Historische Maßnahme Tausende Samsung-Angestellte streiken in Korea
08.07.2024, 14:01 Uhr Artikel anhören
Da auch Chip-Hersteller streiken, droht Samsung ein internationaler Wettbewerbsnachteil, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Kim Dae Jong.
(Foto: picture alliance / YONHAPNEWS AGENCY)
Seit Monaten können sich Samsung und koreanische Gewerkschaften nicht auf neue Tarifverträge einigen. Über 5000 Mitarbeiter legen ihre Arbeit deshalb nieder. Der Schritt ist historisch und droht weltweite Konsequenzen für das Unternehmen nach sich zu ziehen.
Tausende Samsung-Beschäftigte sind nach gescheiterten Tarifverhandlungen aus Protest auf die Straße gegangen. "Der heutige Generalstreik ist erst der Anfang", erklärte Gewerkschaftschef Son Woo Mok. Demnach soll der Streik drei Tage dauern und könnte somit spürbare Auswirkungen auf die für die Weltwirtschaft bedeutsame Produktion von hochwertigen Speicherchips haben.
In schwarzen Regenjacken und mit Bändern mit der Aufschrift "Kämpfe mit Solidarität" versammelten sich Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor der Fabrik des Unternehmens in Hwaseong, südlich von Seoul. Die Gewerkschaft teilte mit, dass sich etwa 5200 Menschen dem Protest angeschlossen hätten.
"Glaubt das Management immer noch, dass dies keine Auswirkungen auf die Produktionslinie haben wird?", fragte Lee Hyun Kuk, Vizepräsident der Gewerkschaft. "Ich bin sehr aufgeregt", sagte ein Gewerkschaftsmitglied, ohne seinen Namen zu nennen. "Wir schreiben Geschichte."
Historischer Streik im Juni eskaliert
Bereits seit Januar befindet sich das Management des Technologieriesen in Verhandlungen mit der Gewerkschaft National Samsung Electronics Unions. Allerdings konnten sich beide Seiten bisher nicht einigen. Ein Lohnerhöhungsangebot des Unternehmens von 5,1 Prozent lehnte die Gewerkschaftsseite ab und pocht zudem auf eine Verbesserung beim Jahresurlaub und bei der Transparenz der leistungsabhängigen Boni.
Die Gewerkschaft, der rund 30.000 Mitglieder angehören - mehr als ein Fünftel der gesamten Belegschaft des Unternehmens - hatte deshalb in der vergangenen Woche den dreitägigen Streik angekündigt. Bereits im Juni streikten die Mitarbeiter einen Tag und schrieben damit erstmals Firmengeschichte.
Anschließend hatten sich Sprecher des Unternehmens bezüglich der Auswirkungen auf die Produktion gelassen gezeigt, auch wenn Beobachter der eintägigen Aktion im Juni einen hohen symbolischen Wert beimaßen. Samsung hatte sich zuvor jahrzehntelang erfolgreich gegen jedwede gewerkschaftliche Organisation seiner Beschäftigten gesträubt.
Chip-Hersteller streiken
Zu dem am Montag begonnenen dreitägigen Streik gab der Wirtschaftswissenschaftler Kim Dae Jong von der Sejong-Universität nun zu bedenken, dass zu den Teilnehmern auch diejenigen gehörten, die "an den Chip-Montagelinien arbeiten". Angesichts der Tatsache, dass die Gewerkschaft den Streik verlängern könnte, könne dies "ein erhebliches Risiko für das Management von Samsung inmitten seines Wettlaufs um die Vorherrschaft auf dem wettbewerbsintensiven Chipmarkt darstellen", erklärte er.
Das Unternehmen selbst äußerte sich zunächst nicht. Samsung Electronics ist der weltweit größte Hersteller von Speicherchips und steht für einen erheblichen Teil der weltweiten Produktion von High-End-Halbleitern. Es ist zudem die wichtigste Tochtergesellschaft der Samsung Group, dem größten der Familienkonzern in Asien viertgrößter Volkswirtschaft.
Halbleiter wichtigstes Exportgut Südkoreas
Dank der Erholung der Chippreise und einer höheren Nachfrage nach Produkten für Künstliche Intelligenz, hatte das Unternehmen erst vergangene Woche mitgeteilt, einen 15-fachen Gewinn für das zweite Quartal im Vergleich zum Vorjahr erwarten zu können.
Halbleiter sind mittlerweile das Herzstück der Weltwirtschaft und werden in zahlreichen Produkten verwendet - von Haushaltsgeräten über Mobiltelefone bis hin zu Autos und Waffen. Zugleich sind die Chips Südkoreas wichtigstes Exportgut und brachten dem Land im März 11,7 Milliarden US-Dollar ein, den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. Dies entspricht einem Fünftel der gesamten Exporte des Landes.
Quelle: ntv.de, gri/AFP