Wirtschaft

Experten sehen Kurswechsel Türkei hebt Leitzins unerwartet kräftig an

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Die türkische Zentralbank will mit ihrem Zinsschritt die Inflation unter Kontrolle bringen.

Die türkische Zentralbank will mit ihrem Zinsschritt die Inflation unter Kontrolle bringen.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Der türkische Präsident Erdogan wehrt sich lange gegen höhere Zinsen und geht seine Notenbank mehrfach an. Die Devisenreserven schrumpfen und die Landeswährung verfällt. Nach seiner Wiederwahl erlaubt er einen Kurswechsel. Angesichts einer anziehenden Inflation hebt die Zentralbank den Leitzins an.

Die türkische Zentralbank hat die Leitzinsen überraschend stark angehoben. Der Leitzinssatz steige von 17,5 auf 25 Prozent, teilte die Bank mit. Sie wolle so die Inflation "unter Kontrolle" bringen. Beobachter hatten mit einem deutlich moderateren Anstieg auf 20 Prozent gerechnet. Es ist bereits die dritte Zinserhöhung, seitdem die Notenbank unter ihrer neuen Chefin Hafize Gaye Erkan eine Kurswende eingeleitet hat. Die Zentralbank bekräftigte zudem, sie stehe bereit, die Geldpolitik nötigenfalls weiter zu straffen.

Der Anstieg der Verbraucherpreise hatte sich in der Türkei zuletzt wieder beschleunigt. Im Juli lag die offizielle Inflationsrate bei 47,8 Prozent. Im Juni waren es rund 38 Prozent gewesen. Unabhängige Experten von der Forschergruppe Enag gehen von noch drastisch höheren Teuerungsraten in der Realität aus. Die Teuerung war zuvor acht Monate in Folge gesunken. Das von den Währungshütern angestrebte Inflationsziel von fünf Prozent liegt unverändert in weiter Ferne.

Handschrift des neuen wirtschaftspolitischen Teams

"Jüngste Indikatoren deuten auf einen anhaltenden Anstieg des zugrunde liegenden Inflationstrends hin", erklärte die Zentralbank. Höhere Zinsen gelten nach gängiger Lehrmeinung als wirksame Maßnahme gegen hohe Inflationsraten. Die starke Zinsanhebung trage die Handschrift des neuen wirtschaftspolitischen Teams der türkischen Regierung rund um Zentralbankchefin Erkan und Finanzminister Mehmet Simsek, hieß es von Analysten.

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Die Reaktion der Börse folgte prompt: Die Landeswährung Lira, die in den vergangenen Wochen zum Dollar fast täglich neue Rekordtiefs markiert hatte, kletterte nach dem Zinsbeschluss um mehr als zwei Prozent. Die Notenbank sah sich wegen schrumpfender Devisenreserven und dem Absturz der Lira zum Handeln gezwungen. Steigende Zinsen machen eine Währung für Investoren attraktiver. Der Kurs der Lira ist in den vergangenen zwei Jahren zum Dollar um rund 70 Prozent eingebrochen. Vor dem Kurswechsel der Notenbank hatte der Leitzins in der Türkei im Mai noch bei 8,5 Prozent gelegen.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die ehemalige Wall-Street-Bankerin Erkan und den liberalen Ökonomen Simsek nach seiner Wiederwahl im Mai ernannt. Ökonomen hofften auf eine rasche Rückkehr zu einer konventionellen Finanz- und Wirtschaftspolitik, nachdem sich Erdogan monatelang gegen höhere Zinsen gewehrt hatte. Die neue Führung enttäuschte die Märkte aber zunächst mit Leitzinserhöhungen, die moderater ausfielen als erwartet.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts

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