Rätsel um Verwendungszweck Hobbyarchäologen finden römisches Dodekaeder


Römische Dodekaeder sind ungefähr faustgroß. Der zuletzt entdeckte misst acht Zentimeter ohne Kugeln.
(Foto: Norton Disney History and Archaeology Group/picture alliance)
In England machen Hobbyarchäologen einen besonderen Fund. Sie entdecken ein Objekt aus Metall, das gut erhalten ist und insgesamt zwölf gleich große Flächen besitzt. Es ist nicht das erste Gebilde dieser Art, doch wozu sogenannte Dodekaeder im Römischen Reich dienten, bleibt ungewiss.
Ein Team von Hobbyarchäologen hat im englischen Norton Disney ein Dodekaeder entdeckt. Der gut erhaltene Fund, der bereits im Juni 2023 ausgegraben wurde, wird auf das 3. bis 4. Jahrhundert datiert. Es handelt sich bei dem Objekt um "ein Beispiel hoher Handwerkskunst", schreiben die Mitglieder der Norton Disney History and Archaeology Group in einer Mitteilung. Das besonders schöne Exemplar sei in einem ausgezeichneten Zustand. Es sei in einem Stück gegossen worden.
Das spezielle Objekt mit einer Höhe von 8 Zentimetern und einem Gewicht von 254 Gramm ist nicht das einzige seiner Art. Bisher wurden bereits 32 Dodekaeder oder Teile davon auf dem Gebiet des damaligen römischen Britanniens und rund weitere 100 im gesamten ehemaligen römischen Gebiet entdeckt.
Alle Gebilde sind aufwendig aus Bronze hergestellt worden, faustgroß und hohl. Sie werden der sogenannten galloromanischen Kultur zugeordnet. Die zwölf gleich großen Außenflächen weisen runde Bohrungen auf, die allerdings verschieden groß sind. Zudem wurden an allen Ecken, an denen die fünfeckigen Flächen aufeinandertreffen, kugelförmige Verzierungen angebracht. Bei intakten Dodekaedern sind es genau 20.
Wertvoll und mysteriös
Die aufwendige Herstellung der Artefakte weist darauf hin, dass es sich zur Zeit des Römischen Reiches um wertvolle Gegenstände gehandelt haben muss. Doch es gibt weder in Schriften aus dieser Zeit noch durch die Ausgrabungen selbst Hinweise zur Verwendung der römischen Dodekaeder. Umso vielfältiger sind die Theorien dazu. Sie reichen vom Kerzenständer über Vermessungsinstrument bis zum Knauf eines Zepters. Denkbar sei auch, dass es sich um ein Instrument zur Überprüfung von Münzgrößen, ein astronomisches Instrument oder ein Strickwerkzeug speziell für Handschuhe handeln könnte.

Stolz präsentieren die Freiwilligen des Vereins ihren Fund.
(Foto: Norton Disney History and Archaeology Group/picture alliance)
Dem widersprechen allerdings die Hobbyarchäologen des Vereins in ihrer Mitteilung. "Sie haben keine Standardgröße und sind daher keine Messgeräte. Sie weisen keine Gebrauchsspuren auf und sind daher keine Werkzeuge. Es handelt sich auch nicht um Strickgeräte." Da in die Herstellung des gefundenen Dodekaeders viel Zeit, Energie und Geschick investiert wurde, wurde es wohl nicht für alltägliche Zwecke verwendet, so die Begründung weiter. "Die wahrscheinlichste Verwendung liegt unserer Meinung nach in rituellen und religiösen Zwecken." Da laut römischen Gesetz die Auseinandersetzung mit Themen wie Wahrsagerei oder Magie verboten war, gleichzeitig die römische Gesellschaft voller Aberglauben lebte, wurden damals dazu auch keine Schriften verfasst, die heute weiterhelfen könnten.
Ausgrabungen sind spendenfinanziert
Die Entdecker des Dodekaeders gehen davon aus, dass es an der Fundstelle vor rund 1700 Jahren absichtlich in einem ausgehobenen Loch oder in einer Art Steinbruch vergraben wurde. Sie stöberten am vorletzten Tag ihrer Ausgrabungen außer dem Dodekaeder auch römische Keramik aus dem 4. Jahrhundert auf. Doch das Geld, das für die Ausgrabungen 2023 zur Verfügung stand, reichte nicht für eine Verlängerung aus. Für 2024 sind aber weitere Ausgrabungen geplant.
Die Mitglieder des Vereins haben die große Hoffnung, etwas zu finden, womit endlich das Rätsel zur Verwendung der römischen Dodekaeder gelöst werden kann. Die Genehmigung für weitere Ausgrabungen liegen dem Verein zufolge schon vor, doch an der Finanzierung hapert es noch. Der Verein sammelt deshalb Spendengelder.
Das neu entdeckte Dodekaeder wurde als archäologisches Fundstück der Abteilung für Altertümer des Britischen Museums registriert und analysiert. Es handelt sich demnach um eine Kupferlegierung, die aus einem Großteil Kupfer, aber auch aus Blei und Zinn besteht. Das Dodekaeder wurde nach seinem Fundort benannt und trägt den Namen Norton-Disney-Dodekaeder. Es kann noch bis Anfang September 2024 im Lincoln Museum besichtigt werden. Der Eintritt zu diesem Teil der Ausstellung ist kostenlos.
Quelle: ntv.de