Wirtschaft

Streit um Inflation Erdogan schasst Chef-Statistiker

Lebensmittel könnten sich bis Ende des Jahres um bis zu einem Viertel verteuern, erwartet die Notenbank.

Lebensmittel könnten sich bis Ende des Jahres um bis zu einem Viertel verteuern, erwartet die Notenbank.

(Foto: imago images/UIG)

Die Türkei kämpft als Folge der Erdogan'schen Wirtschaftspolitik mit einer hohen Inflation. Jüngst meldete das Statistikamt den höchsten Wert seit fast zwei Jahrzehnten. Nun ist dessen Leiter seinen Posten los.

Nach einer Debatte über den rasanten Anstieg der Inflationsrate in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan den Leiter der nationalen Statistikbehörde entlassen. Erdogan ernannte den früheren Vize-Chef der türkischen Bankenaufsicht, Erhan Cetinkaya, zum Nachfolger des bisherigen Behördenchefs Sait Erdal Dincer. Der Präsident machte keine Angaben zu den Gründen für seine Entscheidung.

Dincer war Anfang Januar in die Kritik geraten, nachdem seine Behörde einen Anstieg der Inflationsrate um gut 36 Prozent im Vorjahresvergleich gemeldet hatte. Dies war der höchste Wert seit mehr als 19 Jahren. Bereits im November 2021 hatte die Inflationsrate rund 21 Prozent erreicht.

Die Opposition zweifelte die offiziellen Zahlen zur Inflation an und mutmaßte, dass der tatsächliche Anstieg der Lebenshaltungskosten mindestens doppelt so hoch sei. Erdogan warf Dincer Berichten zufolge hingegen vor, das Ausmaß der wirtschaftlichen Krise in der Türkei übertrieben dargestellt zu haben.

Die Inflation ist mittlerweile eines der wichtigsten Themen der Politik geworden. Hauptgrund für die Teuerung ist der starke Verfall der Landeswährung Lira. Die Türkei ist stark abhängig von Importen, vor allem von Rohstoffen und von Energie.

Erst vor wenigen Tagen hatte die türkische Zentralbank angesichts der schwachen Landeswährung Lira eine höhere Inflation in Aussicht gestellt. Für Ende 2022 sei mit einer Rate von 23,2 Prozent zu rechnen, sagte Zentralbankchef Sahap Kavcioglu. Bis dahin hatten die Währungshüter eine Rate von 11,8 Prozent prognostiziert. Allein die Lebensmittelpreise dürften Ende des laufenden Jahres um 24,2 Prozent steigen, hieß es weiter.

Mehr zum Thema

Hintergrund ist vor allem die Abwertung der Lira im vergangenen Jahr, die Ende 2021 gestoppt wurde. Die Regierung will mit einer Art Einlagengarantie für Kursverluste der Lira gerade stehen. Fachleute kritisieren, dass dieses Vorgehen nicht die Ursache behebe. Belastet wird die Landeswährung vor allem durch die Inflation von zuletzt rund 36 Prozent. Die Zentralbank reagiert bisher nicht mit einer strafferen Geldpolitik. Vielmehr hat sie ihren Leitzins im vergangenen Jahr immer weiter gesenkt. Staatspräsident Erdogan ist erklärter Gegner hoher Zinsen, die er nicht nur als Wachstumsbremse, sondern auch - und entgegen ökonomischer Grundsätze - als Inflationsherd erachtet.

Unterdessen ernannte Erdogan auch einen neuen Justizminister. Der bisherige Ressortchef Abdulhamit Gül wird vom früheren Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag abgelöst. Gül hatte zuvor auf Twitter in einer knappen Erklärung seinen Rücktritt verkündet.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen