Konsequenz aus Abgasskandal EU verschärft Regeln für Neuwagen
19.04.2018, 18:09 Uhr
Neuwagen soweit das Auge reicht in Bremerhaven - von hier werden Autos in die ganze Welt verschifft oder kommen an.
(Foto: picture alliance / Ingo Wagner/d)
Eigene Tests und stichprobenartige Kontrollen - darauf setzt Brüssel im Kampf gegen Abgasbetrügereien. Das Europaparlament schließt mit einer Verordnung mehrere Schlupflöcher. Dabei bekommt die EU-Kommission weitreichende Befugnisse.
Als Konsequenz aus dem Diesel-Abgasskandal sollen die Regeln für die Prüfung und Zulassung neuer Kraftfahrzeugmodelle verschärft werden. Das EU-Parlament hat eine Neuregelung gebilligt, die auch die Möglichkeit hoher Bußgelder vorsieht. Formal muss noch der Rat der Mitgliedstaaten zustimmen.
Künftig sollen nicht mehr nur Prototypen vor der Typzulassung überprüft werden. So werden EU-Staaten verpflichtet, ab 2020 pro 40.000 im Vorjahr zugelassener Neuwagen mindestens ein Fahrzeug zu überprüfen. Mindestens 20 Prozent dieser Tests müssen unter realen Fahrbedingungen vorgenommen werden. Für sehr kleine Mitgliedstaaten werden die Vorgaben entsprechend reduziert.
So will man sicherstellen, dass die Autos über die einmal bescheinigten Eigenschaften auch wirklich verfügen. Autobesitzer sollen außerdem in bestimmten Fällen Geld für Reparaturen erstattet bekommen. Das gilt dann, wenn der Hersteller genau wegen dieses behobenen Schadens später eine Rückrufaktion startet.
Die Arbeit nationaler Prüfdienste und Behörden, die Fahrzeuge zulassen, soll von der EU-Kommission beaufsichtigt werden. Dies soll sicherstellen, dass die neuen Vorschriften in der gesamten EU einheitlich und effizient angewandt werden. Die Brüsseler Behörde kann zudem mit eigenen Tests prüfen, ob die Autobauer die EU-Vorgaben - etwa für Schadstoffemissionen - einhalten. Bei Verstößen drohen pro Fahrzeug Geldbußen von bis zu 30.000 Euro.
Schwachstellen werden beseitigt
Mit der Typengenehmigung bescheinigen nationale Behörden, dass ein neues Modell alle Sicherheits-, Umwelt- und Produktionsstandards der EU erfüllt. Sie müssen laut Neuregelung künftig aus einem Pool gezahlt werden, was die Unabhängigkeit der Prüfbehörde von den Autobauern gewährleisten soll.
Nach langen und zähen Verhandlungen mit den EU-Staaten sei endlich ein Ergebnis erzielt worden, das "ein weiteres Dieselgate" verhindern könne, sagte die SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal. Fahrzeughersteller hätten "massiv betrogen und viele Schlupflöcher" genutzt - viele davon seien nun geschlossen worden.
Tödliche Abgase
Derzeit werde von einigen Dieselfahrzeugen das 40-Fache der zulässigen Schadstoffe ausgestoßen, erläuterte die dänische Sozialdemokratin Christel Schaldemose. Dies sei nicht nur illegal, sondern tödlich: Der Schadstoffausstoß durch Autos verursache in der EU jährlich 75.000 vorzeitige Todesfälle.
Auf die neuen Vorschriften hatten sich Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten im vergangenen Jahr geeinigt. Sie sollen im September 2020 EU-weit gelten.
Der Skandal um manipulierte Abgastests bei Volkswagen war 2015 in den USA aufgedeckt worden. Der deutsche Autobauer gab zu, in rund elf Millionen Diesel-Fahrzeugen eine illegale Software eingebaut zu haben. Das Programm sorgt bei Abgastests im Labor für einen niedrigeren Ausstoß von schädlichen Stickoxiden als im normalen Betrieb im Straßenverkehr. Mittlerweile wurde bekannt, dass andere europäische Autobauer ihre Abgastests ähnlich manipuliert hatten.
Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa