Deutscher Rekord-Krankenstand DAK-Vorstand kritisiert Blaumacher-Debatte
25.10.2024, 01:23 Uhr Artikel anhören
Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn sammeln die Deutschen teils doppelt so viele Krankentage. DAK-Vorstand Storm hält vom Vorwurf des Blaumachens trotzdem wenig. Die SPD-Minister Heil und Lauterbach sollten stattdessen seriös nach den Gründen forschen, verlangt er.
Der Vorstandschef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, fordert, die anhaltenden Rekordwerte beim Krankenstand zur politischen Chefsache zu machen. "Die hohen Fehlzeiten sind eine enorme Belastung für die Beschäftigten und die Betriebe. Deshalb sollten die zuständigen Minister für Arbeit und Gesundheit, Hubertus Heil und Karl Lauterbach, eine gründliche und seriöse Debatte über die Ursachen anstoßen", sagte Storm t-online. "Es braucht eine Art 'Krankenstands-Gipfel', bei dem Vertreter der Krankenkassen, Ärzte, Wissenschaftler sowie Fachpolitiker zusammenkommen, um über die wahren Gründe des hohen Krankenstands und mögliche Rezepte für eine bessere Gesundheit zu sprechen."
Aus den bisherigen Daten-Analysen der Krankenkasse über den Krankenstand der vergangenen Jahre ließen sich bislang erste Vermutungen ableiten, die genauer untersucht werden müssten. Dazu zählten zum Beispiel die Spätfolgen der Corona-Pandemie, eine gestiegene Sensibilität - auch in Bezug auf psychische Erkrankungen - sowie statistische Größen. Letzteres begründet der Krankenkassenmanager etwa damit, dass durch die elektronische Übermittlung eines Attests mehr Krankmeldungen in der Statistik auftauchten. "Früher sind diese Krankschreibungen teils nicht bei der Krankenkasse angekommen - obwohl es sie genauso gab."
"Eine Blaumacherdebatte, wie sie manche Medien und Politiker aufmachen wollen, hilft uns jetzt nicht weiter", sagte Storm dem Nachrichtenportal. "Fatal wäre es, jetzt an der telefonischen Krankschreibung zu sägen, wie Finanzminister Christian Lindner das vorgeschlagen hat. Der Vorschlag ist kontraproduktiv. Es kann nicht unser Ziel sein, dass sich kranke Menschen wieder ins Wartezimmer setzen müssen. Auch die Ärzte sollten bei Erkältungen von aufwendigen Untersuchungen verschont bleiben, wenn wir gleichzeitig den Abbau von Bürokratie fordern."
2023 historischer Fehlzeiten-Rekord
Für viele Unternehmen sei es angesichts des Fachkräftemangels bereits jetzt ein Problem, die hohen Ausfälle zu kompensieren. "Diese Entwicklung dürfte sich die kommenden Jahre noch fortsetzen. Hier sollten wir dringend gemeinsam nach Lösungen gegen den hohen Krankenstand suchen - anstatt den Menschen vorzuwerfen, nicht wirklich krank zu sein."
Zuletzt hatten die Vorstände mehrerer DAX-Konzerne beklagt, dass der Krankenstand in Deutschland teils doppelt so hoch sei wie im europäischen Ausland. Das Wissenschaftliche Institut der AOK hatte in seinem Anfang Oktober veröffentlichten Fehlzeiten-Report für 2023 eine historisch hohe Zahl von Fehltagen festgestellt. Auf 100 erwerbstätige AOK-Versicherte kamen 225 Krankmeldungen. In diesem Jahr werde der Wert voraussichtlich noch übertroffen.
Quelle: ntv.de, mau