Wirtschaft

Europäer fürchten Engpässe Russen kündigen Gas-Verträge mit Ukraine

Naftogaz-Chef Koboleyev erklärt, die Ukraine müsse den Druckverlust in der russischen Pipeline ausgleichen, damit das Gas nach Europa fließt.

Naftogaz-Chef Koboleyev erklärt, die Ukraine müsse den Druckverlust in der russischen Pipeline ausgleichen, damit das Gas nach Europa fließt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Streit um Liefervereinbarungen zwischen der russischen Gazprom und der ukrainischen Naftogas schwelt seit Jahren. Nun kündigen die Russen ihre Verträge mit dem Nachbarland. Das weckt europaweit neue Befürchtungen.

Russland kündigt seine Verträge über die Erdgasversorgung der Ukraine und löst damit eine weitere Konfrontation mit Kiew aus. Die Ukraine hat zwar seit mehr als zwei Jahren kein russisches Gas mehr erhalten, erwartete aber, dass die Lieferungen in diesem Monat wieder aufgenommen werden. Im Lichte der einseitigen Vertragsaufkündigung warnt Kiew nun, dass Moskau die riesigen Mengen an Gas, die es durch die Ukraine nach Europa leitet, als politische Waffe einsetzen könnte.

Bei dem Streit um die Gas-Verträge handelt es sich laut russischen Energiebeamten um eine Reaktion auf die Entscheidung eines Stockholmer Schiedsgerichts Anfang dieser Woche. Damit wurde Gazprom verpflichtet, 2,5 Milliarden Dollar an den staatlichen ukrainischen Energiekonzern Naftogas zu zahlen, weil es dem Vertragspartner weniger Erdgas geliefert hatte als vereinbart.

Vize-Kommissionspräsident Maros Sefcovic warnt, dass der Konflikt die Erdgasversorgung Europas beeinträchtigen könnte.

Vize-Kommissionspräsident Maros Sefcovic warnt, dass der Konflikt die Erdgasversorgung Europas beeinträchtigen könnte.

(Foto: picture alliance / Laurent Dubru)

Das Schiedsverfahren zwischen den beiden Unternehmen war im Juni 2014, auf dem Höhepunkt der Krise zwischen Moskau und Kiew, eingeleitet worden. Die Entscheidung ebnete den Weg für die Ukraine, die Importe von russischem Gas ab März auf der Grundlage eines bestehenden Vertrags wieder aufzunehmen. Gazprom behauptet jedoch, dass die Schiedsentscheidung einseitig gewesen sei und begründet damit die einseitige Aufkündigung des Vertrags.

Die Situation weckt Erinnerungen an frühere Gaskämpfe zwischen Moskau und Kiew in den Jahren 2006 und 2009, die Europa mit Lieferengpässen belasteten. Dieses Mal könnte es anders laufen, weil Russlands Einfluss auf den europäischen Energiemarkt inzwischen kleiner geworden ist. Dennoch wecken die aktuellen Entwicklungen in Europa die Befürchtung einer Eskalation inmitten des kalten Winters.

Spekulationen in Kiew und EU

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maros Sefcovic, warnte, dass die Situation "nicht nur die direkte Lieferung von Erdgas an die Ukraine, sondern möglicherweise auch den Transit von Erdgas in die EU betrifft". Er sagte auch, er werde mit Gazprom und Naftogas in Kontakt treten, um nach einer Verhandlungslösung zu suchen.

Die Ukraine konnte kurzfristig neue Verträge über Gaslieferungen mit Polen, der Slowakei und Ungarn abschließen, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtet. Währenddessen strömt das russische Gas weiter quer durch die Ukraine nach Europa, die Vertragskündigung durch Gazprom betrifft aktuell nur die Ukraine.

"Für Europa ist das Risiko weg", sagte Andriy Kobolyev, der Leiter der staatlichen ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz, in einem Interview. "Wir haben alles getan, um sicherzustellen, dass die künstliche Krise, die Russland zu schaffen versuchte, nicht eintritt." Kobolyev sagte, Russland habe den Druck auf die Pipeline für Transitlieferungen nach Europa um bis zu 20 Prozent reduziert. Der fehlende Druck habe die Ukraine gezwungen, mehr Energie aufzuwenden, um das Gas nach Europa fließen zu lassen.

"Die Entscheidung, den Liefervertrag scheitern zu lassen, wurde nicht von Gazprom getroffen. Ich glaube, es wurde im Kreml getroffen", spekulierte Kobolyev. Die Spannungen zwischen Moskau und Kiew sind wegen des Konflikts in der Ostukraine, wo sich Regierungskräfte und pro-russischen Separatisten gegenüberstehen, ohnehin enorm. Kiew und der Westen werfen Russland vor, seine Streitkräfte in dem Gebiet einzusetzen. Russland bestreitet dies nach wie vor.

Quelle: ntv.de, fhe/DJ

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