Einbußen wegen Terrorgefahr Wer zahlt Millionenschaden nach Swift-Konzert-Absagen?
10.08.2024, 11:13 Uhr Artikel anhören
Knapp 200.000 Swift-Fans wurden im Ernst-Happe-Stadion in Wien erwartet.
(Foto: picture alliance/dpa/APA)
Wegen Terrorgefahr werden drei Taylor-Swift-Konzerte in Wien abgesagt. Die enttäuschten Fans erhalten das Geld für die Tickets zwar zurück - dem Veranstalter entstehen jedoch Einbußen in zweistelliger Millionenhöhe. Zur Debatte steht nun, ob seine Versicherung den Fall Terror mit einschließt.
Das Ernst-Happel-Stadion war bereit für den Ansturm der 195.000 "Swifties", die an diesem Wochenende in Wien ihren Superstar Taylor Swift sehen wollten. Die Absage wegen eines geplanten Anschlags vor dem Stadion machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Doch wer kommt für die Kosten auf? Veranstaltungen dieser Größenordnung sind fast immer versichert - auch die Tour von Taylor Swift, wie Brancheninsider bestätigen. Offen ist aber, ob die Police auch Anschläge und Terrordrohungen einschloss. Wenn ja, könnten die Versicherer mit zweistelligen Millionenbeträgen zur Kasse gebeten werden, sagten zwei Insider aus der Versicherungsbranche.
"Die einzelne Terror-Police würde greifen, weil es ein potenzielles Terror-Risiko gab", erläutert Tim Thornhill vom Versicherungsmakler Tysers. Ein 19-Jähriger aus Niederösterreich, der sich im Internet radikalisiert hatte, wollte am Donnerstag oder Freitag vor dem Stadion offenbar mit einem Selbstmordanschlag möglichst viele "Ungläubige" mit in den Tod reißen. Bei Großveranstaltungen teilen sich in der Regel mehrere Versicherer das Risiko, ein großer Teil davon wird über den Londoner Versicherungsmarkt Lloyd's platziert. "Das ist ein Nischenmarkt, den sich wenige Anbieter aufteilen", erläutert ein Experte für die Versicherung von Events, der nicht namentlich genannt werden wollte.
Standardverträge decken Absagen, Verschiebungen, die Kosten von Verlegungen, die Erstattung der Eintrittskarten und das Ausfallhonorar für den Künstler oder die Künstlerin ab - ob aus technischen Gründen oder wegen eines Erdbebens. Für Unwetter, Anschlagsdrohungen, Cyberangriffe, eine Absage wegen Nationaltrauer oder den Fall, dass der Künstler nicht auftreten kann, müssen die Kunden extra bezahlen - und seit der Corona-Pandemie auch für Ausfälle wegen ansteckender Krankheiten. Die Verschiebung der Olympischen Spiele hatte die Versicherer eine Milliardensumme gekostet und die Sparte Insidern zufolge vorübergehend in die roten Zahlen getrieben.
"Nicht jeder Künstler versicherbar"
Eigentlich ist Taylor Swift beliebt bei den Versicherern, weil sie als zuverlässig gilt und selten absagt. "Nicht jeder Künstler ist in diesem Punkt versicherbar", sagt der Experte augenzwinkernd. In der Regel gibt es mehrere separate Verträge: einen mit dem Veranstalter der weltweiten Tour - bei Swift ist das der US-Riese Live Nation -, einen zweiten mit dem lokalen Veranstalter des Konzerts. In Wien war das Barracuda Music, die seit fünf Jahren zum Imperium des deutschen Ticket-Vermarkters CTS Eventim gehören. Barracuda versprach umgehend, dass die enttäuschten Ticketkäufer innerhalb von zehn Tagen ihr Geld zurückerhalten sollen.
Die Policen für Taylor Swift seien wohl so strukturiert, dass die Versicherer nicht für eine Komplett-Absage der "Eras"-Tour einstehen müssten, sagte Andrew Colcomb von Argenta Private Capital. Für die gesamte Tournee dürften Eintrittskarten für fast zwei Milliarden Dollar verkauft worden sein. Die Schäden für die Versicherer ließen sich begrenzen, wenn die Konzerte in Wien nachgeholt würden, sagte Marcos Alvarez, der bei der Ratingagentur Morningstar DBRS für die Finanzbranche zuständig ist. "Wenn das ein einmaliges Ereignis bleibt, dürfte das für die Versicherer im Rahmen ihrer Kalkulationen bleiben", glaubt Alvarez. Erst wenn sich solche Ereignisse häuften, ließen sich Veranstaltungen nicht mehr gegen Terror-Absagen versichern.
Die nächsten Taylor-Swift-Konzerte in der kommenden Woche - die letzten fünf in Europa - im Londoner Wembley-Stadion sollen jedenfalls stattfinden, wenn es nach der britischen Polizei geht. Wenn sie die Veranstaltung besonders schützen müsste, wäre das freilich eine große Herausforderung, sagt Rich Phillips vom Versicherungsmakler Marsh. Die Sicherheitsbehörden seien wegen der radikalen Ausschreitungen gegen Muslime und Migranten in Großbritannien ohnehin schon in Alarmbereitschaft.
Quelle: ntv.de, spl/rts