
Die Diskussion um das autonome Fahren geht schon einige Zeit. Aber wozu sind die Autos in der Lage und für welches Level reicht es?
(Foto: Mercedes)
Noch zur Jahrtausendwende und im folgenden Jahrzehnt wurde die Idee des autonomen Fahrens bei den Herstellern, allen voran Mercedes, großgeschrieben. Vor gut fünf Jahren schien man sich aber ob der Komplexität wieder davon zu verabschieden. Jetzt äußern die Stuttgarter neue Zuversicht. Aber wie weit reicht sie?
Die Bekanntgabe, dass Mercedes-Benz mit dem US-Unternehmen Luminar zusammengeht, um die Entwicklung selbstfahrender Autos voranzutreiben, hat die Träume derer beflügelt, die sich bereits jetzt in vollautonom fahrenden Autos sehen. Und vielleicht ist das gar nicht so verkehrt. Luminar ist ein Spezialist für Laser-Radare, mit denen Fahrzeuge ihr Umfeld abtasten können. Sollte die Luminar-Technik in Serienautos von Mercedes eingesetzt werden, so wie es der Plan der Stuttgarter ist, dann käme man diesem Ziel sicher ein Stück näher.
Level eins - assistiertes Fahren

Das assistierte Fahren auf Level eins kennen Besitzer eines nicht allzu alten Pkw schon.
(Foto: Mercedes)
Aber wie nahe? Bereits heute gibt es in gut ausgestatteten Fahrzeugen das sogenannte assistierte Fahren, das erste Level des autonomen Fahrens. Grundvoraussetzung ist hier, dass der Fahrer sein Auto ständig unter Kontrolle, also die Hände am Lenkrad haben muss und den Verkehr im Blick. Für Verkehrsverstöße und etwaige Schäden haftet der Fahrer, nicht der Hersteller oder die Assistenzsysteme.
Die gibt es nämlich auch und die können so einiges. So sorgt zum Beispiel der Tempomat dafür, dass die gewählte Geschwindigkeit beibehalten wird, der automatische Abstandsregeltempomat (ACC, Adaptive Cruise Control) bremst oder beschleunigt den Wagen je nach Entfernung zum vorausfahrenden Fahrzeug und sorgt dafür, dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird. Ebenfalls zum Fahren im Level 1 gehört der automatische Spurhalteassistent (LKAS, Lane Keeping Assistant System), der durch gezielte Lenkeingriffe oder akustische oder haptische Signale vor dem Verlassen der Spur warnt.
Level zwei - teilautomatisiertes Fahren

Auch das teilautonome Fahren auf Level zwei ist mit den heutigen Assistenzsystemen kein Problem mehr.
(Foto: Mercedes)
Auch im Level 2, dem teilautomatisierten Fahren gelten die unter Level 1 vermerkten Regeln für den Fahrer. Allerdings ist der Wagen, befähigt durch seine Assistenzsysteme, jetzt in der Lage, selbständig die Spur zu halten, zu bremsen und zu beschleunigen. Vorrangig passiert das im Stop-and-Go durch den sogenannten Stauassistenten.
Dafür kombinieren die Autohersteller verschiedene Einzelsysteme miteinander. Zum Beispiel den automatischen Abstandsregeltempomaten mit dem Notbrems- und dem Spurhalteassistenten. Gesteuert werden die über Kamerabilder und Radare, die in der Regel im Stoßfänger oder Kühlergrill des Fahrzeugs untergebracht sind. Auch der Überholassistent ist eine Level-2-Funktion. Ebenso das automatische Einparken, bei dem der Fahrzeugführer nicht mal mehr zum Lenkrad greifen muss. Allerdings muss er in der Lage sein, Fehlfunktionen der Assistenzsysteme jederzeit überwachen und korrigieren zu können.
Level drei - hochautomatisiertes Fahren
Erst das dritte Level, das hochautomatisierte Fahren, befreit den Piloten vorübergehend von den Fahraufgaben und erlaubt es ihm, sich vom Verkehr abzuwenden, weil der Wagen tatsächlich alle Aufgaben selbst übernimmt. Im Zuge des Zusammenschlusses mit Luminar hatte Mercedes dann auch mitgeteilt, noch im laufenden Jahr hochautomatisiertes Fahren in Serien-Luxuslimousinen der S-Klasse zu ermöglichen. Fahrer könnten dann zum Beispiel im Stau auf bestimmten Autobahnabschnitten die volle Verantwortung an das Fahrzeug übergeben.

Interessanter wird es beim hochautomatisierten Fahren auf Level drei. Hier darf der Fahrer die Verantwortung erstmals an die Systeme abgeben.
(Foto: Mercedes)
In der Automobilbranche hat sich inzwischen weitgehend die Einschätzung durchgesetzt, dass zumindest in nächster Zeit selbstfahrende oder auch nur hochautomatisiert fahrende Autos nicht ohne Laser-Radare auskommen können. Einzig Tesla-Chef Elon Musk hofft darauf, mithilfe künstlicher Intelligenz und dem ausschließlichen Einsatz von Kameras auskommen zu können.
Das mag für das Level drei sogar möglich sein, denn die Freigabe erfolgt hier nur auf Autobahnen. Dort gibt es keinen Gegenverkehr, zu großen Teilen eindeutige Fahrbahnmarkierungen und Straßen, die in Gänze digital erfasst und im Navigationssystem hinterlegt sind. Wenn jetzt neben den Kameras, die natürlich auch in einem Mercedes vorhanden sind, Radarsysteme das Umfeld überwachen, sollte die Sicherheit gegeben sein, dass der Fahrer, wenn er seinen Wagen in den hochautomatisierten Modus versetzt, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwenden kann: Zeitung lesen, am Tablet arbeiten oder sich den Kindern im Fond zuwenden. Kommt es allerdings dazu, dass das System eine Gefahr erkennt und diese signalisiert, muss der Fahrer umgehend das Fahrzeug übernehmen.
Mit Blick auf Mercedes ist das aber nichts, was die neue S-Klasse nicht schon kann. Hier fehlte für Deutschland bis dato nur die Freigabe, dass diese Funktionen in Gänze und vor allem rechtlich abgesichert genutzt werden dürfen. Insofern ist der eigentlich interessante Aspekt des Zusammengangs mit Luminar, ob es gelingt, den Sprung auf Level vier oder gar fünf zu schaffen. Teil des Deals ist nämlich, dass Luminar auch Zugang zu Daten für die weitere Entwicklung der Technologie von Mercedes bekommt.
Level vier - vollautomatisiertes Fahren

Auf Level vier, beim vollautomatisierten Fahren, darf der Fahrer die Verantwortung komplett an das Fahrzeug übergeben.
(Foto: Mercedes)
Was beinhaltet Level vier? Auf dieser Stufe darf der Fahrer die Verantwortung komplett abgeben, wird also zum Passagier, weil das Fahrzeug ganze Streckenabschnitte auf der Autobahn mit allen dazugehörigen Fahrmanövern selbständig bewältigt. Währenddessen dürfen die Passagiere schlafen, am Handy spielen oder Filme streamen. Das bedeutet aber auch, dass das System in der Lage sein muss, Gefahren rechtzeitig zu erkennen und nach den Regeln der Straßenverkehrsordnung in der Lage ist, vollständig richtig zu handeln. Und das ist wichtig, denn die Passagiere haften während der vollautomatischen Fahrt nicht für entstehende Schäden oder Verkehrsverstöße.
Und genau hier erhofft sich Mercedes einen Mehrwert vom Laser-Radar, den Luminar zur Verfügung stellen könnte. Denn der Lidar von Luminar soll bei Autobahn-Geschwindigkeiten rund 250 Meter weit sehen können. Luminar verspricht einen Preis von 500 bis 1000 Dollar pro Fahrzeug. Früher kosteten Lidar-Sensoren - die man vor allem als auffällige Zylinder auf Roboterautos kennt - Zehntausende Dollar.
Level fünf - autonomes Fahren
Letztes und angesagtes Ziel in einer aber noch etwas entfernten Zukunft wäre dann das Fahren auf Level fünf. Auf der letzten Stufe ist das autonome Fahren vollendet. Das Fahrzeug wird jetzt komplett von der Technik geführt und erledigt alle dazu erforderlichen Aufgaben selbständig. Dazu gehört der Kreuzungsverkehr ebenso wie das richtige Verhalten an Ampeln oder einem Zebrastreifen. Kurz, selbst die komplexen Fahraufgaben im Stadtverkehr muss der Wagen in voller Verantwortung beherrschen. Hier gibt es also keinen Autofahrer mehr, sondern nur noch Passagiere.
Quelle: ntv.de