Stärkste Variante des Pick-ups Ford Ranger Raptor - Transporter und Lifestyler
16.11.2022, 07:06 Uhr
Die 5,36 Längenmeter sieht man dem Ford-Pick-up Ranger Raptor kaum an.
(Foto: Patrick Broich)
Strenggenommen ist ein Pick-up ja ein schönes Nutzfahrzeug. Doch Ford schafft es, den neuen Ranger emotional zu machen. Und das Topmodell Raptor kommt wiederum noch emotionaler daher - mit Klappenauspuff und Dreiliter-Sechszylinder.
Zugegeben, es gibt regere Absatzmärkte für Pick-ups als Deutschland. Dennoch schätzen so manche private wie auch gewerbliche Kunden dieses nützliche Fahrzeugsegment, um damit Transportaufgaben diverser Art zu bewältigen. Doch Pick-ups sind immer gleichzeitig auch Lifestyler mit der Fähigkeit, Blicke auf sich zu ziehen - denn sie haben eine ausgeprägte Fangemeinde. Viele Vertreter dieser Klasse tragen schließlich große Achtzylinder unter der Motorhaube - meistens sind das aber noch andere Gewichtsklassen, und das eher in den USA.

Obwohl der Ranger eigentlich ein Nutzfahrzeug ist, ist er längst zum Lifestyle geworden: Die schwarzen Alus sehen cool aus.
(Foto: Patrick Broich)
Doch wo viel Feuer unter der Haube steckt, ist meist viel Emotion bei den Kunden. So ist es womöglich kein Zufall, dass Ford seine jüngste Generation des Ranger (Eintonnen-Segment) zunächst in der Raptor-Ausführung zu den Kunden rollen lässt. Und war der Raptor vormals noch ein schnöder Diesel, spendiert der Konzern der Topvariante (ab 79.432 Euro) jetzt ein emotionales Stück Maschinenbau. Drei Liter Hubraum aus sechs Zylindern sind in einer Zeit, da Verbrenner von nicht wenigen Menschen eher als Auslaufmodell betrachtet werden, eine ziemliche Ansage.
Ist der Ranger Raptor daher anachronistisch? Mitnichten, denn bei aller Elektro-Euphorie darf ja auch nicht vergessen werden, dass Benzinverkoster noch 13 Jahre verkauft werden aus der Jetzt-Perspektive. Und warum sollte es beim Ranger nicht eine Nummer luxuriöser als früher zugehen mit einem kultivierten Motor.
Futuristisch und klassisch
Nun lass endlich das trotz klassischer Formgebung futuristisch dreinschauende Trumm mit markanter LED-Signatur erklimmen (klappt dank Trittbrett gut) und seinen Twinturbo-V6 starten. Jetzt horche: Wohlig sonor klingt es kurz nach dem Anlassen und richtig schnauben kann der Sechsender ebenso. Obwohl kein Sportwagen, verpflanzten die Techniker eine Klappen-Abgasanlage, um diverse Arten der akustischen Entfaltung zu ermöglichen. Ein Traum für Autoenthusiasten - den Ranger Raptor möchten jedenfalls auch Kunden haben, die so gar kein sperriges oder voluminöses Ladegut zu transportieren haben. Dabei können Gegenstände von 1,22 Metern Breite und 1,56 Metern Länge auf die Pritsche.
Bleibt nur zu hoffen, dass sieben Modi (von "Normal" über "Sport" oder "Sand" bis hin zu "Baja") nicht zu viel des Guten sind und die Fahrerschaft überfordern. Ich lasse den neuen Raptor nach der Anreise zur Kiesgrube in "Normal" jedenfalls so richtig eskalieren - freilich im aggressivsten Modus "Baja". Mit voller Last über das Geröll, Tempo aufbauen und dann mit solch einem Schmackes über den Hügel, dass die überaus stabile Leiterrahmen-Konstruktion gefühlt locker einen bis anderthalb Meter abhebt, um sanft wieder zu landen, als sei nichts gewesen. Dabei lässt der Kraxler auch mal die eine oder andere kontrollierte Fehlzündung knallen - die Passagiere haben Spaß.
Rauf auf die steilen Hänge
Was kann der Raptor noch? Per Geländewagen-Tempomat mit maximaler Achsverschränkung über Pfade kriechen, die man selbst zu Fuß nur mühevoll absolvieren könnte. Natürlich mit zwei 100-Prozent-Sperren und Geländereduktion, falls der erste Gang einer Zehnstufen-Wandlerautomatik immer noch nicht reichen sollte. So kann der Ford derart steile Hänge erklimmen, die sogar von unten aus schwindelig machen, wenn man einfach nur hochblickt. Allerdings kann eine Achse je nach Modus entkoppelt werden aus Effizienzgründen - dann fährt der Raptor mit nur einer Antriebsachse.
Bei all der Konzentration, mit der man solchen Extrembedingungen begegnen sollte, geht beinahe unter, dass der Ranger ja in der Zwischenzeit richtig modern geworden ist. Ein riesiger Touchscreen lädt zum Bedienen, aber auch zum Spielen ein. Oder einfach nur zum Gucken. Dass Ford die mechanischen Anzeigen längst ausgemistet hat, ist ja aus den anderen jungen Modellen hinlänglich bekannt. Die induktive Ladefläche für das Smartphone sei erwähnt, sie ist praktisch.
Der stylisch geformte Automatikwählhebel muss auch erwähnt werden - allerdings als Beispiel dafür, dass man die Handhabe hier besser hätte lösen können. Er liegt zwar gut in der Hand, beherbergt aber zwei Drucktasten. Neben jener, die den Hebel entsperrt, auch noch jene, die für das Umschalten in den manuellen Modus zuständig ist. Das sorgt für Verwirrung und macht die Sache hakelig.
Die üblichen Helferlein vom autonomen Bremsassistenten über Spurwarner bis zur Totwinkel-Kontrolle können an einem Ranger anno 2022 natürlich auch nicht vorüberziehen.
Reichhaltige Zylinder-Auswahl
Wer der Meinung ist, im Ranger keinen Sechszylinder spazierenfahren zu müssen, bekommt ja noch diverse kleinere Selbstzünder. Los geht es mit 125 kW/170 PS aus zwei Litern Hubraum, dann kommt der ebenfalls vierzylindrige und zwei Liter große Biturbo - mit 151 kW/205 PS und 500 Newtonmetern Drehmoment auch nicht gerade schwach auf der Brust. Sechszylinder als Diesel geht aber darüber hinaus auch noch - der Kunde hat eine reichhaltige Auswahl.
Und transportieren können die freilich nicht so fein klingenden Diesel-Ranger ebenso wie das luxuriöse Topmodell. Allerdings darf der Raptors leider nur 2,5 Tonnen an den Haken nehmen - hier könnte mehr gehen. Aber auch ganz ohne Nutzwertgedanken lässt sich mit der mächtig auftretenden Doppelkabine einfach maximal komfortabel über die Piste cruisen, gerne auch ein paar Hundert Kilometer am Stück und ebenso in der zweiten Reihe, wo auch nicht gerade Platzmangel herrscht.

In Extremsituationen hebt der Ranger auch schonmal ein Rad - und fährt dank Differenzialsperren trotzdem weiter.
(Foto: Patrick Broich)
Die Blicke der Passanten sind dem Eigner jedenfalls sicher, aber die Frage, um welches Fabrikat es sich handele, dürfte sich angesichts des XXL-Ford-Schriftzugs im Kühlergrill erübrigen. XXL ist der Ranger übrigens selbst mit 5,36 Metern Außenlänge.
Also - Berührungsangst mit ausladenden Gefährten ist nicht angeraten, möchte man den Ranger-Vertrag signieren. Das ist nämlich ab sofort möglich in der Erwartung, dass die Lieferung Anfang des Jahres eintreffen möge. Und bis dahin viel Vorfreude!
Technische Daten
- Pick-up der Eintonnenklasse, Länge: 5,36 Meter, Breite: 2,03 (2,21 mit Außenspiegeln) Meter, Höhe: 1,93 Meter, Radstand: 3,27 Meter
- 3,0-Liter-Sechszylinder-Otto mit Direkteinspritzung und doppelter Turboaufladung, 212 kW/288 PS, maximales Drehmoment: 491 Nm bei 2.300 U/Min, Zehngang-Automatik (Wandler), permanenter Allradantrieb
- 0-100 km/h: 7,9 s, Vmax: 180 km/h
- Durchschnittsverbrauch: 13,8 l, CO2-Ausstoß: 315 g/km
- Preise: ab 79.432 Euro
Quelle: ntv.de, Patrick Broich, sp-x