Nach unrühmlichem Abgang WeWork-Gründer verbrannte Milliarden, jetzt will er die Kontrolle zurück


Ein Bericht des "Wall Street Journals" aus dem Jahr 2019 legte die ausschweifenden Partys und Neumanns übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsum offen.
(Foto: REUTERS)
Seit seinem Rauswurf vor fünf Jahren trauert Gründer Adam Neumann seinem Unternehmen WeWork hinterher. Jetzt legt der umstrittene Tech-Unternehmer dem mittlerweile insolventen Bürovermittler ein Angebot auf den Tisch. Der Exzentriker feilt nicht erst seit gestern an einem Comeback.
Adam Neumann war mit seinem Bürovermittler WeWork angetreten, um den Mietmarkt für Unternehmen zu revolutionieren. Doch der Trend zum Arbeiten von zu Hause, der sich in der Corona-Pandemie noch verstärkt hat, stellte das Geschäftsmodell ins Wanken. Schwarze Zahlen hat das Unternehmen nie geschrieben. Unter dem Druck von Investoren musste Neumann seinen Posten 2019 räumen.
Nach Informationen des "Wall Street Journals" könnte Neumann jetzt vor einem Comeback bei WeWork stehen: Der ehemalige Geschäftsführer soll eine Offerte für das insolvente Unternehmen auf den Tisch gelegt haben. Neumann biete demnach mehr als 500 Millionen Dollar, zitiert das Blatt mit den Vorgängen vertraute Personen. Es sei aber nicht klar, wie er das finanzieren wolle. Im November 2023 flüchtete sich WeWork in die Insolvenz - ein bemerkenswerter Absturz des einst wertvollsten Startups der USA, das einmal mit 47 Milliarden Dollar bewertet wurde.
Neumann habe sich bereits im Dezember an WeWork gewandt, um die notwendigen Informationen für ein Angebot zum Kauf des Unternehmens oder seiner Vermögenswerte zu erhalten. Später habe er angeboten, einen Kredit zur Finanzierung des Konkurses zu gewähren, habe aber immer noch keinen Zugang zu diesen Informationen, heißt es in dem Brief seiner Anwälte, der vom "Wall Street Journal" eingesehen wurde. Darin heißt es, dass die Pleite durch die mangelnde Fähigkeit des Managements verursacht worden sei, "Alternativen" für finanzielle Unterstützung zu prüfen.
Neumann wurde exzentrischer Führungsstil zum Verhängnis
"Wir haben bereits bei früherer Gelegenheit gesagt, dass WeWork ein außergewöhnliches Unternehmen ist, und es ist keine Überraschung, dass wir regelmäßig Interessensbekundungen von Dritten erhalten", sagte ein WeWork-Sprecher. "Unser Board und unsere Berater prüfen diese regelmäßig, um sicherzustellen, dass wir stets im besten langfristigen Interesse des Unternehmens handeln." Das Unternehmen konzentriere sich auf die Restrukturierung, um das Insolvenzverfahren im zweiten Quartal "finanziell stark und profitabel" zu verlassen.
Neumann versucht seit seinem Rauswurf vor fünf Jahren, die Kontrolle über WeWork zurückzugewinnen. Damals hatten potenzielle Investoren nach dem gescheiterten Börsengang die finanziellen Aussichten des Unternehmens und seinen exzentrischen Führungsstil bemängelt. Ein Bericht des "Wall Street Journals" aus dem Jahr 2019 legte damals außerdem die ausschweifenden Partys und Neumanns übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsum offen. Nach angekündigten Entlassungen soll Neumann damals Tequila-Shots verteilt und ein Überraschungskonzert von Run-DMC veranstaltet haben. Ferner soll sein Privatjet einmal aus Jerusalem zurückgerufen worden sein - zuvor war Marihuana versteckt im Flugzeug in einer Müsli-Verpackung gefunden worden.
Neumanns Anwälte zeichneten in ihrem Schreiben ein kurzes Bild davon, was er im Falle seiner Rückkehr mit WeWork vorhat: "In einer hybriden Arbeitswelt, in der die Nachfrage nach dem Produkt von WeWork größer denn je sein dürfte, glauben meine Mandanten, dass die Synergien und das Management-Know-how, die eine Übernahme bieten würde, den Wert der Schuldner auf einer eigenständigen Basis deutlich übersteigen könnten", schrieben die Anwälte. "WeWork sollte sich zumindest über dieses Potenzial informieren und sich nicht selbst an der Wertmaximierung hindern."
"Geschäftsmodell kann grundsätzlich funktionieren"
Das Insolvenzverfahren ermöglicht es WeWork, langfristige Verträge mit Immobilienbesitzern zu kündigen oder nachzuverhandeln. Laut dem Investor Philipp Klöckner kann das Geschäftsmodell CoWorking danach funktionieren. Das Unternehmen habe zuletzt vor allem unter den zu hohen Mietpreisen gelitten, weil viele Top-Immobilien langfristig und zu Höchstpreisen angemietet wurden. "Nun, da jedes fünfte Büro in New York und mehr als ein Drittel der Flächen in San Francisco leer stehen, könnte die Nachfolgegesellschaft von günstigeren Mieten aufgrund der Office-Immobilienkrise profitieren. Schafft man es, mit den gebeutelten Vermietern deutlich günstigere Mietkonditionen zu vereinbaren, könnte das WeWork Geschäftsmodell noch einmal deutlich attraktiver sein", sagt Klöckner auf Anfrage von ntv.de.
Denkbar sei auch, dass eine Umwidmung einzelner Flächen in Wohnquartiere oder gemischte Nutzung angedacht ist. Das würde laut Klöckner dem Konzept von Adam Neumanns neuer Firma Flow näherkommen. Details über das konkrete Geschäftsmodell von Flow gibt es bislang wenig.
Ersten Informationen zufolge will Neumann mit seinem neuen Unternehmen künftig auch auf dem Markt für Mietwohnungen aktiv werden. In Atlanta, Nashville, Tennessee, Fort Lauderdale, Florida und Miami soll er bereits 3000 Wohnungen gekauft haben. In einem Blogeintrag beschreibt Marc Andreessen, ein zukünftiges Vorstandsmitglied, das Unternehmen wolle einerseits das Problem von Wohnraumknappheit in den USA lösen.
Neumann warf WeWork Versäumnisse vor
Ob Neumann die Finanzierung der Rettungsaktion gelingen kann, bleibt laut Klöckner vorerst unklar. Angebliche Partner, wie der Hedgefund Thirtpoint oder der Investor Baupost, scheinen sich von einer Unterstützung des Vorhabens zu distanzieren. "Dennoch gibt es sicher Investoren, die nach wie vor von Neumanns Fähigkeiten überzeugt sind. Seine neue Firma Flow wurde vom renommierten US-Wagniskapitalfinanzierer Andreessen Horowitz finanziert", sagt der Investor.
Dass Neumann selbst immer noch an das Geschäftsmodell von WeWork glaubt, machte er bereits kurz nach Bekanntgabe der Insolvenz deutlich. In einer veröffentlichten Erklärung machte er seiner Enttäuschung Luft und warf dem Unternehmen Versäumnisse vor: "Es war für mich eine Herausforderung, seit 2019 von der Seitenlinie aus zuzusehen, wie WeWork es versäumt hat, ein Produkt zu nutzen, das heute relevanter ist denn je. Ich glaube, dass WeWork mit der richtigen Strategie und einem guten Team durch eine Reorganisation erfolgreich hervorgehen kann", fügte er hinzu.
Quelle: ntv.de