Ticketsteuer soll sinkenEin Geschenk für die Airlines, nicht für die Kunden

Die Bundesregierung will die Wirtschaft ankurbeln - und entlastet den Luftverkehr. Wem bringt das was? Der Umwelt und den Verbrauchern wenig, den Bilanzen der Airlines schon mehr.
Die schwarz-rote Koalition ist doch noch für Überraschungen gut. Als Bundeskanzler Friedrich Merz und sein Vize Lars Klingbeil am Donnerstag mit CSU-Chef Markus Söder und der SPD-Co-Vorsitzenden Bärbel Bas nach stundenlangen Beratungen im Koalitionsausschuss vor die Presse traten, präsentieren sie stolz ein Luftverkehrspaket. Damit hatten an der Stelle wohl die wenigsten gerechnet.
Im von Merz versprochenen Herbst der Entscheidungen warten viele auf Entscheidungen, die die lahmende Wirtschaft wieder beleben: die Bauwirtschaft ankurbeln, das Heizungsgesetz nachjustieren, das Rentensystem reformieren. Das sind große Brocken, die von der Regierung bislang nicht angepackt wurden. Stattdessen ein Bröckchen, das im Koalitionsvertrag und in den laufenden Diskussionen eher eine Randnotiz war: Die Luftverkehrssteuer soll Mitte kommenden Jahres gesenkt werden. Die Kosten dafür taxiert der Kanzler auf 350 Millionen Euro.
Die Lobbyisten der Luftverkehrsbranche können sich diesen Erfolg ans Revers heften. Ihre gebetsmühlenartig wiederholten Mahnungen, dass zu hohe Steuern und Gebühren die Fluggesellschaften strangulieren und den Standort Deutschland gegenüber anderen Märkten unattraktiv machen, haben verfangen.
Doch was verspricht sich die Bundesregierung von dieser Maßnahme, und welches Signal senden die Koalitionäre damit? Es stimmt, dass Steuern und Gebühren für Flugtickets happig sind: Derzeit betragen die Abgaben pro Flug 15,53 Euro auf Inlands- und Kurzstrecken, 39,34 Euro auf Mittelstrecken und 70,83 Euro auf Fernflügen. Die Kosten tragen die Fluggesellschaften. Die Zeiten von Schnäppchenpreis ab 19 Euro, wie sie vor einigen Jahren noch beworben wurden, sind deshalb schon lange vorbei. Aber ob niedrigere Luftverkehrssteuern nun auch an die Kunden weitergegeben werden, ist offen. Die Branchenvertreter halten sich in ihrem Freudentaumel mit entsprechenden Ankündigungen bislang zurück.
Gut für die Konzernbilanz
Genauso wenig können sich Regierung und Wirtschaft darauf verlassen, dass wieder mehr Flugstrecken in Deutschland aufgenommen werden. Die Lufthansa hat ihr Angebot außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München kräftig ausgedünnt. Billiganbieter wie Ryanair und Easyjet haben sich von vielen Standorten zurückgezogen. Ob sie jetzt wegen der niedrigeren Steuern wieder zurückkommen, um verwaiste Standorte wie Münster oder Paderborn ins Streckennetz aufzunehmen, ist wohl eher unwahrscheinlich.
Für den Standort Deutschland wird die Senkung der Luftverkehrssteuer absehbar wenig bringen. Kein Unternehmer in der Provinz wird dadurch bessere Flugverbindungen für Geschäftsreise bekommen.
Viel mehr dürften sich die niedrigeren Luftverkehrsabgaben in den Bilanzen der Airlines bemerkbar machen - als kleiner Posten neben anderen hohen Ausgaben für Personal, Sicherheit, Treibstoff. Einen deutlichen größeren Effekt in der Bilanz wird aber haben, dass die Bundesregierung auch die Quote für sauberes Flugbenzin streicht. Damit ist der von den Grünen im Vorgängerkabinett noch hartnäckig verteidigte Plan zur Beimischung von grünem Wasserstoff vom Tisch.
Die Botschaft, die die Regierung damit sendet: Umweltschutz kann warten. Der Druck auf die Industrie, den CO₂-Ausstoß zu senken, ist weg. Lieber nehmen Union und SPD in Kauf, dass die Menschen in Deutschland mehr zahlen müssen, um auf umweltfreundlichere Verkehrsträger umzusteigen: Denn über die Finanzierung des Deutschlandtickets hatte sich die Koalition in den vergangenen Monaten so verhakt, dass sie sich schließlich nur auf eine Preiserhöhung von 58 auf 63 Euro pro Monat für die deutschlandweit gültige Zeitkarte einigen konnte - zulasten der Verbraucher.