Brandbrief der Transportbranche Weihnachten droht Lieferketten der "Kollaps"
30.09.2021, 17:23 Uhr
Weil die Corona-Impfstoffe auf der Welt unterschiedlich verteilt sind, sind nur knapp 30 Prozent der Seeleute geimpft.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mit deutlichen Worten beklagen internationale Transportverbände und Gewerkschaften die schlechten Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten während der Pandemie. Viele Seeleute, Lkw-Fahrer sowie Beschäftigte bei Fluggesellschaften wollten den Job deshalb an den Nagel hängen. Dem Handel droht ein Problem.
Die seit Monaten bestehenden Lieferengpässe durch den Containermangel auf den Weltmeeren könnten zum Jahresende an noch einmal an Dramatik zunehmen. Die Internationale Schifffahrtskammer (ICS) sowie andere Branchengruppen richteten sich in einem offenen Brief mit deutlichen Worten an die Staatsoberhäupter der Generalversammlung der Vereinten Nationen und warnten vor einem "Kollaps des globalen Verkehrssystems", wenn den Arbeitern in der Logistikbranche nicht die Freizügigkeit gewährleistet würde. Reiseverbote und andere Einschränkungen hätten das Wohlergehen ihrer Beschäftigten während der Corona-Zeit massiv beeinträchtigt.
Außerdem forderten die Verbände und Gewerkschaften anerkannte Impfstoffe für ihre Mitarbeiter. Dadurch, dass es keinen globalen Standard bei den Corona-Impfungen gebe, hätten sich Seeleute mit mehreren Vakzinen impfen lassen müssen, zitiert der US-Sender CNN den ICS-Generalsekretär Guy Platten. Außerdem seien die Impfstoffe unterschiedlich auf der Welt verteilt und deshalb überhaupt nur knapp 30 Prozent der Seeleute geimpft. All das müsse ein Ende haben. Die Belastung der Arbeiter fordere "seit zwei Jahren ihren Tribut", heißt es in dem Brief, zu dessen Unterzeichnern auch die Weltluftfahrtsorganisation IATA gehört.
In allen Verkehrssektoren herrsche "ein Mangel an Arbeitskräften", wegen der "schlechten Behandlung, die Millionen von Menschen während der Pandemie erfahren haben", heißt es. Auf dem Höhepunkt der Krise im Jahr 2020 konnten 400.000 Seeleute ihre Schiffe nicht verlassen, einige arbeiteten laut ICS bis zu 18 Monate über das Ende ihrer ursprünglichen Verträge hinaus. Die Lähmung des Flugverkehrs und Grenzschließungen machten es nahezu unmöglich, Arbeiter von einem Teil der Welt in einen anderen zu verlegen oder Besatzungen zu tauschen.
Waren zu Beginn der Pandemie noch viele Seeleute bereit, ihre Verträge zu verlängern, um die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Treibstoff, Medikamenten und anderen Konsumgütern rund um die Welt sicherzustellen, sei heute unterm Strich eher damit zu rechnen, dass noch mehr Mitarbeiter abwanderten, was "die Lieferkette noch stärker" gefährde.
Laut Guy Platten würden wegen der bevorstehenden Weihnachtszeit weniger Verträge unterschrieben werden, weil die Arbeiter die Feiertage nach der Zeit der Entbehrungen lieber mit der Familie verbringen wollten. Die aktuellen Herausforderungen bei der Lebensmittel- und Kraftstoffversorgung in Großbritannien könnten damit wachsen. "Die globale Lieferkette ist sehr zerbrechlich und hängt für die Lieferung von Waren ebenso sehr von Seeleuten [von den Philippinen] wie von einem Lkw-Fahrer ab", ergänzte der Generalsekretär der Internationalen Transportarbeiter-Föderation, Stephen Cotton. "Es ist an der Zeit, dass die Regierungschefs auf die Bedürfnisse dieser Arbeiter eingehen."
Quelle: ntv.de, ddi