Kredite werden immer riskanter Bundesbank erwägt Schritte gegen Immobilienblase
06.04.2022, 11:14 Uhr
Der Trend bei den Immobiliennpreisen kann sich schnell umkehren, warnt Bundesbankvorstand Wuermeling.
(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)
Mit den teils extrem steigenden Immobilienpreisen wächst das Risiko, das Käufer und Banken bei den Finanzierungen auf sich nehmen. Die Bundesbank denkt derzeit über verschiedene Maßnahmen nach, um die Gefahr für den Finanzsektor einzudämmen.
Die Bankenaufsicht könnte wegen der hochschießenden Preise auf dem Immobilienmarkt zusätzliche Schritte zur Eindämmung der Gefahren für die Geldhäuser unternehmen. "Falls sich weitere übermäßige Risiken aufbauen, behalten wir uns vor, die Puffer anzupassen oder stattdessen andere Instrumente zu nutzen", sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling in einem Interview dem "Handelsblatt". Wuermeling zufolge könnte es beispielsweise zur Vermeidung von hochriskanten Immobilienkrediten sinnvoll sein, den Fremdkapitalanteil zu beschränken.
Der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand hat dabei als mögliches Instrument im Blick, eine Obergrenze bei der in der Immobilienfinanzierung wichtigen LTV-Quote ("loan to value") einzuziehen. Diese gibt das Verhältnis der Kredithöhe zum Immobilienwert wieder. Je höher die Quote ausfällt, umso riskanter ist das Darlehen für die Bank. Wuermelings Überlegungen zielen in die gleiche Richtung wie jüngste Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB). Dieser hatte vorgeschlagen, dass in Deutschland eine Obergrenze für die LTV-Quote eingeführt werden soll.
"Wohnungsbaukredite sind vor dem Hintergrund stark steigender Preise schlicht risikoreicher geworden, weil sich der Trend schnell umdrehen kann", sagte Wuermeling. Die Verschuldung der Immobilienkäufer nehme zu. "Diese finanzieren einen immer höheren Anteil ihrer Anschaffungskosten über Kredite und bringen immer weniger Eigenkapital mit", warnte er. Marktdaten deuteten darauf hin, dass im Neugeschäft in knapp zehn Prozent der Fälle die Kreditsumme den Kaufpreis der Immobilie übersteige. "Die Preise für Wohnimmobilien haben sich von den Zuwächsen der Einkommen entkoppelt", sagte er. Der Anteil des Schuldendienstes am verfügbaren Einkommen sei weiter gestiegen und habe zuletzt bei 29 Prozent gelegen.
Höherer Kapitalpuffer ab 1. April
Laut Wuermeling hat sich zudem der Anteil der Wohnimmobilienfinanzierungen in den Bankbilanzen enorm erhöht. "Er liegt mittlerweile bei 35 Prozent aller Bankkredite", führte er aus. Das sei auch eine Folge des Preisanstiegs. "Und der Trend dauert an", sagte er.
Die Bundesbank warnt schon seit Jahren vor Überbewertungen am Immobilienmarkt. Die starken Preissteigerungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern alarmierten zuletzt auch den EU-Risikorat ESRB. Hierzulande gebe es einen Anstieg der Häuserpreise auf breiter Front, warnte das bei der Europäischen Zentralbank angesiedelte Gremium. Die Finanzaufsicht Bafin hat bereits strengere Regeln für Geldhäuser auf den Weg gebracht. Sie hat verfügt, dass Deutschlands Banken als Vorsorge für mögliche Rückschläge etwa auf dem Immobilienmarkt in den nächsten zwölf Monaten einen zusätzlichen Kapitalpuffer ansparen müssen. Neu eingeführt wurde zum 1. April ein zusätzlicher Puffer, der spezifisch Wohnimmobilien-Kredite absichert.
Quelle: ntv.de, mbo/rts