Wirtschaft

Big Marketing oder die Zukunft Wo bitte geht's zum Metaverse?

Noch steht das Metaversum am Anfang seiner Existenz. Die grundlegende Technik ist vorhanden, aber unzureichend und nicht bedienerfreundlich.

Noch steht das Metaversum am Anfang seiner Existenz. Die grundlegende Technik ist vorhanden, aber unzureichend und nicht bedienerfreundlich.

(Foto: IMAGO/Westend61)

Mark Zuckerberg will es wissen: Die Zukunft liegt im Metaverse, deshalb heißt Facebook jetzt Meta. Doch wo genau befindet sich diese neue Welt eigentlich? Wie kann man sie betreten? Metaverse-Experte Thomas Riedel weiß es und klärt im ntv Podcast "So techt Deutschland" auf.

Viele Unternehmen tummeln sich schon im Metaverse. Auch Prominente nutzen das Hype-Thema, um auf sich aufmerksam zu machen. Fußballspieler Kevin Prince Boateng hat vor einigen Tagen im realen Leben in Italien geheiratet, zeitgleich fand die Hochzeit auf dem virtuellen Mond statt. Für 50 Euro konnten Zuschauer dabei sein. Möglich macht dies das Metaverse.

Als Mark Zuckerberg das Metaverse im Oktober 2021 als das nächste große Ziel von Facebook angekündigt und sein Unternehmen dazu passend in Meta umbenennt, ergreift Thomas Riedel die Chance und geht "einfach rein". So richtig Ahnung hatte er nicht, erzählt er im ntv-Podcast "So techt Deutschland". Er sei einfach journalistisch rangegangen und habe sich die Informationen geholt, die er brauchte, um Hörerinnen und Hörer in seinem Metaverse-Podcast "auf diese Reise" mitnehmen zu können.

Science-Fiction-Romane als Grundlage

Das Thema ist nicht neu. Schon 2006 entwickelten 55 Forscher auf einer Konferenz eine 75-seitige "Metaverse-Roadmap". Das Wachstum des Metaverse werde, sobald es eine kritische Schwelle erreicht, der Verbreitung des Internets folgen - nur schneller, lautet die These der Forscher. Mehr als 16 Jahre später sind wir kaum schlauer. Für einige Menschen ist das Metaverse ein großer Hype, für andere nur "Big Marketing" und die Mehrheit hat noch nie etwas davon gehört.

Thomas Riedel moderiert den Metaverse-Podcast.

Thomas Riedel moderiert den Metaverse-Podcast.

(Foto: Simon Veith, nachhaltige Fotografie)

Das Bild von Metaverse ist vor allem durch Science-Fiction geprägt. Bücher wie Snow Crash oder Neuromancer sind für Riedel die besten Beispiele. "Man schwimmt im Code. Das Internet ist so eine Art Code-Fluss. Man navigiert und fließt da durch", beschreibt der Experte die Visionen der Autoren, die auch in Filmen wie Der Rasenmähermann, der Blockbuster-Reihe Matrix oder Ready Player One zum Ausdruck kommen.

Im Science-Fiction-Roman Snow Crash (1992 Neal Stephenson) taucht das Wort "Metaverse" zum ersten Mal auf, genauso wie das Wort "Avatar". Deshalb ist es am einfachsten, man nähert sich dem Konzept "by the book", also auf Grundlage von Romanen an. Andere Quellen gibt es auch nicht. Niemand weiß wirklich, wo sich das Metaverse befindet, was es ist und wie es einmal aussehen wird. "Was der Autor beschreibt, ist eigentlich Poesie und auch nicht das Metaverse, sondern eine Metapher", erklärt Riedel.

So techt Deutschland

In "So techt Deutschland" haken die ntv-Moderatoren Frauke Holzmeier und Andreas Laukat bei Gründern, Investoren, Politikern und Unternehmern nach, wie es um den Technologie-Standort Deutschland bestellt ist.

Alle Folgen finden Sie in der ntv App, bei RTL+, Amazon Music, Apple Podcasts, Spotify und im RSS-Feed.

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Im Buch Snow Crash verläuft eine Straße rund um den Erdball. An dieser Straße liegen viele Grundstücke, die man "betreten" kann - im Roman durch das Aufsetzen eines Headsets, also einer VR-Brille für Virtual Reality. Mit dieser kann man virtuell von Grundstück zu Grundstück laufen. "Die Straße ist eine Metapher für die Verbindung der einzelnen Gebäude. Man würde heute sagen Erlebnisse", erläutert Riedel. Im Grunde ist das Metaverse so etwas wie das Internet, nur dass nicht verschiedene Webseiten miteinander verbunden sind, sondern "einzelne VR-Erlebnisse". Das können Spiele sein, Lerninhalte oder auch Konzerte, die virtuell ausgerichtet werden.

Immersiv und interoperabel

Zugangsportale wie zum Beispiel Decentraland sind für Riedel nicht das Metaverse, sondern ein Versuch, sich an dem Hype zu bereichern. "Das sind alles Agenturen, Firmen und Konzerne, die versuchen auf irgendeine Art und Weise Geld zu verdienen", behauptet Riedel.

Als Grundprinzipien des Metaverse macht der Experte die Begriffe Immersion und Interoperabilität aus. Immersion bedeutet, dass das virtuelle Erlebnis oder die virtuelle Umgebung von Usern als real empfunden wird. "Man hat das Gefühl, man befindet sich in einer anderen Welt, es herrschen eigene Regeln", erklärt Riedel. Bekannt ist dieser Effekt bereits von Computerspielen, wenn Nutzer sich der virtuellen Realität hingeben und darin "eintauchen".

Interoperabilität bezeichnet die Möglichkeit, bestimmte Dinge, Kleidung oder Namen mitzunehmen in andere Erlebniswelten. "Das wäre so, als wenn ich von Facebook zu Twitter wechseln und gleich aussehen würde", meint Riedel. Niemand würde mehr ein Profilbild hochladen, sondern seinen ganz persönlichen Avatar gestalten und mit diesem das Metaverse erkunden - sozusagen eine Reisefreiheit für Avatare.

Im Online-Spiel Fortnite geben die Spieler teilweise viel Geld für das Erscheinungsbild ihres Avatars aus. Eine Möglichkeit, die sich leicht auf andere Erlebnis-Universen übertragen ließe. Oder vielleicht sogar in die Realität. Es ist durchaus denkbar, das Erscheinungsbild aus dem Metaversum im echten Leben zu nutzen, wenn Augmented-Reality-Brillen verwendet werden. Würden sich also zwei User auf der Straße treffen und beide eine AR-Brille tragen, könnten sie sich in der Metaverse-Gestalt sehen.

Konsens besteht auch über weitere Prinzipien des Metaverse: eigene Ökonomie, ständige Präsenz und Live-Erlebnisse, die von verschiedenen Akteuren angeboten werden. Auch wenn die User nicht im Metaverse sind, das virtuelle Leben geht ebenso wie das reale weiter. Der Rapper Travis Scott versammelte 2020 bei einem Live-Konzert in Fortnite mehr als zwölf Millionen Menschen in dem Online-Game. Das Thema Bezahlen dürfte für Unternehmen im Metaverse kein Problem darstellen, digitale Bezahlsysteme existieren bereits. Die Frage ist nur, welches setzt sich durch?

Wer baut die Brücken zwischen den Welten?

Die Frage aller Fragen ist: Wer baut die Brücken zwischen den verschiedenen Welten und Erlebnissen? Wie kommt ein Spieler von Fortnite in ein virtuelles Einkaufszentrum, um Bekleidung zu kaufen? Seinen Avatar, sein Geld, sein erworbenes oder erspieltes Hab und Gut, will er mitnehmen, das Metaversum will er auf dem Weg zu anderen Erlebnissen nicht verlassen. Geht es nach Mark Zuckerberg, wäre Meta der Vermittler. Spieleanbieter oder die Modeindustrie zeigen bisher jedoch keine Ambitionen, ihre Erlebnisse mit anderen zu verknüpfen.

Derzeit gibt es noch viele Fragezeichen. Mark Zuckerberg geht eine riesige Wette auf die Zukunft ein. Er investiert viel Geld und Ressourcen in das Thema Metaverse. Er sei von dem Thema besessen, berichten einige Medien unter Berufung auf ehemalige Mitarbeiter. Manche treibe er damit auf die Palme, heißt es. Und vor allem aus unternehmerischer Sicht ist nach wie vor unklar: Ist das Metaverse wirtschaftlich überhaupt sinnvoll?

Noch steht das Metaversum am Anfang seiner Existenz. Die grundlegende Technik ist vorhanden, aber unzureichend und nicht bedienerfreundlich. Viele Menschen achten am Ende auch darauf, wie sie im echten Leben mit einer VR-Brille aussehen. Auch bei Augmented-Reality-Brillen dürften Aussehen und Bedienung eine wichtige Rolle spielen, sollen diese in der realen Welt getragen werden. Nur wenige wollen allein auf dem Sofa sitzen und in eine schwere, klobige Brille starren.

Mehr zum Thema Metaverse gibt es in der aktuellen Podcast-Folge von "So techt Deutschland". Darin spricht Metaverse-Experte Thomas Riedel auch über das Bezahlen im Metaverse und warum Kryptowährungen für ihn keine gute Wahl sind.

Quelle: ntv.de

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