Wirtschaft

Einkaufsmanagerindizes sacken ab "Klarer könnten die Rezessionssignale kaum sein"

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"Auf Absatzmärkten außerhalb der EU hat die Konkurrenz vor allem aus China für den deutschen Maschinenbau besonders zugenommen", hatte das IFO jüngst mitgeteilt.

"Auf Absatzmärkten außerhalb der EU hat die Konkurrenz vor allem aus China für den deutschen Maschinenbau besonders zugenommen", hatte das IFO jüngst mitgeteilt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das hatte kaum einer erwartet: Die Wirtschaftsindikatoren in Deutschland und der Eurozone signalisieren eine ausgeprägte Schwäche. Weder in der Industrie noch bei den Dienstleistern gibt es Wachstum. Mehrere Analysten erwarten nun, dass die EZB auf eine weitere Zinsanhebung zunächst verzichten wird.

Die deutsche Wirtschaft hat ihre Talfahrt im August beschleunigt und steuert offenbar auf eine Rezession zu. Der Einkaufsmanagerindex für die gesamte Privatwirtschaft - also Industrie und Dienstleister - sackte im August auf Monatssicht von 48,5 auf 44,7 Punkte ab, wie der Finanzdienstleister S&P Global zu seiner monatlichen Umfrage unter etwa 800 Unternehmen mitteilte. Es war der vierte Rückgang in Folge und zugleich der niedrigste Wert seit Mai 2020, als die Corona-Pandemie die Wirtschaft am Boden hielt. Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang auf 48,3 Zähler erwartet.

Mit dem starken Rückgang ist die Wachstumsschwelle von 50 Zählern nunmehr deutlich entfernt. Ausschlaggebend für die rasante Talfahrt war insbesondere der Dienstleistungssektor. Das Barometer der Service-Branche fiel unter die Wachstumsschwelle - und zwar von 52,3 auf jetzt 47,3 Zähler. Und die Industrie ist mit 39,1 Zählern noch deutlicher unter dieser Marke, auch wenn es im August ein wenig bergauf ging.

"Die Hoffnung, dass die Dienstleister die deutsche Wirtschaft retten könnten, hat sich in Luft aufgelöst. Stattdessen ist der Servicesektor dabei, sich der Rezession im verarbeitenden Gewerbe anzuschließen, die im zweiten Quartal begonnen zu haben scheint", sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), die die Umfrage sponsert.

Bezeichnend für die Malaise ist die internationale Wettbewerbsposition des Maschinenbaus, der lange Zeit die Vorzeigebranche des Export-Europameisters Deutschland war. Im Wettbewerb um Marktanteile hat sich die Lage der Maschinenbauer laut einer IFO-Umfrage verschlechtert. "Auf Absatzmärkten außerhalb der EU hat die Konkurrenz vor allem aus China für den deutschen Maschinenbau besonders zugenommen", sagte IFO-Experte Nicolas Bunde. Der Umfragewert für die Wettbewerbsposition sank auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung im Juli 1994.

Coba: EZB wird Wachstumsprognose senken müssen

Auch in der Eurozone geht es konjunkturell bergab. Die schwächelnden Dienstleister bremsen die Wirtschaft zunehmend. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft sank ebenfalls überraschend deutlich - und zwar um 1,6 auf 47,0 Punkte. Das Barometer für den Service-Sektor sank um 2,6 auf 48,3 Punkte. Noch schlechter läuft es in der Industrie. "Klarer könnten die Rezessionssignale kaum sein", meint Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.

Die stark eingetrübten Konjunkturaussichten dürften auch der Europäischen Zentralbank (EZB) zu denken geben. Diese hat nach einer Serie von Zinserhöhungen offengelassen, ob sie im September die geldpolitischen Zügel weiter anzieht und der Wirtschaft damit weiter zusetzt. EZB-Direktor Fabio Panetta hat bereits Skepsis mit Blick auf eine weitere Straffung geäußert. Er gehört dem Lager der Tauben im EZB-Rat an, die für eine relativ lockere Linie eintreten und die Zinsen niedrig halten wollen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern.

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Laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer dürfte deren Position im EZB-Rat nun gestärkt sein, da seiner Ansicht nach nun alles auf ein Schrumpfen der Euro-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte hindeutet: "Die EZB wird ihre optimistische Wachstumsprognose deutlich senken müssen. Vermutlich wird die EZB ihre Leitzinsen im September nicht weiter anheben." Die Fachleute der EZB hatten in ihren Projektionen im Juni für 2023 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,9 Prozent veranschlagt und für 2024 ein Plus von 1,5 Prozent.

Auch die US-Großbank JP Morgan erwartet, dass die EZB im September eine Zinspause einlegen wird. Im aktuellen Straffungszyklus sei stattdessen mit einer finalen Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte im Oktober zu rechnen, hieß es.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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