Frage & Antwort

Trotz Antriebslosigkeit Kann Bewegung auch bei Depressionen helfen?

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Depression-Erkrankte sollten sich einen Sport suchen, der ihnen Spaß macht.

Depression-Erkrankte sollten sich einen Sport suchen, der ihnen Spaß macht.

(Foto: picture alliance / Shotshop)

Antriebslosigkeit ist ein häufiges Symptom bei Depressionen. Dabei kann körperliche Aktivität helfen, die anderen Symptome zu lindern. Aber wie können Betroffene in Bewegung kommen? Und gibt es Sportarten, die besonders gut geeignet sind?

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Behandeln lassen sie sich mit Psychotherapie, Medikamenten - und mit Bewegung. Denn körperliche Aktivität kann dazu beitragen, depressive Beschwerden zu lindern, das ist wissenschaftlich erwiesen.

Gleichzeitig ist es aber für die meisten Erkrankten extrem schwierig, aktiv zu sein - eine Depression bedeutet ja unter anderem, antriebslos und leer zu sein. Aber: Vom Nichtstun wird es nicht besser. Sport und Bewegung sind oft fester Bestandteil der Depressionstherapie in der Klinik, aber auch in ambulanten Programmen, erklärt Jens Kleinert, Professor für Sport- und Gesundheitspsychologie und derzeit Leiter des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln.

Rat und Nothilfe bei Suizid-Gefahr und Depressionen
  • Bei Suizidgefahr: Notruf 112
  • Deutschlandweites Info-Telefon Depression, kostenfrei: 0800 33 44 5 33

  • Beratung in Krisensituationen: Telefonseelsorge (0800/111-0-111 oder 0800/111-0-222, Anruf kostenfrei) oder Kinder- und Jugendtelefon (Tel.: 0800/111-0-333 oder 116-111)
  • Bei der Deutschen Depressionshilfe sind regionale Krisendienste und Kliniken zu finden, zudem Tipps für Betroffene und Angehörige.
  • In der Deutschen Depressionsliga engagieren sich Betroffene und Angehörige. Dort gibt es auch eine E-Mail-Beratung für Depressive.
  • Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen zur Depression bieten die örtlichen Kontaktstellen (KISS).

Vier Faktoren sind es Kleinert zufolge, die für die positive Wirkung von Sport im Zusammenhang mit Depressionen sorgen: Aktivierung, verbesserte Stimmung, ein verbessertes Selbstkonzept und stärkere soziale Einbindung.

Aktiver werden

Sport und regelmäßige Bewegungsaktivität helfen dabei, dass Müdigkeit und Antriebslosigkeit weniger werden. "Depressive Menschen fühlen sich vitaler, wacher und aktiver", sagt Kleinert, und dadurch besser in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen.

Gefühle erleben

Depressiv Erkrankte empfinden oft eine emotionale Leere, so der Psychologe. "Sport kann dies häufig zumindest teilweise durchbrechen." Und zwar, weil - je nach Sportart - viele verschiedene Emotionen angesprochen werden. Kleinert nennt als emotionale Momente etwa das sich Verbessern, Gewinnen und Verlieren, vor allem das gemeinsame Sporttreiben.

Sich selbst positiver wahrnehmen

Betroffene haben Probleme mit ihrem Selbstwert- und dem eigenen Körpergefühl. Sport und Bewegung helfen: "Sie lernen Neues oder verbessern ihre Fähigkeiten, zum Beispiel Kraft, Beweglichkeit oder Ausdauer. Der Körper wird dadurch positiv erlebt und eine positive Entwicklung wahrgenommen, was das Selbstwertgefühl steigert."

Gemeinschaft erfahren

Sich zurückziehen, wenig mit anderen zu tun haben, sich isoliert fühlen, das kennen viele Depressionspatienten. Auch hier kann Sport Verbesserungen erreichen, insbesondere durch Bewegung in der Gruppe, sagt Kleinert: "Es muss nicht unbedingt Mannschaftssport sein - auch ein Yogakurs oder gemeinsames Fitnesstraining führen zu einem Gemeinschaftserleben."

Gerade wenn man beim letzten Punkt vielleicht sofort ein wenig zuckt, weil Mannschaftssport oder Yogakurs irgendwie schwierig klingen - es gibt auch andere Möglichkeiten, sportlich aktiv zu sein, die auch sehr wirksam sind.

Sportarten, die am besten helfen

Grundsätzlich können fast alle Sportarten helfen. "Bewegung ist eine wirksame Behandlungsmethode bei Depressionen. Gehen oder Joggen, Yoga und Krafttraining sind dabei effektiver als andere Sportarten, insbesondere wenn sie intensiv betrieben werden", so die Autoren einer britischen Metastudie. Sie hatten 218 verschiedene randomisierte klinische Studien mit insgesamt 14.170 Teilnehmern, die an Depressionen litten, untersucht und dabei verschiedene Sportarten miteinander verglichen.

Tatsächlich wurde Ausdauertraining lange als besonders wirksam bei Depressionen angesehen, da es die neuronalen Veränderungen positiv beeinflusst, so Kleinert.

Kraft- und Fitnesstraining etwa seien aber auch wirksam, weil der Patient sein Körperkonzept stärkt und seine Entwicklungsfortschritte positiv erlebt. "Gerade Krafttraining führt recht schnell zu kleinen Erfolgen, die das Selbstkonzept positiv beeinflussen."

Sport soll Freude machen

150 Minuten pro Woche sollen gesunde Erwachsene sich in moderater oder 75 Minuten mit hoher Intensität bewegen, empfiehlt die WHO. Daran kann man sich auch bei der Behandlung einer depressiven Störung oder von depressiven Symptomen orientieren, so die Autoren des im Magazin Praxis erschienenen Fachartikels "Freude durch Sport und Bewegung bei psychischen Erkrankungen".

"Entscheidend ist, dass eine Sport- und Bewegungsform gefunden wird, bei der die Betroffenen Freude erleben und die sie mit Spaß und vor allem regelmäßig und langfristig umsetzen", sagt Sportpsychologe Kleinert. Dabei können eine Gruppe und feste Zeiten helfen.

Quelle: ntv.de, Carla Benkö, dpa

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