Wirtschaft

Keine Reformen von Schwarz-RotBDI-Chef: "Aggressive Stimmung" in der Wirtschaft

16.12.2025, 03:02 Uhr
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Die Wirtschaft wünscht sich deutlich mehr Schwung bei der Entbürokratisierung. (Foto: picture alliance / BMWE/photothek.de)

Die Hoffnungen der Wirtschaft sind groß, als die schwarz-rote Koalition unter Kanzler Merz ihre Arbeit aufnimmt. Doch die Realität sorgt offenbar für Ernüchterung bei den Unternehmen. Die Stimmung sei "extrem negativ", so der BDI-Chef.

Das aus Sicht vieler Experten mangelnde Reformtempo der Bundesregierung löst in der Wirtschaft zunehmend Wut. Dieses gefährde zudem das gesamte deutsche Gesellschaftsmodell, sagte der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Peter Leibinger, der "Süddeutschen Zeitung". Die Stimmung unter Unternehmern und Managern sei "extrem negativ, teils regelrecht aggressiv".

"Beim Start der Regierung im Mai war die Lage der Wirtschaft kritisch, die Stimmung aber hoffnungsvoll. Jetzt sind die Probleme immer noch da, viele in den Unternehmen sind aber so maßlos enttäuscht, wie ich es noch nie erlebt habe", so der BDI-Chef. "Wir stecken in der schwersten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik: längste Rezession, Produktionsschwund seit 2018, geringes Produktivitätswachstum, letzter im Wachstum unter den großen Volkswirtschaften. Unser Gesellschaftsmodell droht uns zwischen den Fingern zu zerrinnen."

Leibinger räumte ein, dass tiefgehende Reformen Zeit bräuchten und die Erwartungen der Wirtschaft an Union und SPD teilweise überzogen gewesen seien. "Aber: Die Regierung müsste den Menschen besser das Gefühl vermitteln, dass es in die richtige Richtung geht", betonte er. "Was wir bräuchten, wären erkennbare Symbole. Dass man zum Beispiel Vorschriften einfach mal aussetzt." Zwar gebe es immer 1000 Gründe, warum das im Einzelfall nicht gehe. "Aber das Signal wäre: Wir haben verstanden."

Sorgen bereiten dem BDI-Chef vor allem die Attacken chinesischer Unternehmen auf deutsche Vorzeigebranchen wie die Auto- und die Chemieindustrie sowie den Maschinenbau. "Unser industrieller Kern ist in der Tat in Gefahr, weil China unser Geschäftsmodell nachbaut, dabei aber günstiger und vor allem viel schneller ist als wir", sagte Leibinger. "Bürokratie, geringe Arbeitszeiten, mangelnde Flexibilität - das sind alles Dinge, die uns Geschwindigkeit kosten. Mit Zöllen und weniger offenen Weltmärkten werden wir fertig. Unser Kernproblem ist die Geschwindigkeit. Wir sind schlicht viel zu langsam."

Klar Stellung bezog der 58-Jährige mit Blick auf die jüngsten Annäherungsversuche des Familienunternehmerverbands an die AfD. "Parteien, deren Grundprinzip die Polarisierung der Gesellschaft und das Säen von Hass ist, rütteln nach unserer festen Überzeugung an den Grundfesten unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells", betonte er. Auch für ihn persönlich seien "Rassismus und Antisemitismus völlig inakzeptabel", so Leibinger. "Mit Antisemiten kann und will ich nicht reden."

Quelle: ntv.de, lme

BDI