erwartungen aber klein.

Sollte Deutschland auch Asylverfahren in Drittstaaten vornehmen? Die Forderungen werden lauter und verschiedene Modelle für ausgelagerte Asylverfahren rücken in den Fokus. Viele Sachverständige zeigen sich allerdings skeptisch.

Die Union dringt darauf, Asylverfahren in Nicht-EU-Staaten durchzuführen. Die Regierung hatte zugesagt, die Möglichkeit zu prüfen, Ergebnisse will sie heute den Ministerpräsidenten präsentieren. Nicht nur die Caritas hält wenig von dem Vorhaben.

"Bitte erteilen Sie Plänen zur Auslagerung von Asylverfahren eine klare Absage", heißt es in einem offenen Brief von 300 Organisationen. Die Adressaten: Kanzler Scholz und die Länderchefs. Die Verfasser des Schreibens lehnen Drittstaaten-Pläne nicht nur aus humanitären Gründen ab.

Großbritannien macht es vor, die CDU will nachziehen: ausgelagerte Asylverfahren in sogenannten sicheren Drittstaaten. Bisher ist diesbezüglich vor allem Ruanda im Gespräch - nun schlägt Thorsten Frei zwei weitere afrikanische Länder vor. Von deren Bereitschaft ist der Konservative überzeugt.

Die FDP steht kurz vor ihrem Parteitag. Und macht nach ihrem Vorstoß zur "Wirtschaftswende" nun auch einen Vorschlag zur Asylpolitik. Fraktionschef Dürr ruft dazu auf, "darüber nachzudenken", Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb Europas durchzuführen.