Auto

Ab 2021 in Deutschland MG ZS EV - Elektro-Volkswagen aus China

Optisch ist der MG ZS EV durchaus gelungen, auch wenn er in China schon seit drei Jahren auf dem Markt ist.

Optisch ist der MG ZS EV durchaus gelungen, auch wenn er in China schon seit drei Jahren auf dem Markt ist.

(Foto: GM)

Die britische Traditionsmarke MG wurde schon vor Jahren nach China verkauft. 2021 fährt aber dennoch ein Auto unter diesem Label auf den deutschen Markt: der elektrische angetriebene MG ZS EV. Und das Bizarre ist, dass an diesem Auto irgendwie alles vertraut wirkt.

Hätte VW seine Elektro-Offensive nicht erst 2020 gestartet, sondern schon vor zehn Jahren, dann hätte man in Wolfsburg vielleicht ein Auto wie den MG ZS EV gebaut. Das ist zugleich Kompliment als auch Kritik an dem Kompakt-SUV, mit dem die China-Marke im kommenden Jahr seine Europa-Offensive starten wird.

Gebaut wird der MG ZS EV von dem chinesischen Hersteller Saic.

Gebaut wird der MG ZS EV von dem chinesischen Hersteller Saic.

(Foto: MG)

Dass einem direkt der Weltmarktführer aus Wolfsburg in den Kopf kommt, wenn man sich dem MG ZS näher, hat natürlich seinen Grund. So gehört das Kompakt-SUV trotz des traditionsreichen englischen Logos zum Portfolio des chinesischen Saic-Konzerns. Der baut im Reich der Mitte dann auch gemeinsam mit dem Volkswagen-Konzern lokal angepasste Varianten von VW- und Skoda-Modellen. Über viele Jahre auch den in legendären VW Santana, mit dem die Massenmobilisierung im China der 80er-Jahren richtig Fahrt aufnahm.

Kooperation mit VW hat Spuren hinterlassen

Diese lange deutsch-chinesische Kooperation hat bei MG natürlich Spuren hinterlassen: Schon von außen wirkt der bereits seit 2017 gebaute ZS wie ein leicht gestauchter Cousin des ersten VW Tiguan. Geradezu augenfällig werden die optischen Gemeinsamkeiten im Innenraum: Lenkrad, Türverkleidungen, Knöpfe, Schalter und selbst einige der Lüftungsgitter hat man alle schon in Modellen aus dem VW-Konzern gesehen. Das kann man als Kopie verurteilen, oder sich an der familiären Atmosphäre, der guten Ergonomie und der simplen und in jedem Detail bekannten Bedienung erfreuen.

Bei den Materialien, die im Innenraum des MG ZS EV verwendet werden, ist noch Luft nach oben.

Bei den Materialien, die im Innenraum des MG ZS EV verwendet werden, ist noch Luft nach oben.

(Foto: MG)

Bei Materialauswahl und Verarbeitung ist allerdings noch Luft nach oben. Aber auch das hat seinen Grund: Die Marke ist ganz bewusst als Budget-Anbieter angesiedelt. Im direkten Vergleich mit einem VW ID.3 etwa muss sich der MG allerdings nicht verstecken. Er wirkt zwar biederer, aber durchaus nicht billiger. Auch riecht hier nichts unangenehm, nichts ist schlecht verklebt oder unpassend montiert. Lediglich während der Fahrt knirscht und klappert es hier und da etwas mehr, als man es von norddeutschen Autos gewohnt ist. Die ersten chinesischen Modelle, die vor gut anderthalb Jahrzehnten den Deutschland-Start wagten, lässt der MG bei der Qualitätsanmutung aber um Längen hinter sich.

Schwaches Infotainmentsystem

Erstaunlich schwach ist allerdings das Infotainmentsystem, das mit langsamem Prozessor, unsensiblem Touchscreen und umständlicher Bedienführung nervt. Immerhin bietet es eine relativ aktuelle Ladestations-Anzeige, was selbst bei etablierten westlichen Autoherstellern keine Selbstverständlichkeit ist. Das Platzangebot vorne ist gut, im Fond sitzen zwei Erwachsene recht bequem. Und auch der Kofferraum kann sich mit 448 Litern sehen lassen. Die Ladekabel passen dabei bequem unter den doppelten Boden.

Im Fond verfügt der MG ZS EV über eine solides Platzangebot.

Im Fond verfügt der MG ZS EV über eine solides Platzangebot.

(Foto: MG)

Wer regelmäßig fährt, sollte den Kupferschlauch aber lieber in Griffweite behalten. Denn der geringe Radstand lässt nur Platz für ein 44,5 kWh großes Akku-Paket. Theoretisch soll der Energiegehalt für 263 Kilometer nach WLTP-Standard reichen, in der Praxis waren es bei einstelligen Herbsttemperaturen laut Bordcomputer nie mehr als 227. Diese Angabe war aber über die gesamte Dauer exakt. Zumindest, solange man auf der Autobahn unterhalb der Richtgeschwindigkeit bleibt. Wer das Maximaltempo von 140 km/h ausreizt, muss zeitig rechts raus und an den Schnelllader. Dort zieht sich der Chinese mit maximal 50 kW Gleichstrom, was nach 40 Minuten einen Füllstand von 80 Prozent gibt.

Unterm Strich sind so rund 180 Kilometer Autobahnfahrt zwischen zwei Tankstopps möglich. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass der MG für die Langstrecke nicht die erste Wahl ist. Für den täglichen Stadtverkehr hingegen reicht die Akkukapazität locker. An der Wallbox und der AC-Ladesäule kommt das SUV auf eine Ladeleistung von maximal 7 kW. Das reicht gerade so, um die Batterie über Nacht voll zu bekommen. Etwas fummelig und umständlich stellt sich der Ladevorgang selbst dar: Das fängt mit der nicht unbedingt stabil wirkenden Klappe im Kühlergrill an, geht bei den widerspenstigen Gummiverschlüssen der Stromanschlüsse weiter und hört bei der fehlenden Echtzeit-Ladestands-Anzeige im Cockpit auf.

Kein leichtes Spiel mit der Fuhre

448 Liter Stauraum stellt der Kofferraum des MG ZS EV bei aufrechter Rückbank zur Verfügung.

448 Liter Stauraum stellt der Kofferraum des MG ZS EV bei aufrechter Rückbank zur Verfügung.

(Foto: MG)

Beim Fahren zeigt sich das Kompakt-SUV ausgewogen und unspektakulär. Das Fahrwerk ist in Richtung Komfort ausgelegt, die leichtgängige und etwas synthetische Lenkung sowie die überschaubare Motorleistung sorgen für ein eher entspannten Fahrcharakter. Da stört dann auch die leicht erhabene und an einen Kutschbock erinnernde Sitzposition nicht, bei der keine rechte Verbindung zum Fahrzeug aufkommen will. Der Innenraum ist eher durchschnittlich gedämmt, was außer bei schnellen Autobahnetappen aber kaum auffällt. Eher schon, dass der übliche E-Auto-Boost beim ZV etwas mau ausfällt. Die 143 PS haben selbst in ihrer elektrisch erzeugten Form mit einem Auto dieser Größe kein leichtes Spiel.

Was alle erwähnten Kritikpunkte jedoch schwächt ist der Preis des MG, der bei knapp 32.000 Euro starten wird, wenn das Modell Anfang 2021 in Deutschland zu kaufen ist. Nach Abzug der Umweltprämie bleiben rund 23.000 Euro übrig. Dafür bekommt der Kunde eine gute Ausstattung mit Touchscreen-Navi, 16-Zoll-Alufelgen Tempomat, Totwinkelwarner und Dachreling. Für rund 2000 Euro mehr ist die Vollausstattung an Bord, die zusätzlich Kunstledersitze, Panoramaglasdach und Rückfahrkamera beinhaltet. Dazu gibt es eine fünfjährige Garantie (150.000 Kilometer) für das Auto. Batterie und Antriebsstrang sind mit den branchenüblichen acht Jahren (150.000 Kilometer) abgesichert.

Fazit: Ambiente und Ladetechnik stammen beim MG nicht aus dem obersten Regal. Verglichen mit vielen neuen E-Autos der in Europa etablierten Marken wirkt der ZS tatsächlich nicht mehr ganz taufrisch, was er ja mit drei Jahren Bauzeit auf dem Buckel auch nicht mehr ist. Im Gegenzug wirkt das Auto solide und ausgereift. Sein größter Vorzug ist aber sein Preis. Wer also keine Scheu vor exotischen Marken hat und ein günstiges, aber geräumiges Elektroauto will, sollte einen Blick riskieren.

Quelle: ntv.de, Holger Holzer, sp-x

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