Briten geht der Sprit aus Militär soll Benzin-Problem lösen
28.09.2021, 11:16 Uhr
Zahlreichen Tankstellen in Großbritannien fehlt das Benzin.
(Foto: REUTERS)
Die Regierung in Großbritannien mobilisiert zur Bewältigung der Kraftstoffkrise das Militär. Fahrer von Armee-Tanklastwagen wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Dem Land fehlen wegen des Brexits und der Corona-Pandemie rund 100.000 Lkw-Fahrer.
Sollte sich die Lage in den kommenden Tagen nicht bessern, will die britische Regierung die Armee einsetzen. "Falls erforderlich, wird der Einsatz von Militärpersonal die Versorgungskette vorübergehend mit zusätzlichen Kapazitäten unterstützen, um den Druck zu lindern, der durch die erhöhte Nachfrage nach Kraftstoff entsteht", teilte Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng mit. Eine begrenzte Anzahl von militärischen Tankwagenfahrern sei bereits in Bereitschaft versetzt.
Wegen Panikkäufen waren in einigen Landesteilen nach Angaben des Branchenverbands PRA bis zu 90 Prozent der Zapfsäulen trocken geblieben. Grund für den Mangel an Benzin und Diesel sind vor allem fehlende Lkw-Fahrer, was die Lieferkette von den Kraftstoffunternehmen zu den Tankstellen behindert. Schätzungen zufolge fehlen landesweit bis zu 100.000 Fahrer. Viele waren nach dem Brexit auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt. Zudem behinderte die Corona-Pandemie Ausbildung und Prüfungen neuer Fahrer.
"Eines unserer Mitglieder erhielt mittags einen Tank voll Benzin, und am späten Nachmittag war der Inhalt bereits in den Autos der Leute verschwunden", sagte der PRA-Vorsitzende Brian Madderson im Sender BBC. Tankstellenbetreiber wie Shell, BP und Esso erklärten, es gebe "reichlich Treibstoff in den britischen Raffinerien". Es fehlten aber die Fahrer zum Ausliefern. Die Konzerne rechnen demnach mit einer Normalisierung der Lage in den kommenden Tagen. Sie riefen ihre Kunden auf, "wie gewohnt" Kraftstoff zu kaufen - also keine Hamsterkäufe vorzunehmen.
Großbritanniens größte Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, Unison, forderte, Arbeitnehmer in Schlüsselbranchen wie Ärzte, Lehrer und Polizisten vorrangig mit Benzin zu versorgen. "Die Regierung könnte dieses Problem jetzt lösen, indem sie per Notfallbefugnis Tankstellen für die ausschließliche Nutzung durch Beschäftigte in Schlüsselpositionen ausweist", sagte Generalsekretärin Christina McAnea.
Briten werben nun doch um Ausländer
Kritiker werfen der Regierung Untätigkeit angesichts des historischen Mangels an Lkw-Fahrern vor, der durch den Brexit und die Corona-Pandemie entstanden ist. Um die Krise beizulegen, hatte die Regierung am Wochenende eine Lockerung der Visa-Bestimmungen für ausländische Lkw-Fahrer und Fachkräfte aus anderen Branchen beschlossen.
Die angekündigte Visa-Lockerung bedeutet eine klare Abkehr von der restriktiven Einwanderungspolitik von Premierminister Boris Johnson, die er seit dem Austritt aus der EU verfolgt. Johnson hatte wiederholt erklärt, er wolle Großbritanniens Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften beenden.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz machte den Brexit für die Probleme an britischen Tankstellen verantwortlich. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit sei ein Prinzip der EU, sagte er und ergänzte: "Wir haben hart daran gearbeitet, die Briten zu überzeugen, die Union nicht zu verlassen." Den Lastwagen-Fahrermangel in Großbritannien führte der Finanzminister auch auf zu niedrige Löhne zurück. "Wenn Sie nicht genug Menschen finden, die den Job machen wollen, hat das möglicherweise mit den Arbeitsbedingungen zu tun."
Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP