Wirtschaft

"Riecht stark" nach Dotcom-Blase Für Anleger ist künstliche Intelligenz ein heißes Eisen

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Im Aktienkurs des Chipherstellers Nvidia ist der erwartete KI-Boom der kommenden Jahre schon jetzt voll eingepreist.

Im Aktienkurs des Chipherstellers Nvidia ist der erwartete KI-Boom der kommenden Jahre schon jetzt voll eingepreist.

(Foto: REUTERS)

Künstliche Intelligenz hat nicht nur ein riesiges Potenzial für die Zukunft. Die Technologie wird in vielen Unternehmen bereits eingesetzt. Der steile Anstieg vieler mit KI in Verbindung gebrachter Aktienkurse macht Experten allerdings stutzig.

Das Zeitalter der künstlichen Intelligenz hat bereits begonnen. Aufsehen erregen täuschend echte Bilder, scheinbar emotionale Gedichte oder wissenschaftliche Texte in perfekter Form, aber mit fragwürdigem Inhalt. Aufsehenerregend ist auch die Kursentwicklung vieler Aktien, die mit der KI in Verbindung gebracht werden, allen voran der Software-Produzent C3 AI, dessen Börsenkurs seit Anfang des Jahres um mehr als 200 Prozent gestiegen ist und der Chip-Hersteller Nvidia mit einem Kursplus von knapp 180 Prozent seit Jahresbeginn.

Hauptsächlich auf den KI-Boom ist es zurückzuführen, dass der US-Technologieindex Nasdaq seit Jahresbeginn etwa um ein Drittel zugelegt hat. Ein Analyst der Bank Société Générale rechnete vor ein paar Wochen aus, dass der Gewinn des US-Leitindex‘ S&P500 von knapp sieben Prozent bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich auf KI-Werte zurückzuführen sei. Ohne Nvidia & Co. hätte das führende Börsenbarometer stattdessen einen Verlust von zwei Prozent ausgewiesen. Diese enge Fokussierung der Investoren in Kombination mit raketenhaften Kursanstiegen bei manchen Aktien lässt bei manchen Anlegern die Alarmglocken schrillen. Hat sich an der Börse eine KI-Blase gebildet, die platzen könnte wie einst die Dotcom-Blase zu Beginn des Jahrtausends?

Selbst der Gründer von OpenAI, der inzwischen von Microsoft übernommenen Firma hinter dem wohl bekanntesten Chatbot ChatGPT, kritisiert einen "zu starken Investorenrausch" in seiner Branche. Skeptisch macht auch der Zeitpunkt des Aktienhypes rund um KI. Denn der begann exakt mit dem öffentlichen Hype um ChatGPT Ende vergangenen Jahres. Das sei "verwunderlich", sagte Henrik Muhle, Vorstandsmitglied des Fondshauses Gané bei ntv. "KI ist kein neues Thema. Es wird seit vielen Jahren daran geforscht, und ist auch schon seit vielen Jahren im Einsatz."

Dass das Potenzial der Technologie für viele Firmen riesig ist, daran besteht kein Zweifel. "KI ist da, sie ist real, sie macht Sinn", sagt Muhle. Es werde wahrscheinlich bald kaum noch ein Softwareprodukt geben, bei dem KI nicht zum Einsatz komme. Davon profitieren nicht nur die Hersteller dieser Programme, wie Microsoft, und der benötigten Hardware, wie Nvidia, sondern auch Unternehmen, die die Technik einsetzen. Kostensenkungen von 90 Prozent etwa bei Bild- und Videobearbeitung seien möglich, so Muhle. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt, dass der Einsatz von KI die globale Wirtschaftsleistung innerhalb der kommenden zehn Jahre um sieben Prozent steigern könnte. Das entspricht etwa 7,5 Billionen Euro, mehr als der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands.

Horrende Bewertungen

Welche Aktien in welchem Ausmaß von diesen gewaltigen Produktivitätszuwächsen profitieren werden, ist jedoch höchst ungewiss. Beim aktuellen Kurs wird Nvidia mit rund dem 25-Fachen des jährlichen Unternehmensgewinns bewertet, den Analysten in etwa fünf Jahren erwarten. Zum Vergleich: Bei Aktien von DAX-Konzernen liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis derzeit im Durchschnitt bei 13 - bezogen auf den tatsächlichen, aktuellen Unternehmensgewinn. Der junge Software-Spezialist C3 AI, der an der Börse derzeit mit knapp vier Milliarden Dollar bewertet wird, erwirtschaftet überhaupt noch keinen Gewinn.

Teilweise gebe es bei Unternehmen schon einen Anstieg beim Aktienkurs, wenn sie "das Wort KI auch nur erwähnen", zitiert Bloomberg James Penny, den Investment-Chef des Vermögensverwalters TAM. "Das riecht sehr stark nach der Dotcom-Ära." Viele Unternehmen entlang der KI-Wertschöpfungskette von Soft- über Hardware-Hersteller bis zu den Maschinenbauern für die Chipproduktion und wiederum deren Zulieferer sind zwar nicht ganz so exorbitant bewertet wie Nvidia oder C3 AI. Aber in vielen Fällen enthält der Aktienkurs schon ein kräftiges KI-Premium. "Es ist gar nicht so leicht, eine Aktie zu finden, die noch gar nicht von dieser Euphorie beflügelt wurde", sagt Gané-Chef Muhle.

Ob auf diese KI-Euphorie an der Börse die Ernüchterung folgt, und welche Aktien davon betroffen sein werden, können die Experten nicht voraussagen. Muhle rät "in Bewertungsphasen wie jetzt" zur Vorsicht. Bei "dem einen oder anderen Wert" sei es wohl am besten "auf günstigere Kaufgelegenheiten zu warten".

Quelle: ntv.de

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