"Power Hours" trotz Gluthitze? Amazon-Arbeiter zum Extraschwitzen verdonnert
29.06.2021, 14:01 Uhr
Amazon-Mitarbeiter stehen an Packstationen im Fulfillment Center in Kent im US-Bundesaat Washington.
(Foto: REUTERS)
Wegen der Hitzewelle im Nordwesten der USA öffnet Amazon die Tore am Firmensitz in Seattle für Menschen, die Abkühlung brauchen. Schwitzen müssen derweil die Arbeiter in den Warenlagern. Trotz Wüsten-Temperaturen wird angeblich zu Höchstleistung aufgerufen.
Die Menschen im Nordwesten der USA ächzen unter einer beispiellosen Hitzewelle. Weil viele Häuser in der normalerweise gemäßigten Region keine Klimaanlage haben, stellen Behörden klimatisierte Räume zum Abkühlen zur Verfügung. Auch Amazon teilte am Montag mit, dass seine Tore am Hauptsitz in Seattle im US-Bundesstaat Washington geöffnet sind, um Menschen Schutz vor der Gluthitze zu bieten.
Laut der Zeitung "Seattle Times" werden Menschen, die dringend Abkühlung suchen, in das Tagungszentrum des Unternehmens mitten in der Stadt in unmittelbarer Nähe zu den sogenannten Amazon Spheres mit den markanten Glaskugeln eingeladen. Laut der offiziellen Website der Stadt Seattle bietet es Platz für bis zu 1000 Personen. Es müssen Masken getragen werden. Außerdem müssen sich die Menschen vor dem Betreten ausweisen.
Laut der Zeitung ist es das erste Mal seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, dass die Thermometer in Seattle an drei aufeinanderfolgenden Tagen annähernd 40 Grad anzeigen. Aus der gesamten Region wurden bereits Stromausfälle gemeldet. Auch der Westen Kanadas meldet immer neue Hitzerekorde. Hier liegen die Temperaturen mittlerweile bei über 40 Grad Celsius.
Während die Öffentlichkeit in klimatisierten Räumen von Amazon Schutz finden kann, sind die Hitzevorkehrungen für die eigenen Mitarbeiter in den Logistikzentren aber offenbar weniger umsichtig. Wie die "Seattle Times" unter Berufung auf nicht namentlich genannte Mitarbeiter am Wochenende berichtete, werden sie trotz steigender Hitze sogar zu Höchstleistungen angespornt.
Kalte Nackentücher und Trinkwasser
Die Temperaturen in den Hallen in Seattle und Kent sollen dabei nur unwesentlich unter den Außentemperaturen liegen. Große Ventilatoren unter der Decke an einem der Standorte in Kent sorgten zwar dafür, dass die Luft in den großen Lagerhallen zirkuliere. Wie es heißt, wurden auch Ventilatoren an einem Standort auf dem Boden verteilt und kalte Nackentücher und Trinkwasser an die Mitarbeiter verteilt. Wirkliche Abkühlung böten diese Maßnahmen aber nur bedingt, heißt es.
In einem anderen Logistikzentrum in Kent sollen ungeachtet der hohen Temperaturen zusätzlich "Power-Stunden" angeordnet worden sein, in denen sich die Mitarbeiter schneller bewegen sollen, um produktiver zu sein. Nicht jede Arbeitsstation habe funktionierende Lüfter, er habe sofort geschwitzt, berichtet ein Mitarbeiter. Einige Arbeitskollegen seien auch vorzeitig nach Hause gegangen, zitiert die Zeitung einen weiteren nicht namentlich genannten Mitarbeiter. "Ich bin wirklich überrascht, wie schlecht sie vorbereitet sind, da wir wissen, dass es jetzt schon eine Weile so heiß werden würde."
Amazon habe auf Anfrage der "Seattle Times" Power-Stunden an dem entsprechenden Standort dementiert. Das Unternehmen habe "vor vielen Jahren" Klimaanlagen in seinen Hallen in Kent installiert, zitiert die Zeitung aus einer E-Mail des Unternehmens. Die Fabrikate nennen oder kommentieren, warum einige Arbeiter sich über die hohen Temperaturen im Gebäude dennoch beklagten, wollte Amazon demnach aber nicht. Der Anfrage der Zeitung nach einer Aufzeichnung über die Temperaturen in den Gebäuden sei ebenfalls nicht nachgekommen worden.
Quelle: ntv.de, ddi