"Wäre ganz schlecht" Wirtschaftsverbände fürchten AfD-Ministerpräsidenten
27.07.2024, 06:59 Uhr Artikel anhören
BDI-Chef Russwurm ist sich sicher: "Wenn die AfD einen Ministerpräsidenten stellen würde, wäre das ganz schlecht für die Wirtschaft."
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Die Wirtschaft ist besorgt: Bald wird in Ostdeutschland gewählt, und die Umfragewerte der AfD sind hoch. "Unser Wohlstand hängt auch damit zusammen, dass wir ein weltoffenes Land sind", sagt Arbeitgeberpräsident Dulger. BDI-Chef Russwurm fragt: "Was wäre dieses Land ohne Zuwanderer?"
Einen Monat vor den Landtagswahlen im Osten haben Spitzenverbände der Wirtschaft vor den Folgen eines Erstarkens der AfD gewarnt. "Die Umfragewerte der AfD besonders in Ostdeutschland sind besorgniserregend", sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. "Die deutsche Wirtschaft steht für ein weltoffenes, liberales Deutschland." Am 1. September werden die Landtage in Sachsen und Thüringen neu gewählt, am 22. September in Brandenburg. Umfragen zufolge könnte die AfD dann stärkste Partei werden.
"Wir stehen für ein wettbewerbsfähiges Europa und Zuwanderung in Arbeit", äußerte sich Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. "Das beste Mittel gegen Extremismus ist eine klare und handwerklich gut gemachte Politik - die zuhört, auch die unangenehmen Dinge anspricht und die Probleme löst." Weiter sagte Dulger: "Die Politik und die politischen Handelnden müssen sich doch die Fragen stellen: Warum sind die Menschen so enttäuscht? Warum laufen sie zu den Rändern und nicht zu den Volksparteien? Wo liegen die Ursachen dieser Enttäuschung? Was können wir besser machen?"
Er nehme in der Bevölkerung und auch bei Unternehmen Abstiegsängste wahr, so Dulger. Mit Blick zum Beispiel auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine meinte er: "Die gesamte weltpolitische Lage verschiebt sich gerade, vor allem auch die sicherheitspolitische Lage. Das ist doch klar, dass das Ängste auslöst." Deswegen brauche man eine entschlossene Bundesregierung, die Antworten liefere. Der antieuropäische und antiwestliche Reflex liege ihm sehr fern, so Dulger. Im 21. Jahrhundert seien nationale Alleingänge bei vielen Themen wenig Erfolg versprechend. Deutschland habe als ehemaliger Exportweltmeister über Jahrzehnte von der Globalisierung profitiert wie kaum ein anderes Land: "Unser Wohlstand hängt auch damit zusammen, dass wir ein weltoffenes Land sind."
Russwurm wirft AfD "Fremdenfeindlichkeit" vor
Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm äußerte sich besorgt: "Wenn die AfD einen Ministerpräsidenten stellen würde, wäre das ganz schlecht für die Wirtschaft." Mit Blick auf die Landtagswahlen sagte er: "Die Sorgen sind nicht kleiner geworden, weil es den demokratischen Parteien offensichtlich nicht gelingt, Lösungen aufzuzeigen, die die Menschen wirklich ansprechen." Die wenigen inhaltlichen Aussagen, die es von der AfD gebe, seien durch die Bank untauglich für eine Stärkung der wirtschaftlichen Wachstumskräfte.
"Die helfen nicht, sondern sie schaden nur. Die offen und aktiv ausgelebte Fremdenfeindlichkeit der AfD verschärft die ohnehin existierenden Probleme des demografischen Wandels und Fachkräftemangels, von denen gerade Deutschland besonders betroffen ist", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. "Wer über Remigration redet, wer sagt ‚Ausländer raus‘, der soll sich bitte mal umschauen, auf die nächste Baustelle gucken, ins nächste Pflegeheim schauen, ins nächste Krankenhaus gehen, die nächste Kneipe besuchen: Was wäre dieses Land ohne Zuwanderer?"
Quelle: ntv.de, ghö/dpa