"Existenzielle Krise" Corona wird für Airlines zum Albtraum
16.03.2020, 13:33 Uhr
Flugzeuge am Boden: Die Lufthansa hat einen Großteil ihrer Flugkapazitäten gestrichen.
(Foto: REUTERS)
Weltweit leiden die Fluggesellschaften massiv unter den Auswirkungen der Corona-Krise. Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es einen Krisengipfel, denn in der Branche herrscht Existenzangst.
Bei Ryanair bleibt bald möglicherweise die gesamte Flotte am Boden, die Lufthansa und andere Airlines streichen ihre Kapazitäten zusammen und an den Börsen geht es für Luftfahrt-Aktien steil nach unten: Die Branche ist wegen des neuartigen Coronavirus an den Abgrund geraten. Die Rufe nach Staatshilfe werden lauter. "Die europäische Luftfahrt steht vor einer gefährlichen Zukunft, und es ist klar, dass eine koordinierte staatliche Unterstützung nötig sein wird, um das Überleben der Branche zu sichern", so Easyjet-Chef Johan Lundgren.
Immer weniger Menschen fliegen überhaupt noch - aus Furcht vor dem Coronavirus und wegen verschärfter Reisebestimmungen weltweit. Wie stark das einzelne Unternehmen belastet, ist etwa an Tui zu sehen. Der weltgrößte Touristikkonzern, der mit Tuifly auch eine Airline betreibt, stellt vorübergehend den größten Teil seines Geschäfts ein und beantragt Staatshilfe. An der Börse stürzen die Papiere um fast 30 Prozent ab.
Am Frankfurter Flughafen läuft der Betrieb in der Coronavirus-Krise deutlich eingeschränkt. Für heute sind zwar insgesamt rund 1000 Starts und Landungen geplant - das wären allerdings rund 400 weniger als im Normalbetrieb. Zudem sind die Flugzeuge deutlich leerer als sonst, denn statt 170.000 Passagieren wie üblich werden nur rund 90.000 erwartet. In den Terminals ist deutlich weniger los.
Fluggesellschaften leiden wegen der Absage von Kongressen, Messen, Urlaubs- und Geschäftsreisen sowie der Schließung von Grenzen. Air-France-KLM wird im April und Mai bis zu 90 Prozent der Flüge streichen, auch die British-Airways-Mutter IAG reduziert die Kapazität erheblich. Bei den großen US-Airlines sieht es ähnlich aus. Ryanair kündigte an, den größten Teil der eigenen Flugzeugflotte in Europa in den nächsten sieben bis zehn Tagen am Boden zu halten. Nach Ansicht des Analysten von Davy Research befindet sich die Luftfahrtindustrie in einer existenzbedrohenden Krise.
Krisengipfel berät über Hilfe
Auch die Lufthansa hat Probleme. Das Management kündigte einen Sparkurs und Kurzarbeit an. Außerdem wird die Dividende ausgesetzt. Konzernchef Carsten Spohr hatte in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter gesagt, dass die Auswirkungen der Krise immer dramatischer würden. Das Unternehmen will deshalb Staatshilfen beantragen.
Vor diesem Hintergrund kommt es heute im Bundeswirtschaftsministerium zu einem Krisengipfel. Dabei wird es unter anderem um Liquiditätshilfen und Kurzarbeitergeld gehen. Gesprochen wird auch darüber, ob weitere Hilfen nötig sind. Es ist beispielsweise möglich, die Lufthansa von der Luftverkehrssteuer zu befreien. Zur Einordnung: Die Airline hat ihre Flugkapazitäten bereits um die Hälfte gesenkt. Nach Schätzung der Analysten vom Bankhaus Metzler könnte ein vollständiger, plötzlich beschlossener Stillstand der ganzen Flotte zu einem monatlichen Verlust von knapp einer Milliarde Euro führen.
Grünen-Chef Robert Habeck sprach sich derweil dafür aus, dass der Staat im Notfall bei systemrelevanten Unternehmen wie der Lufthansa einsteigt, die angesichts der Corona-Pandemie in eine existenzielle Krise geraten könnten. "Auf diese Weise wird es für den Steuerzahler nach der Krise sogar günstiger, als wenn die Fluggesellschaften in die Knie gehen und Tausende Mitarbeiter arbeitslos werden." Andernfalls wären die Folgekosten viel höher. "Wenn es gut läuft, kann der Staat die erworbenen Beteiligungen in ein paar Jahren wieder abstoßen."
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ