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Wiedersehen auf Augenhöhe Aston Martin DBS - zwei Zeiten, eine Welt

Innerhalb von 55 Jahren hat sich die Optik der beiden Aston Martin doch schon deutlich verändert.

Innerhalb von 55 Jahren hat sich die Optik der beiden Aston Martin doch schon deutlich verändert.

(Foto: Patrick Broich)

Die Bezeichnung DBS nutzte Aston Martin das erste Mal vor 55 Jahren für ein Fahrzeug. Vor nicht allzu langer Zeit haben die Briten das Kürzel neu entdeckt. Jetzt tragen es die Topmodelle. Heute geben der Vantage und der Vanquish als DBS ein spannendes Pärchen ab.

Es gibt bei Aston Martin keine konsistente Modellentwicklung. Waren Vantage-Modelle in der Vergangenheit meist die Spitzenversionen der Baureihen wie auch beim historischen DBS Vantage, stellen sie heute die Einsteiger-Sportwagen dar. Im DBS-Falle liegen die Dinge sogar noch etwas anders - Ende der Sechziger war er ohnehin das einzige Modell und Aston Martin generell deutlich höher angesiedelt als heute.

Am Heck der beiden Protagonisten ist nur am Vantage das DBS-Hoheitszeichen.

Am Heck der beiden Protagonisten ist nur am Vantage das DBS-Hoheitszeichen.

(Foto: Patrick Broich)

Insofern ist das Wiedersehen nach ziemlich genau 55 Jahren eins auf Augenhöhe, wenngleich unser DBS-Vergleichscoupé nicht das Topmodell mit dem Achtzylinder ist, der kam erst später. Aber immerhin der stärkere Sechszylinder-Vergaser mit dem traditionellen Namenszusatz - Vantage.

Der aktuelle DBS trägt einen mächtigen Turbo-Zwölfzylinder im Transaxle-Layout (Motor vorn, Getriebe an der Hinterachse) zur optimalen Gewichtsverteilung unter der Haube. Aston Martin hält am König unter den Verbrennungsmotoren fest, bis das Unternehmen in wenigen Jahren im größeren Stil auf Elektromobilität umstellen möchte. Tipper auf den großen, gläsernen Startknopf, und das 5,2 Liter große Aggregat "summt" an und verfällt in einen sanften Leerlauf. Die Fahrstufen der achtgängigen Wandlerautomatik lassen sich analog zum Motorstart per Knopfdruck wählen.

Der 12-Zylinder im Vanquish ist bei aller Kraft natürlich ein Wunder an Laufruhe.

Der 12-Zylinder im Vanquish ist bei aller Kraft natürlich ein Wunder an Laufruhe.

(Foto: Patrick Broich)

Diese Methode hat beim Hersteller seit dem 2001 eingeführten Vanquish Tradition. Ansonsten keine Überraschungen im DBS, stattdessen Beständigkeit im Sinne der Marken-Architektur - jetzt allerdings mit einem Schuss Mercedes in Form des aus Stuttgart stammenden Dreh-Drück-Stellers in der Mittelkonsole. Allerdings fällt die über die Jahre deutlich gesteigerte Verarbeitungsqualität ins Auge. Mittlerweile können sich die Briten diesbezüglich durchaus mit größeren Herstellern messen.

Wenn 725 PS an der Hinterachse wüten, ist es schwierig, die Leistung auf die Straße zu bringen. Das 1,7 Tonnen schwere Aston-Topmodell ist ein charmanter Gran Turismo mit überbordenden Leistungsreserven, die man jedoch erst jenseits von Richtgeschwindigkeit nutzen kann, weil vorher vor allem Gummi auf der Straße bleibt. Der DBS kann kaum laufen vor lauter Kraft. Aber er betört mit seinem säuselnden Zwölfzylinder-Klang und verwöhnt trotz zarter Sportlichkeit mit einem ausgewogenen Fahrwerk. Damit er sicher wieder von seiner Topspeed - fast 340 km/h - herunterkommt, gibt es Keramikbremsscheiben. Mit dem DBS auf die Langstrecke zu gehen, ist zumindest kein unangenehmes Unterfangen.

Eher ein Sonntagsauto

Spartanisch wirkt das Innenleben des DBS Vantage.

Spartanisch wirkt das Innenleben des DBS Vantage.

(Foto: Patrick Broich)

Der erste DBS ist eher als Sonntagsauto empfehlenswert, das man ab und an genießen kann. Als tägliches Nutzobjekt müsste man zu dem betagten Coupé schon eine spezielle Beziehung pflegen - das Hantieren mit ihm ist definitiv mehr Arbeit als mit dem Neuwagen. Lustvolle Arbeit könnte man das Fahren mit dem Sechszylinder immerhin nennen. Die Vantage-Version mit drei Weber-Doppelvergasern sorgt für 325 PS an der Hinterachse - heute ein respektabler Wert, vor mehr als fünf Jahrzehnten ein wahrer Hammer. Der Umgang mit dem raren Coupé sollte verantwortungsvoll sein, denn provozierter Traktionsmangel in Verbindung selbst mit nur ein wenig Lenkwinkel könnte schnell mit erheblichen Blechschäden enden.

Also bitte nicht die potenziell mögliche Querbeschleunigung ohne Bedacht prüfen, was nicht heißt, dass man keinen Fahrspaß hat. Bei trockener Fahrbahn und ab einem gewissen Tempo darf die Kurbelwelle ruhig rotieren. Dann entwickelt der vier Liter große Reihensechszylinder nicht nur ein feines Timbre, sondern genug Schub, damit die aufwendig konstruierte De-Dion-Hinterachse jede Menge zu tun bekommt. Wer mit dem Gedanken spielt, einen DBS anzuschaffen, sollte gut überlegen, ob er eine Version mit Schaltgetriebe oder Dreigangautomatik wählt.

Mit 325 PS gehörte der Reihensechszylinder des DBS Vantage seinerzeit zu den absoluten Top-Aggregaten.

Mit 325 PS gehörte der Reihensechszylinder des DBS Vantage seinerzeit zu den absoluten Top-Aggregaten.

(Foto: Patrick Broich)

Sportlich ist die Box kaum, dazu sind die Schaltwege einfach zu lang. Wer es als Herausforderung betrachtet, mit dem Fünfgänger virtuos umzugehen, wird seinen Spaß an ihm finden. Apropos lange Strecken: Am Platzangebot scheitert die kommode Reise mit dem über 50 Jahre alten Briten nicht, der breite Mitteltunnel lässt das Interieur geräumig wirken, trotzdem bleibt noch genügend Raum für die beiden vorderen Passagiere. Hinten will man weder im noch im alten DBS unbedingt länger als nötig verbringen.

Konzepte fast deckungsgleich

Aston Martin DBS alt und neu sind als Fahrzeug-Konzepte ziemlich deckungsgleich: Unter den langen Motorhauben der 2+2-Coupés stecken starke, seidige Maschinen, der Antrieb erfolgt über die Hinterräder. Beide sind als eher komfortable Gran Turismo-Lösungen ausgelegt. Allerdings fällt das Design des Klassikers im Verhältnis noch einen Tick extravaganter aus als das der aktuellen Ausbaustufe. Vor allem das Heck mit der ultraflachen Scheibe samt anschließendem Kofferraumdeckel dürfte sich in die Köpfe der Passanten einbrennen, während das 2021er-Modell zwar Sehnsucht weckt, aber am Ende doch ein konventioneller Sportwagen ist. Hier bedarf es schon einer knalligen Farbe, um den Aston maximal extrovertiert zu machen.

Verglichen mit dem DBS Vantage ist der Innenraum des DBS Vanquish ein absoluter Luxustempel.

Verglichen mit dem DBS Vantage ist der Innenraum des DBS Vanquish ein absoluter Luxustempel.

(Foto: Patrick Broich)

Mit einem Grundpreis von 65.000 Mark war der DBS Vantage seinerzeit übrigens unfassbar teuer. Zum Vergleich: Selbst ein Mercedes 600 der Baureihe W100 lag mit 58.000 Mark deutlich darunter. Ein Maybach 57 kostete dagegen vor zehn Jahren bereits über 405.000 Euro, während das heutige DBS Coupé bei 275.000 Euro startet. Ein Mercedes 300 SEL 6.3 war im Jahr 1968 für 39.520 Mark zu haben, während das neue Topmodell der S-Klasse als Grundmodell mit 219.704 Euro notiert, mit ein paar wenigen Sonderausstattungen aber locker auf das Preislevel des aktuellen DBS gebracht werden kann.

Eine voraussichtlich halbwegs sichere Geldanlage ist der alte DBS Vantage, den es heute ab rund 120.000 Euro gibt, während der neue DBS zunächst an Wert verliert, aber dafür die bequemere Alltagsbegleitung ist. Luxusprobleme hat, wer sich mit solchen Gedanken trägt. Aber so ist es eben mit den Luxuskarossen. Die Faszination ist ungebrochen, was sich erst einmal auch nicht ändern dürfte.

Quelle: ntv.de, Patrick Broich, sp-x

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