Prüfung der Reformen steht noch aus Berlin macht Weg für Griechenland-Hilfe frei
08.06.2016, 18:03 Uhr
In Athen reißen die Proteste gegen die mit den europäischen Hilfen verbundenen Sparmaßnahmen, etwa im Gesundheitswesen, nicht ab.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Noch haben die Gläubiger-Institutionen nicht bestätigt, dass die Athener Regierung die geforderten Sparmaßnahmen und Reformen umgesetzt hat. Dennoch gilt die Auszahlung der nächsten Milliarden-Tranche aus dem Hilfspaket als sicher.
Die Bundesregierung nimmt die letzten Hürden für die Auszahlung weiterer Milliarden-Hilfen an den Euro-Partner Griechenland ins Visier. Das Bundesfinanzministerium sprach sich in einem Reuters vorliegenden Brief an den Bundestags-Haushaltsausschuss für die Auszahlung einer neuen Tranche in Höhe von 10,3 Milliarden Euro aus.
Damit setzt es die politische Einigung der Euro-Finanzminister vom 24. Mai um. Allerdings fehlt für die endgültige Freigabe der Mittel noch eine abschließende Bestätigung der EU-Kommission, dass Griechenland alle vorab vereinbarten Reformen umgesetzt hat. Der Haushaltsausschuss des Bundestags wird sich daher wohl erst am Freitag abschließend mit dem Thema befassen.
Der Auszahlung der zweiten Tranche aus dem insgesamt bis zu 86 Milliarden Euro umfassenden dritten Hilfspaket war monatelanger Streit zwischen den Griechen und den anderen Euro-Ländern vorausgegangen. Der Bundestag muss der Auszahlung nicht zustimmen, weil sich die Konditionen, unter denen die Griechen frisches Geld bekommen sollen, nach Ansicht der Bundesregierung nicht grundlegend ändern.
Plenum soll erst nach der Wahl über Griechenhilfen reden
Allerdings ist eine Stellungnahme des Haushaltsausschusses erforderlich, die er bis zum 15. Juni abgeben kann. "Wir haben die Auszahlung der Tranche heute noch nicht freigegeben, da die Umsetzung eines kleinen Rests der verabredeten Maßnahmen durch die griechische Regierung noch aussteht", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Eckhardt Rehberg. Ernsthafte Probleme sieht er aber keine.
Die Bundesregierung wollte eine Abstimmung im Bundestags-Plenum vermeiden, weil schon 2015 einige Abgeordnete der CDU und vor allem der CSU weitere Milliardenhilfen heftig kritisiert hatten. Weitreichende Schuldenerleichterungen für Griechenland sollen erst 2018 beschlossen werden, falls sie notwendig werden. Damit wird eine Debatte im Bundestagswahlkampf 2017 vermieden.
Die Überprüfung des Reformprogramms, das Griechenland mit seinen Geldgebern vereinbart hatte, ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Prüf-Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF müssen formell noch die Umsetzung einiger Vorabmaßnahmen, sogenannter "Prior Actions" bestätigen. In dem Schreiben an den Ausschuss heißt es deshalb: "Vorbehaltlich der (...) Bestätigung der Umsetzung der Prior Actions durch die Institutionen befürwortet die Bundesregierung die Freigabe der nächsten Kredittranche an Griechenland."
Berlin fordert Klarheit von EU-Kommission
EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici rechnet damit, dass diese letzten Punkte nächste Woche geklärt werden. Die deutsche Regierung machte einem Insider zufolge erneut Druck auf die Kommission. Sie forderte diese auf, rasch Klarheit zu schaffen und alle notwendigen Dokumente vorzulegen, damit auch der Bundestagsausschuss sich abschließend äußern kann.
Die frischen Milliarden erhält Griechenland im Gegenzug für ein weiteres Reformbündel. Dazu zählen eine Renten- und eine Einkommensteuerreform, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 24 Prozent und die Einrichtung eines Privatisierungsfonds für Staatsvermögen. Zudem bekommt Griechenland bessere Konditionen für die Kredite des Euro-Rettungsfonds ESM, der von den Euro-Ländern finanziell abgesichert wird.
Die EU-Kommission erwartet, dass die griechische Wirtschaft dieses Jahr nur noch leicht um 0,3 Prozent schrumpft. Die Arbeitslosenquote liegt nach einer jahrelangen Rezession bei fast 25 Prozent.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa