Der Umwelt zuliebe? Jeep Wrangler PHEV - Strom fürs Gelände
17.06.2021, 10:22 Uhr
Mit seinen drei Herzen macht der Jeep Wrangler 4xe vor allem im Gelände eine gute Figur.
(Foto: Jeep)
Mit einem Benziner, der von zwei E-Motoren flankiert wird, soll der Jeep Wrangler 4xe nicht nur besser durchs Gelände kommen, sondern auch dem Wunsch nach einer umweltfreundlichen Fortbewegung entsprechen. Allerdings geht das Konzept auch hier nur mit großer Disziplin des Fahrers auf.
Wenn irgendwo auf der Welt Kinder zum Malen eines Geländewagens aufgefordert werden, wird wohl in 90 Prozent die klassisch-eckige Silhouette auf dem Papier landen. Eine Silhouette, wie man sie heute nur noch von der Mercedes G-Klasse und vom Jeep Wrangler kennt. Doch kein Rivale, ob der Toyota Landcruiser oder der Land Rover Defender, kann dem amerikanischen Traum von grenzenloser Freiheit den Mythos streitig machen. Der Jeep ist nun mal das Original, sein Name ist der Oberbegriff für eine ganze Gattung. Nur ein echter Jeep darf so heißen, was aber Freizeitgestalter in Feriencamps nicht davon abhält, "Jeep-Safaris" zu verkaufen. Auch wenn die Urlauber sich dann in einem schmächtigen Suzuki Jimny wiederfinden.

Etwas für Laien war so ein Jeep Wrangler noch nie. Auch in den 4xe Rubicon muss man sich erst einfuchsen.
(Foto: Jeep)
Die Gefahr, dass der Neuling im Jeep-Stall derart schnöde Aufgaben in Laienhand übernehmen muss, ist eher gering. Die Ausstattungsversion mit Namen Rubikon kostet immerhin 71.000 Euro, bietet im Gegenzug ein Paket an Elektronik gemixt mit analoger Handwerkskunst der alten Offroad-Schule. Die Kombination aus herkömmlichem Verbrenner mit elektrischer Zusatzpower ist zwar weithin bekannt, aber auch umstritten. Allerdings kommt sie in einem lupenreinen Geländewagen wie dem Wrangler in besonderer Weise zur Geltung. Denn gerade abseits fester Straßen soll der Allradler die Messlatte hochsetzen. Dazu wurden Lichtmaschine und Anlasser aus dem Motorraum verbannt und durch einen kompakten E-Motor als Generator ersetzt, der zusätzliche Durchzugskraft liefert.
Üppiges Drehmoment
Doch damit nicht genug: Ein weiterer E-Motor mit ordentlichen 145 PS ist im Automatikgetriebe versteckt. Dank zweier Kupplungen wird die Kraftverteilung zwischen dem Benzinmotor und den beiden Stromern verteilt. Damit rollt der Wrangler knapp 50 Kilometer rein elektrisch, ohne Abgase zu produzieren. Das System kann aber auch zum Aufladen der Batterie genutzt werden und die drei Herzen zu einer Einheit verschmelzen lassen. So kommt der Jeep dann auf eine Nennleistung von üppigen 380 PS und auf das maximale Drehmoment von 637 Newtonmeter, das selbst einem starken Diesel zur Ehre gereichen würde.

Eine Mischung aus Luxus und Robustheit bietet der Jeep Wranger 4xe Rubicon seinen Insassen.
(Foto: Jeep)
Turin im Frühsommer, die Autobahn Richtung Frankreich und Mittelmeerküste wartet noch auf die blecherne Touristen-Karawane. Platz und linke Spur frei für das 4,90-Schiff mit seinen drei Herzen. Die hohe Sitzposition sorgt für perfekte Rundumsicht, das Innenleben ist edel beledert. Der Charme des nackten Metalls an diversen Stellen soll wohl für die Partnerschaft zwischen Luxus und Robustheit stehen. Der Kommandostand ist übersät mit Knöpfen, Schaltern und Hebeln. Da der Klassiker in seiner aktuellen Version jede Menge zeitgemäßer Elektronik bietet, musste wohl für jedes neue System auch ein separater Schalter her.
Auf der Autobahn durstig
Wrangler-Fans kennen sich sofort aus, Jeep-Lehrlinge müssen die dicke Betriebsanleitung wälzen. Darin steht aber naturgemäß nichts über das bekannte Rauschen bei höherem Tempo, weil dieser Jeep nach wie vor wie eine Trutzburg im Gegenwind steht. Vertraut auch das Geräusch der angestrengten Bemühungen des Zweiliter-Benziners, das leichtgängige Lenkrad, dessen Handhabung bei Geradeausfahrt, aber noch mehr bei Kurvenfahrten geübt werden will, aber auch die zuweilen rustikalen Stöße bei Bodenwellen sind ein typisches Merkmal des US-Amerikaners. So ein Wrangler ist nun mal keine Windkanal-Luxussänfte, die rundum gedämmt ist und per Elektronik das Unebene im Leben wegbügeln will.

Auf der Autobahn lädt der Benzinmotor den Akku des Jeep Wrangler 4xe, was den Verbrauch locker auf 13 Liter treibt.
(Foto: Jeep)
Auf der Autobahn-Etappe ist der "E-Save"-Modus aktiv, bei dem der Benziner dafür sorgt, dass die Batterie stets ausreichend geladen ist. Folgerichtig meldet der Bordcomputer knapp 13 Liter Spritverbrauch auf 100 Kilometer, weil der Zweiliter eben die Zusatzaufgabe bewältigen muss. Die Logik: Wer später dann im Gelände mit prallem Akku elektrisiert werden will, muss halt vorher Opfer bringen. So ist es dann auch beim Start in unwegsames Gelände, über Steilhänge, durch tiefe Furchen auf engen Waldpfaden, aber auch beim Krabbeln über kleinere Felsbrocken oder Schräglagen, die die Gurte zum Zupacken animieren. Der große Vorteil eines Hybridsystems wirkt sich im Gelände deutlicher aus als im Alltagsbetrieb auf festen Straßen.
50 Kilometer rein elektrisch
Da das Drehmoment schon bei geringster Berührung des Gaspedals voll einsetzt, kann sich der so angetriebene Wrangler noch besser als ohnehin schon aus widrigen Situationen befreien. Muss ein klassischer Verbrenner erst Drehzahlen liefern, ehe die Kraft an das jeweilige Rad transferiert werden kann, machen das die E-Triebwerke ohne Zögern. Wer es einmal erlebt hat, möchte dieses Gefühl in einem Geländewagen nicht mehr missen. Dabei bekommt er ein Antriebsgeräusch geboten, das mitten in der Wildnis einer städtischen U-Bahn im Tunnel sehr nahe kommt. Jedenfalls, bis der Verbrenner wieder anspringt.

Wie bei jedem PHEV sollte auch der Jeep Wrangler 4xe regelmäßig geladen werden, will man emissionsfrei 50 Kilometer unterwegs sein.
(Foto: Jeep)
Natürlich ist der Zwillingsantrieb umstritten. Denn um wirklich Sprit und damit CO2 einzusparen, müsste der Wrangler wie andere solche Modelle auch regelmäßig zum Laden an der Steckdose andocken. Weil das in der Praxis bekanntlich zu selten geschieht und die elektrische Reichweite mit rund 50 Kilometern überschaubar ist, taugt das System abseits von Prüfständen nicht wirklich zur Entlastung der Natur, außer der Fahrer ist wirklich diszipliniert und häufig auf Kurzstrecken unterwegs.
Wer sich für das amerikanische Traditions-Ungetüm entscheidet, streichelt also nicht zwingend sein grünes Gewissen. Aber er bekommt einen perfekten Geländewagen, der zumindest kurzfristig, dank leiser Elektrofahrt, selbst im tiefen Hochwald keine Hirsche erschreckt.
Quelle: ntv.de, Peter Maahn, sp-x