Streitpunkt Blockabfertigung Italien verklagt Österreich wegen "Transitverboten"
16.10.2023, 18:40 Uhr Artikel anhören
Laut ADAC wird an der Sondierstelle der LKW auf 250 Fahrzeuge pro Stunde begrenzt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Österreich begrenzt an mehreren Tagen im Jahr die Zahl der LKW, die über die Brennerautobahn Richtung Süden fahren. Dadurch staut sich der Verkehr mitunter kilometerlang zurück. Neben Bayern ist auch Italien wenig angetan von dem Vorgehen - und klagt nun bei der EU.
Im Dauerstreit über die chronisch überlastete Brenner-Route zieht Italien jetzt gegen das Nachbarland Österreich vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beschloss in Rom, den EU-Partner zu verklagen. Damit setzt sich Italien insbesondere gegen die umstrittene Blockabfertigung von Lastwagen in Tirol zur Wehr. Auch in Deutschland gibt es gegen die Regelung immer wieder Proteste. Verkehrsminister Matteo Salvini zufolge ist dies das erste Mal überhaupt, dass Italien gegen einen EU-Partner vor Gericht zieht. Er sprach von "Transitverboten", die die österreichische Regierung einseitig am Brenner verhängt habe.
Auf der wichtigen Route über die Alpen kommt es immer wieder zu langen Staus. Dies hatte in den vergangenen Jahren auch für viel Streit zwischen Bayern und Tirol gesorgt - bis hin zu Klagedrohungen aus Bayern. Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler verteidigte einmal mehr die "Notmaßnahmen" Tirols. Sie mahnte zu Verhandlungen, schließlich liege mit dem "Slot-System" für buchbare LKW-Fahrten auf der Brenne-Strecke ein Vorschlag am Tisch. "Darüber zu reden wäre jetzt angesagt - anstatt wöchentlich mit rechtlichen Schritten zu drohen", sagte sie der Nachrichtenagentur APA. "Italien wird mit seiner Maximalforderung, nämlich die Aufhebung aller Tiroler Verbote, keinen Erfolg haben", so Tirols Ministerpräsident Anton Mattle.
Die Blockabfertigung sieht laut ADAC vor, dass auf der Inntalautobahn A12 maximal 250 LKW über 7,5 Tonnen pro Stunde die sogenannte Dosierstelle in Richtung Süden passieren dürfen. Weitere Laster müssen warten. Dadurch verenge sich die Straße auf nur noch eine Spur und der Verkehr staut sich unter Umständen bis auf die A8 zurück. Diese Begrenzung ist abhängig vom Verkehrsaufkommen. Laut dem Automobilclub sind in diesem Jahr noch zehn Tage geplant, an denen die Blockabfertigung erfolgen soll.
LKW-Zahl seit 2000 mehr als verdoppelt
Der LKW-Verkehr über die Brenner-Route hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Nach Angaben von Mattle stieg die Zahl der Lastwagen von 1,1 Millionen im Jahr 2000 auf 2,5 Millionen im vergangenen Jahr. Damit entfielen auf den Brenner heute 40 Prozent des gesamten Alpentransits im Güterverkehr. Entsprechend haben auch die Belastungen auf und entlang der Route zugenommen.
Ein EU-Mitglied kann den EuGH anrufen, wenn es der Auffassung ist, dass ein anderes Mitglied gegen europäisches Recht verstößt. Vor einem Gerichtsverfahren muss allerdings die EU-Kommission damit befasst werden. Falls die Kommission innerhalb von drei Monaten keine Stellungnahme abgibt, kann auch so geklagt werden.
Bayern hatte die Kommission schon wiederholt aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten. Bayerns amtierender Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte, der Freistaat habe zusammen mit Tirol und Südtirol gehofft, "dass unsere gemeinsame Idee eines Slotsystems als Alternative zur Blockabfertigung im wahrsten Sinne des Wortes Bewegung in den Güterverkehr über den Brenner bringt". Nun hoffe man auf eine schnelle Lösung durch den Europäischen Gerichtshof. Bayern arbeite weiter an konstruktiven und nachhaltigen Lösungsvorschlägen, hieß es.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa