BIP-Wachstum sehr robust US-Wirtschaft legt überraschend deutlich zu
25.07.2024, 17:00 Uhr Artikel anhören
Laut Zentralbankchef Jerome Powell deuten aktuelle Indikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft weiterhin in einem soliden Tempo wächst.
(Foto: AP)
Die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal mit 2,8 Prozent deutlich kräftiger gewachsen als erwartet. Experten sind von der Widerstandsfähigkeit beeindruckt. Ein dickes Minus bei Auftragseingängen im Juni trübt das Bild allerdings ein wenig.
Trotz der Hochzinspolitik der Notenbank hat die US-Wirtschaft ihr Wachstumstempo im Frühjahr glatt verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte zwischen April und Juni aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent zu, wie das US-Handelsministerium auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Zu Jahresbeginn war ein Plus beim BIP von 1,4 Prozent herausgesprungen. Befragte Experten hatten für das Frühjahr nur eine Steigerung auf 2,0 Prozent auf dem Radar.
Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank spricht von einem Wachstumskracher. Doch für die zweite Jahreshälfte, in der es zur US-Leitzinswende kommen dürfte, zeichnet sich aus seiner Sicht eine langsamere Konsumdynamik ab. Die Zuwächse bei Beschäftigung, Löhnen und Einkommen dürften aus Sicht des Experten dann geringer ausfallen. "Privathaushalte werden ihren Gürtel etwas enger schnallen", so die Prognose des Experten.
Davon war im Frühjahr jedoch noch nichts zu sehen, im Gegenteil: Die Konsumenten steigerten ihre Ausgaben um 2,3 Prozent. Doch nicht nur die privaten Haushalte zeigen sich spendabel. Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank verweist darauf, dass auch der Staat "freizügig" Mittel verteilt habe: Der Staatsverbrauch verbuchte im zweiten Quartal einen Zuwachs von annualisiert 3,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal.
Die Daten konnten die US-Investoren allerdings nicht beruhigen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte zwar leicht im Plus, aber der Index der Technologiebörse Nasdaq und der breit gestreute S&P-Index verharrten im Minus. Auf die Stimmung drückten weiterhin Kursverluste bei den Technologiewerten. Der Dollar-Index baute dagegen seine Verluste von bis zu 0,3 Prozent wieder ab und notierte stabil bei 104,36 Punkten.
Das BIP-Wachstum der USA erweist sich als überraschend robust, obwohl sich die Notenbank mit einer Hochzinspolitik gegen die Inflation stemmt. Laut Zentralbankchef Jerome Powell deuten aktuelle Indikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft weiterhin in einem soliden Tempo wächst. Die Federal Reserve versucht mit ihrer straffen geldpolitischen Linie, den Preisauftrieb zu dämpfen.
Konjunkturdaten zeigen Licht und Schatten
Zugleich steuert die Notenbank, die nächste Woche nach Ansicht vieler Investoren noch stillhalten dürfte, auf eine Zinswende zu. "Die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft ist einmal mehr beeindruckend. Dessen ungeachtet halten wir an unserer Prognose fest, dass die US-Notenbank im September ihre Leitzinswende einläuten wird", sagte Dirk Chlench, Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg.
Eine Reihe weiterer Konjunkturdaten zeigten Licht und Schatten. Bei den Auftragseingängen langlebiger Wirtschaftsgüter kam es im Juni mit einem Minus von 6,6 Prozent zu einer negativen Überraschung: Befragte Ökonomen hatten ein Plus von 0,3 Prozent erwartet. Experten führen den Einbruch auf den schwachen Verkehrssektor zurück: Ohne diese schwankungsanfällige Komponente gab es ein Plus von 0,5 Prozent.
Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen mit 235.000 unterhalb des Vorwochenwertes von 245.000. "Die Zahlen fallen uneinheitlich aus, und so sollte der Einfluss auf die Zinserwartungen per saldo begrenzt sein", meint Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg.
Quelle: ntv.de, jki/rts