App "überwacht uns alle" US-Kongress nimmt Tiktok-Chef in die Mangel
23.03.2023, 19:32 Uhr
Chew beteuerte vor dem US-Kongress die Sicherheit der Nutzerdaten.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Aus Angst vor chinesischer Einflussnahme erwägen die USA ein Verbot der Videoplattform Tiktok. In einer hitzigen Anhörung im US-Kongress stellt sich Konzernchef Chew den kritischen Fragen der Abgeordneten. Derweil sieht auch der deutsche Verfassungsschutz Risiken für App-Nutzer.
Tiktok-Chef Shou Zi Chew hat bei einem Auftritt im US-Kongress versucht, Sorgen über chinesische Spionage und Einflussnahme bei der populären Kurzvideo-App zu zerstreuen. Unter anderem sagte er, dass alle Daten amerikanischer Nutzer auf US-Servern lagerten und der Zugang dazu strikt überwacht werde. Auch laufe der Empfehlungs-Algorithmus von Tiktok, der die Videos für Nutzer in Amerika auswählt, beim US-Softwareriesen Oracle.
Tiktok steht zunehmend unter politischem Druck, weil die Plattform zum aus China stammenden Bytedance-Konzern gehört. In den USA ist ein Verbot der App im Gespräch. Laut Medienberichten fordert die US-Regierung einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner.
Bei der Anhörung im Handelsausschuss des Repräsentantenhauses gab die Vorsitzende Cathy Rogers einen scharfen Ton vor. "Tiktok überwacht uns alle. Und die Kommunistische Partei Chinas kann es als Werkzeug benutzen, um Amerika als Ganzes zu manipulieren", sagte die Republikanerin in ihrer Stellungnahme. Auch nannte sie Tiktok ein "Portal für Drogenhändler". Der demokratische Vize-Vorsitzende Frank Pallone sagte, die Datenschutz-Zusicherungen in den USA seien nicht ausreichend.
Der republikanische Abgeordnete Buddy Carter sagte, Tiktok mache mit dem Algorithmus die Nutzer so abhängig wie keine andere Plattform. Die chinesische Kommunistische Partei wisse das und betreibe "psychologische Kriegsführung über Tiktok, um amerikanische Kinder zu beeinflussen". Andere Ausschussmitglieder verwiesen auf Gefahren durch Mutproben, die sich auf der Plattform verbreiteten und zu Todesfällen führen könnten. Viele Abgeordnete unterbrachen Antworten des Tiktok-Chefs mit der Forderung nach einem "Ja" oder "Nein" zu komplexen Fragen.
Verfassungsschutz ist alarmiert
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht erhebliche Risiken bei der Nutzung von Tiktok. "Wenn Sie sich Umfang der Daten, der Metadaten, der Inhalte bei Tiktok anschauen auf der einen Seite, und wenn Sie sich dann auch anschauen, welche Einflussmöglichkeiten staatliche Stellen auf solche Unternehmen haben, dann kann das nur Bauchschmerzen auslösen. Und die habe ich", sagte der Vizepräsident des Inlandsgeheimdienstes, Sinan Selen, in Berlin am Rande einer Veranstaltung zu Spionage, Sabotage und Cyberrisiken für die deutsche Wirtschaft.
"Wir sind im Ausmaß dessen, worauf staatliche Stellen, gerade in China Zugriff nehmen können, nicht klar genug - ich glaube, das ist das Kernproblem bei der ganzen Sache", fügte er hinzu. Unternehmen wie Tiktok seien nicht im Stande, sich einer solchen Einflussnahme zu entziehen. Wenn man das mit im Blick habe, komme man zu dem Schluss, dass Sicherheitsfragen stärker betont werden müssten.
Innenministerin Nancy Faeser sagte bei einem Besuch in Washington, sie sehe zwar kein generelles Verbot der App in Deutschland. Man müsse jedoch verstärkt darüber aufklären, dass es sich bei Tiktok um eine Firma handele, bei der "die Daten natürlich abfließen können".
Tiktok ist mit mehr als einer Milliarde Nutzern die einzige auch im Westen erfolgreiche Online-Plattform, die nicht aus den USA stammt. Tiktok weist alle Vorwürfe zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa