Wirtschaft

Jetzt nicht "überreagieren" EZB-Volkswirt: Inflation ist vorübergehend

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Während der jüngsten EZB-Sitzung in Frankfurt Ende Oktober wurde die Inflationsrate bereits ausgiebig diskutiert.

(Foto: imago images/Future Image)

Trotz stark steigender Verbraucherpreise bewertete die EZB die Inflationsrate als zu niedrig, um ihren geldpolitischen Kurs zu ändern. Chefvolkswirt Lane erklärt den Anstieg mit Sonderfaktoren und prognostiziert einen Rückgang im nächsten Jahr. Kritiker werfen der EZB vor, die Inflation mit billigem Geld anzuheizen.

Europas Währungshüter sehen trotz zuletzt stark gestiegener Teuerungsraten keinen Anlass für ein rasches Ende ihrer Billiggeldflut. Der Euroraum sei "noch lange nicht in einer Situation (...), in der wir die Ankäufe von Vermögenswerten beenden", sagte der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip R. Lane, in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung "El País".

"Diese Inflationsphase ist sehr ungewöhnlich und vorübergehend und kein Zeichen für einen dauerhaften Zustand - die Situation, in der wir uns jetzt befinden, unterscheidet sich sehr von der in den 1970er- und 1980er-Jahren", sagte Lane. Er wies darauf hin, dass der weltweite Aufschwung schneller als erwartet verlaufe, weshalb es zu Engpässen kommen könne, weil das Angebot nicht Schritt halte.

Lane betonte: "Es sollte kein Zweifel daran bestehen, dass wir dafür sorgen werden, dass Europa einen kräftigen Aufschwung erlebt und dass dieser Aufschwung nicht durch eine unnötige Verschärfung der Finanzierungskosten zum Entgleisen gebracht wird."

Der EZB-Rat will am 16. Dezember entscheiden, wie es mit den milliardenschweren Anleihenkäufen weitergeht. Nach bisheriger Planung soll das zur Abfederung des Corona-Schocks aufgelegte Kaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte nach der jüngsten EZB-Sitzung Ende Oktober gesagt, sie gehe davon aus, dass das PEPP im März enden werde.

Lane vermutet Rückgang der Inflation im Jahr 2022

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Allerdings will die Notenbank Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des 1,85 Billionen Euro umfassenden Programms auch danach noch neu anlegen. Zudem gibt es im EZB-Rat Sympathien für die Idee, die Flexibilität des Notkaufprogramms auf andere Anleihenkaufprogramme zu übertragen. Kritiker werfen der EZB vor, mit dem vielen billigen Geld die Inflation anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will. "Die Inflation ist derzeit unerwartet hoch, aber wir glauben, dass sie im nächsten Jahr zurückgehen wird", sagte Lane in dem Interview. "Und wenn wir die Situation mittelfristig betrachten, ist die Inflationsrate immer noch zu niedrig, sie liegt unter unserem Ziel von zwei Prozent, aber nicht zu hoch."

Die EZB erklärt den Anstieg der Verbraucherpreise zum Großteil mit Sonderfaktoren wie der Erholung der Ölpreise nach dem Corona-Schock sowie Lieferengpässen infolge der deutlich gestiegenen Nachfrage. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland inzwischen voll durch. Es gebe gewichtige Gründe, die für einen Rückgang der Inflation im nächsten Jahr sprächen, bekräftigte Lane. Man müsse "genügend Geduld aufbringen (...), um auf einen vorübergehenden Anstieg der Inflation nicht überzureagieren", sagte der EZB-Chefvolkswirt.

Quelle: ntv.de, mbu/dpa/DJ

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