Politik

Steuer auf Vor-Ampel-NiveauFliegen wird günstiger - Kritik und Lob für schwarz-rotes Vorhaben

14.11.2025, 08:34 Uhr
imago840024900
Airlines müssen derzeit zwischen 15 und 70 Euro pro Passagier und Abflug bezahlen. (Foto: IMAGO/Joko)

2011 führt die Union mit der FDP die Ticketsteuer im Flugverkehr ein, um die Staatskasse zu füllen. 2024 erhöht die Ampel diese Abgabe deutlich. Jetzt beugen sich Union und SPD der langwährenden Kritik aus der Branche und senken die Steuer wieder.

Mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses hat das schwarz-rote Regierungsbündnis unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Vor allem an der Ankündigung, die von der Ampel-Regierung beschlossene Erhöhung der Luftverkehr-Ticketsteuer zurückzunehmen, scheiden sich die Geister. Die Grünen und Umweltschützer kritisieren diese Entscheidung, die Luftfahrtbranche lobt sie.

Der Grünen-Chef Felix Banaszak warf Bundeskanzler Friedrich Merz und den Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD Mutlosigkeit vor. "Zu glauben, die Wirtschaftskrise mit dem Rasieren der Luftverkehrsabgabe und einem Deutschlandfonds zu beenden, ist schon stark vermessen", sagte er.

Greenpeace nannte die Rücknahme der Luftverkehrsteuer-Erhöhung ein fatales Signal und nahm Bezug auf die laufende Weltklimakonferenz in Brasilien: "Während die Staatengemeinschaft auf der COP30 in Belém um die Reduktion von CO2-Emissionen ringt, verteilt die Bundesregierung Steuer- und Preisgeschenke an die fossilen Industrien", sagte der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Das heize die Erderhitzung weiter an und schwäche Deutschlands Glaubwürdigkeit.

Auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer teilte aus: "Mal wieder beweist der Kanzler sein feines Gespür für explosive Rückwärtspolitik. Den Preis dafür zahlen wir alle, direkt und im übertragenen Sinne", sagte sie und bezeichnete die Pläne als ein "als Konsumgeschenk getarntes Steuergeschenk an die Flugindustrie": "Nichts anderes ist diese Entscheidung, die wenige Monate nach der erneuerten Verteuerung des 49-Euro-Tickets erneut den fossilen Kurs der Regierung verstärkt."

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht in der Absenkung der Steuer einen Schlag gegen den Klimaschutz. VCD-Präsidentin Christiane Rohleder sagte der "Rheinischen Post": "Fliegen wird billiger, das Deutschlandticket wird teurer - das ist die fatale Botschaft der Koalition." Die Bundesregierung fördere "das klimaschädlichste Verkehrsmittel, während sie den klimaschonenden ÖPNV zusätzlich belastet", ergänzte Rohleder. "Das geht auf Kosten der Zukunft und zu Lasten der breiten Bevölkerung."

"Die Absenkung der Ticketsteuer im Flugverkehr ist ein fatales Signal und unterstreicht, dass die Bundesregierung noch immer nicht die Dringlichkeit zielgerichteter Wirtschaftspolitik verstanden hat und sie sich von Lobbyinteressen vereinnahmen lässt", kritisierte auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Diese Maßnahme ist letztlich ein Geschenk für Besserverdiener und bedeutet eine Umverteilung von Arm zu Reich."

Von wem Lob kommt

In der Luftfahrtbranche hingegen löste das Vorhaben einer Ticketsteuer-Senkung erwartungsgemäß Freude aus. Ihre Verbände lobten das als wichtigen Schritt zur Stärkung der Branche und des Luftfahrtstandorts Deutschland. "Mit der Rücknahme der jüngsten Luftverkehrsteuer-Erhöhung zum 1. Juli 2026 sowie einem umfassenden Maßnahmenpaket zur Senkung von Gebühren und staatlich verursachten Kosten adressiert die Bundesregierung zentrale Wettbewerbsnachteile", hieß es beim Flughafenverband ADV. Dessen Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel sprach von einem "wichtigen und dringend benötigten Signal für den Luftverkehrsstandort Deutschland" sowie dem "Beginn einer echten Trendwende".

Auch der Branchenverband BDL sprach von einem wichtigen Signal. "Die Bundesregierung hat Wort gehalten und der jahrelang weiter steigenden Kostenspirale bei Steuern und Gebühren für Luftverkehr ab Deutschland ein Ende gesetzt", sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. "Damit Deutschland am anhaltenden Boom des Luftverkehrs in Europa teilhaben kann, sind in den kommenden Jahren aber noch weitere Schritte erforderlich."

Bei der Lufthansa hieß es, die Bundesregierung zeige, dass sie den Ernst der Lage im Luftverkehr erkannt habe. "Die beschlossenen Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Branche und des Wirtschaftsstandortes Deutschland", sagte eine Sprecherin des Konzerns. "Um erfolgreich zu sein, brauchen Industrieunternehmen eine verlässliche Anbindung an die globalen Märkte." Neben der jetzt beschlossenen Reduzierung der Luftverkehrsteuer, komme es darauf an, auch die Maßnahmen zur Senkung der Gebühren rasch umzusetzen.

Worum es bei der Ticketsteuer geht

Die Koalition will zum 1. Juli 2026 die Steuer senken. Merz sprach von einer Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie in Deutschland. Zudem soll bei den Flugsicherungskosten dafür gesorgt werden, dass es 2026 zu keinem weiteren Anstieg der Gebühren, sondern einer ersten Reduzierung kommt. Die Steuer für Starts von deutschen Flughäfen war 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführt worden.

Im Inland und auf Kurzstrecken sind aktuell pro Flug und Passagier 15,53 Euro fällig, für Mittelstrecken 39,34 Euro und für fernere Ziele 70,83 Euro. Zahlen müssen dies die Fluggesellschaften.

Die Branche fordert seit langem eine Senkung der Luftverkehrssteuer. International tätige Airlines stationieren ihre Flugzeuge zunehmend an Standorten mit niedrigeren Einstiegskosten, dies geht zulasten deutscher Flughäfen. Gestrichen wurden hierzulande besonders innerdeutsche Flüge und Direktverbindungen kleiner und mittlerer Flughäfen ins europäische Ausland.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa/rts

FluggesellschaftenCDUGroße KoalitionFluggebührenFlugreisenLufthansaFlughäfenGreenpeaceCSUBündnis 90/Die GrünenLuisa NeubauerSPDReaktionen und Statements