Wirtschaft

Kein Interesse an "Paria" Ermittlungen bringen Telegrams Milliardenpläne ins Wanken

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Protest mit weißen Papierfliegern, dem Symbol von Telegram, vor der französischen Botschaft in Moskau gegen die Verhaftung Durows.

Protest mit weißen Papierfliegern, dem Symbol von Telegram, vor der französischen Botschaft in Moskau gegen die Verhaftung Durows.

(Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)

Die Firma hinter der umstrittenen Messenger-App Telegram ist ganz auf den Chef und Gründer zugeschnitten. Das Strafverfahren gegen Pavel Durow in Frankreich könnte für das Unternehmen auch zu einem finanziellen Problem werden. Investoren zweifeln am angestrebten Börsengang.

Mit mehr als 30 Milliarden Euro hätten interessierte Investoren Telegram bewertet, hatte der Gründer und alleinige Besitzer der Messenger-App, Pawel Durow, noch vor wenigen Monaten behauptet. Statt diese Investoren ins Boot zu holen, setzte Durow lieber auf einen künftigen Börsengang, um die Gläubiger des defizitären Unternehmens auszuzahlen. Angesichts der Ermittlungen und der vorübergehenden Festnahme Durows in Frankreich ziehen potenzielle Investoren und Anleger allerdings in Zweifel, dass ein solcher Börsengang wie erwartet im kommenden Jahr erfolgreich über die Bühne gehen kann.

Durow war vergangenen Woche bei seiner Einreise nach Frankreich festgenommen worden und verbrachte mehrere Tage in Untersuchungshaft. Als Telegrams Chef machen ihn die Ermittler für zahlreiche mutmaßliche Gesetzesverstöße der App verantwortlich, inklusive mangelnde Kooperation beim Kampf gegen Kinderpornografie. Ihm drohen Berichten zufolge bis zu zehn Jahre Haft. Inzwischen ist Durow gegen Kaution wieder auf freiem Fuß, darf Frankreich aber vorerst nicht verlassen.

Die Ermittlungen sind ein schwerer Schlag nicht nur für Durow, sondern auch für Telegram. Das Unternehmen steht noch am Anfang seines Versuchs, eine wachsende Nutzerzahl zu monetarisieren, das heißt, mit ihrer Hilfe Einnahmen zu generieren. Zum einen hat Telegram kostenpflichtige Premium-Funktionen vor allem für Unternehmen eingeführt, die die App nutzen. Zum anderen hat Telegram in einigen Ländern begonnen, Werbung auszuspielen. Die Verbindung zu kriminellen Inhalten und besonders Kinderpornografie, die nun in dem französischen Verfahren in den Fokus rückt, dürfte viele Werbekunden allerdings abschrecken, sagte ein Insider aus dem Unternehmen der "FT". Das wiederum würde es erschweren, Investoren für den Börsengang zu gewinnen.

Wert von Telegram Anleihen bricht ein

Sollte es zu einer Verurteilung und zu einer Haftstrafe für Durow kommen, wären die Folgen für Telegram kaum absehbar. In dem Unternehmen läuft ohne den Chef nichts. Er sei in jede wichtige Entscheidung involviert, sagte Durow einmal selbst. Keine Funktion in der App gehe ohne seine Beteiligung an den Start.

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Im vergangenen Jahr schrieb Telegram einen Verlust von 174 Millionen Dollar, wie die "FT" berichtete. Bisher hatte Durow das Ziel ausgegeben, das Unternehmen in diesem oder im kommenden Jahr profitabel zu machen. Zwar könnte Durow auch größere Verluste wohl noch eine Zeit lang ausgleichen. Der gebürtige Russe, der inzwischen unter anderem die französische Staatsbürgerschaft besitzt, verfügt über ein Milliardenvermögen, vor allem aus Kryptowährungen. Jedoch muss Telegram 2026 auch Anleihen im Wert von rund 2,4 Milliarden Dollar zurückzahlen, die das Unternehmen in den vergangenen Jahren ausgegeben hat.

Wenn der Börsengang bis 2026 stattfindet, könnten die Anleihegläubiger ihre Milliardenansprüche zu einem Vorzugspreis in Telegram-Aktien umwandeln. Wenn Telegram zu einem "Paria" würde, hätten die Investoren allerdings wohl kam Interesse an dessen Anteilen, zitiert die "FT" einen der Halter dieser Anleihe. Nach der Verhaftung Durows fiel der Wert der Anleihen an der Börse um mehr als zehn Prozent.

Quelle: ntv.de, mbo

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