Achtsitzer wie auf Wolken Neue Mercedes V-Klasse - letzte Auffrischung


Auch die Mercedes V-Klasse darf ab sofort die berühmte Kühlerfigur tragen, den "guten Stern auf allen Straßen".
(Foto: Mercedes)
Die Mercedes V-Klasse der Baureihe 447 bekommt ein letztes Update. Neben optischen Retuschen gibt es auch einen neuen Benziner. Zudem wird ihr beleuchteter Kühlergrill auf Wunsch jetzt von einer Figur gekrönt, die sonst nur den teuren Limousinen vergönnt ist. ntv.de war mit dem Van unterwegs.
Schon die erste Begegnung mit der aufgefrischten V-Klasse war recht entspannend. Mercedes hat es sich nicht nehmen lassen, sie gleich als Shuttle vom Flughafen einzusetzen und bei Ankunft der Truppe eingeladen, in den bequemen Luxussitzen (kosten mehr als 5000 Euro Aufpreis!) Platz zu nehmen. Auch mal schön, sich fahren zu lassen.

Die 5,14 Meter messende Langversion wirkt schon ausladend. Es geht noch länger mit 5,37 Metern, aber auch deutlich kompakter mit 4,90 Metern.
(Foto: Mercedes)
Dabei lehne ich mich gemütlich zurück, horche dem Vierzylinder-Diesel und genieße die aufpreispflichtige Luftfederung. Mehr als ein leises Murmeln dringt da nicht in den großzügigen Innenraum und das Fahrwerk agiert sanft, als schwebe der mit 3,20 Meter langem Radstand gesegnete Van auf Wolken. Auf den kleinen Tischchen in der Mitte stehen Champagnergläser mit einem Metallkern drin, sodass sie per Magnet stabilisiert werden. Macht der Fahrer eine Vollbremsung, schwappt höchstens das Getränk über den Gläserrand - und befleckt hoffentlich nicht die samtweichen Überzüge der Kopfstützen. Massagefunktion oder Klimatisierung der Polster? Klar, gibt es nicht nur in der S-Klasse, sondern eben auch in diesem luxuriösen Van.

In den teuren Luxussitzen weilt es sich hervorragend. So passen natürlich keine sechs weiteren Personen in das hintere Abteil.
(Foto: Mercedes)
Doch ich bin ehrlich, ich möchte mich gar nicht chauffieren lassen. Das kann mal ganz witzig sein, aber ich bin eher der Fahrertyp. Irgendwann nehme ich also den Platz am Steuer ein, hinter dem es sich auch ganz gut aushalten lässt. Natürlich wird es V-Klassen geben, die von Chauffeuren kutschiert werden - aber in deutlich häufigeren Fällen dürften einfach bloß ganz ordentlich situierte Familienväter und -mütter als Fahrer in Betracht kommen. Und dann vermutlich ohne Luxussitze hinten, aber dafür mit ganz soliden und bequemen Sesseln vorn (die sind übrigens serienmäßig) plus guter Rundumsicht. Und mit bis zu acht Sitzgelegenheiten insgesamt. Na klar, die V-Klasse strotzt vor Praxistauglichkeit. Aber welche Motorisierung soll es werden?
Souverän in den stärksten Varianten

Optisch leicht angepasste Rückleuchten sowie der feine Mercedes-Benz-Schriftzug unterhalb der Heckscheibe stehen für den neuesten Jahrgang der V-Klasse.
(Foto: Mercedes)
Ich starte mit einem V 300d und Hinterradantrieb - denn es müssen nicht immer zwei angetriebene Achsen sein. Spart nämlich Gewicht und Kraftstoff. Und genau wie bei der Mitfahrt höre ich auch vorn den mild schnarrenden Vierzylinder mit dem Code OM654. Jetzt allerdings habe ich die Macht über das 237 PS starke Kraftpaket und vor allem über geballte 500 Newtonmeter Drehmoment schon kurz ab Standgas. Souveränität ist also, wenn man das rechte Pedal gefühlt nur wenige Millimeter bewegt und damit sanfte Gewalt auf das Kreuz ausübt, ohne die neungängige Wandlerautomatik herunterschalten zu lassen. Und sollte sie es doch tun, gelingt ihr das in einer sämigen Art. Außerdem zeigt sich der geräumige 2,6-Tonner sparsam mit maximal 8,4 Litern Dieselkraftstoff je 100 Kilometer.
Umstieg in den lautlosen EQV. Tausche Mehrgewicht (allerdings nicht einmal 100 Kilogramm) gegen Minderleistung und beobachte, was passiert. Hier gibt es "nur" 204 PS und 362 Newtonmeter, aber der eben erwähnten Souveränität tut das keinen Abbruch. Bekanntermaßen zeichnen sich Elektromaschinen durch hohe Elastizität aus; und so kommt auch dem EQV zugute, dass er keine Übersetzungen wechseln muss und einfach unbeirrt durchzieht bis zur abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Dagegen ist der Diesel mit 220 Sachen ein ganz schöner Express-Van. Die Schwäche der elektrisch angetriebenen V-Klasse ist nach wie vor ihre nicht ganz so ausschweifende Reichweite und eine relativ maue Ladeperformance. Es ist schon spannend, dass Mercedes in der Pressemappe bereits jetzt Werbung für die ab 2026 startende Plattform "Van.EA" macht, die dann nicht zuletzt mit 800 Volt bestechen wird.
Ladeperformance nicht mehr up to date

Große Klappe und auch viel dahinter: Je nach Sitzkonfiguration passen hunderte bis tausende Liter in den Gepäckraum.
(Foto: Mercedes)
Aktuelle EQV-Kunden hingegen müssen sich damit zufriedengeben, dass die Ingenieure am Thermomanagement gearbeitet beziehungsweise dieses überarbeitet haben. So nutzt das System inzwischen die Abwärme sowohl des Akkus wie auch der Elektromaschine, um die Effizienz weiter zu erhöhen. Ein Blick auf die kombinierte Reichweite von 365 Kilometern (WLTP) zeigt aber, dass der ausladende Benz öfter mal an den Stecker muss - ist eben nicht so aerodynamisch wie ein Sportwagen. Und seine 90-kWh-Batterie (netto) lädt bloß mit etwas mehr als 100 kW im Peak. Da ist dann die neueste MBUX-Generation lediglich ein schwacher Trost. Immerhin: Sie rechnet die Ladestopps bei der Navigation gleich mit ein unter Berücksichtigung vieler Parameter wie Stromverbrauch (im Mittel übrigens rund 27 kWh je 100 Kilometer), Topografie oder Verkehr.
Wer unglücklich sowohl mit Diesel als auch Elektroausgabe ist, darf bald auch noch einen 231 PS starken Zweiliter-Benziner wählen. Der Vierzylinder verrichtet seine Arbeit leise (dank guter Dämmung) und munter, präsentiert sich außerdem mild hybridisiert und boostet daher mit zusätzlichen 20 elektrischen Pferdestärken. Fährt man im Eco-Modus, schaltet der Verbrenner bei Lupfen des Gaspedals außerdem konsequent ab. Bei sämtlichen Antriebsvarianten gleich ist das große Arsenal an Assistenten. Das vor Ort betreuende Mercedes-Team wirbt übrigens für den mit aktiver Lenkung (statt über Bremseingriffe) angeblich sanfter arbeitenden Spurhalteassistenten. Lässt sich zum Glück zügig ausschalten auf dem sogenannten Widescreen. Das sind die beiden bei Mercedes in anderen Modellreihen zwar bekannten, aber in der V-Klasse nun erstmals zum Einsatz kommenden 12,3 Zoll großen Display-Einheiten, von denen diejenige auf der rechten Seite berührungsempfindlich ist.
V-Klasse jetzt mit Kühlerfigur
Sie brauchen weitere Entscheidungshilfe? Während bei den konventionellen Mercedes-Personenwagen das klassische Markengesicht mit Stern als Kühlerfigur immer häufiger entfällt, kommt erstmals in der Geschichte ein Van genau in diesen Genuss: Wählt man die Ausstattungslinie "Exclusive", fährt der aufrecht stehende Stern stets mit. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings - in Verbindung mit elektrischem Antrieb besteht diese Möglichkeit nicht. Ob die Marketingstrategen die Kühlerfigur-Fraktion wohl für zu konservativ halten, als dass sie sich jemals für einen EQV entscheiden würden? Dem Team "Elektro" bleibt dann immerhin der beleuchtete Kühlergrill, ist ja auch fancy. Und 64 verschiedene zur Auswahl stehende Farben für das Ambientelicht sowieso.
Und Digital Natives dürfen sich auf eine leistungsfähige Sprachbedienung gefasst machen. Wenngleich ChatGPT in dieser Generation noch fehlt, versteht die Anlage hingenuschelte Sprache dennoch ausgezeichnet und beantwortet auch Fragen jenseits automobiler Belange. "Wie viele Einwohner hat Paris?", frage ich zum Abschluss. Prompt kommt die Antwort.
Mit einem Einstiegspreis von 57.483 Euro ist die mit viel Nutzwert gesegnete V-Klasse indes kein Schnäppchen. Dann rollt der komfortable Nutzwertprofi mit 163-PS-Diesel an den Start in der kompakten Länge von 4,90 Metern. Ob man zur längsten Variante (5,37 Meter) greift, sollte man sich - unabhängig vom Budget - überlegen angesichts knapper werdenden Parkraums trotz Kamerasystems samt gestochen scharfer Bildgebung. Die Qual der Wahl bietet eben auch die V-Klasse der jüngsten Ausbaustufe. Und die ist nach der mutmaßlich letzten Auffrischung erst einmal fit für die Zukunft. Zumindest dürfte das für die Verbrenner-Modelle auch dann noch gelten, wenn Mercedes in zwei Jahren mit "Van.EA" in ein neues Elektrozeitalter fährt.
Quelle: ntv.de