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Brandneuer Racer mit zwei Herzen McLaren Artura - Powerboost aus dem Elektroreich

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Ein bisschen verkniffen schaut der Artura drein. Was solls, meist sieht man ihn eh von hinten. Zur optimalen Ausleuchtung der Straße gibt es leistungsstarkes LED-Licht.

Ein bisschen verkniffen schaut der Artura drein. Was solls, meist sieht man ihn eh von hinten. Zur optimalen Ausleuchtung der Straße gibt es leistungsstarkes LED-Licht.

(Foto: Patrick Broich)

Mit dem Artura bringt McLaren seinen ersten extern aufladbaren Hybrid-Supersportler. Zylinder gibt es nur noch sechs statt acht. Kann diese Neuentwicklung etwas? ntv.de hat eine Runde mit dem Briten gedreht.

Diesmal war es mit ein wenig Make-up nicht getan. Mit dem nächsten Modell der Supersportler-Schmiede aus Woking würde ein Paradigmenwechsel einhergehen. Und so war es auch. Elektrifizierung wird ab sofort zum großen Thema, denn auch superfitte automobile Ausnahme-Athleten müssen nun ihren Teil zur CO2-Reduktion beitragen. Zwar gibt es im Hause McLaren schon Erfahrung mit elektrifizierten Antrieben wie bei P1 und Speedtail, aber ein Plug-in-Hybrid war bisher noch nicht Bestandteil der McLaren-Palette und schon gar nicht im Volumenbereich. Die Ingenieure nutzen dazu die neu konstruierte MCLA-Plattform. Carbon Fibre Lightweight bedeutet das Kürzel. Und so wiegt die Kreation lediglich 1395 Kilogramm trocken - noch Fragen? Dabei machen die Entwickler aus ihrer Not eine Tugend, nutzen beispielsweise das Batteriegehäuse als verstärkendes Element.

Mit 4,54 Metern gehört der Brite zu den einigermaßen kompakten Sportgeräten. Sonderlich übersichtlich ist er nicht, aber zum Einparken ist ja eine Rückfahrkamera vorgesehen.

Mit 4,54 Metern gehört der Brite zu den einigermaßen kompakten Sportgeräten. Sonderlich übersichtlich ist er nicht, aber zum Einparken ist ja eine Rückfahrkamera vorgesehen.

(Foto: Patrick Broich)

Aber der Hubraum- und Zylinderschwund schmerzt natürlich schon ein bisschen. Manche Fans zumindest, auch nicht alle. Jetzt sind also drei statt vier Liter Hubraum und sechs statt acht Pötte angesagt, okay. Dafür gesellen sich zu den 585 Verbrenner-PS ja auch die 95 elektrischen Pferde aus der im Getriebe integrierten E-Maschine, was für 680 als Systemleistung ausgewiesene PS sorgt. Das Systemdrehmoment ist mit 720 Newtonmetern auch nicht gerade kärglich. Also gibt es eigentlich keinen Grund zu jammern. Außerdem kann der Stromer aus einem gut sieben kWh großen Strom-Fundus schöpfen - genug Energiemenge zum Boost sollte also vorhanden sein. Dieser lässt sich per Typ-2-Kabel auch extern auffüllen.

Genau hierin liegt der Knackpunkt. Wer auf dem Track unterwegs ist, hat zu befürchten, dass die Batterie irgendwann leer werden könnte und die Systemleistung dann nicht mehr verfügbar wäre. Aber die Ingenieure haben natürlich vorgesorgt. Und wie genau, das will ich jetzt wissen.

Flux Green sticht definitiv aus der Masse hervor. Für den McLaren Artura gilt das sowieso.

Flux Green sticht definitiv aus der Masse hervor. Für den McLaren Artura gilt das sowieso.

(Foto: Patrick Broich)

Einen kleinen Kniff muss der Artura-Fahrer wissen: Die vielfach konfigurierbaren Fahrmodi setzen sich aus Handling- und Powertrain-Bausteinen zusammen. Je nach Zusammenstellung gibt der Artura selbst bei voller Lastanforderung mit dem Gaspedal nicht die gesamte Antriebsleistung frei, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Also am besten immer auf "Sport" fahren, dann gehts auch nach vorn. Ich verzichte an dieser Stelle auf den extremen Track-Mode, begnüge mich mit Sport. Bin ja auch auf der Straße und nicht auf der Rennstrecke unterwegs.

Doppelturbo-V6 hält den Akku stets auf Pegel

Am zierlichen Modellschriftzug erkennt man, dass hier auch Elektropower im Spiel ist. Dennoch kann der ebenfalls zum Antriebsstrang gehörende V6 zornig aus den Auspuffendrohren pusten.

Am zierlichen Modellschriftzug erkennt man, dass hier auch Elektropower im Spiel ist. Dennoch kann der ebenfalls zum Antriebsstrang gehörende V6 zornig aus den Auspuffendrohren pusten.

(Foto: Patrick Broich)

Sobald dieser Modus eingelegt wird, fängt der mit 120-Grad-Bankwinkel versehene Doppelturbo-Sechszylinder an, zornig zu grummeln und beweist damit: Wenn er nicht gerade ausgelastet ist, hält er den Akku schön auf Pegel. Die Batterie leer zu bekommen, ist im öffentlichen Verkehr quasi kaum zu schaffen. Vielleicht auf einer absolut leeren Autobahn. Und auf den Track? Unwahrscheinlich, denn die meisten Kurse sind ja kurvenreich und arm an beschleunigungsträchtigen Geraden. Kurzum - es wird viel rekuperiert. Wie sieht es denn auf der Nordschleife aus? Da muss man mal die Versuche der Fachzeitschriften abwarten.

Viel Display, keine mechanische Anzeigen mehr. Auch an Supersportlern ist diese Mode nicht vorbeigezogen.

Viel Display, keine mechanische Anzeigen mehr. Auch an Supersportlern ist diese Mode nicht vorbeigezogen.

(Foto: Patrick Broich)

Für die einsame Landstraße ist der gerade mal 1,5 Tonnen (mit Besatzung und Flüssigkeiten) schwere Racer jedenfalls genau das richtige Tool. Speed aufnehmen, dann vor der Kehre die pizzatellergroßen Keramikscheiben kräftig strapazieren. Als ob die sich überhaupt strapazieren ließen. Aber aus noch einem weiteren Grund lohnt es sich, beim Artura genau auf das Ansprechen der Bremse zu achten. Schließlich entscheidet das System ständig zwischen Energierückgewinnung und dem Einsatz der Reibbremse. Trotz dieses sogenannten Blendings bleibt der Pedaldruckpunkt stramm und präzise. Nicht den Hauch eines synthetischen Gefühls lässt er zurück. Abgehakt.

Auch als Hybrid gibt der McLaren den belastbaren Performer

Dann kommt der Part der Querbeschleunigung. Angst vor dem schweren Hybridstrang? Nicht bei diesem Mittelmotorsportler, der sich leichtfüßig und neutral wie ein Kart anfühlt trotz einer Gewichtsverteilung von 42:58. Und richtig schwer ist er ja sowieso nicht. Mit der ultradirekten elektrohydraulischen Lenkung lässt sich der jüngste McLaren markentypisch agil um die Ecken zacken. Und zwar so heftig je nach Können des Fahrers sowie den montierten Reifen, dass die Techniker dem Briten vorsorglich mal eine Trockensumpfschmierung verpasst haben, damit der Ölfilm auch bei extremer Fahrweise nicht reißt.

Anschließend folgt der bissige Schub aus der Kehre, wo auch noch einmal ordentlich Traktion gefragt ist - kein Problem, dank E-Differenzial lässt sich aufkommender Schlupf problemlos wegmoderieren. Im Vergleich zu anderen Supersportlern dieser Leistungsklasse bleibt der Artura leise, wenngleich er losgelöst davon betrachtet schon ordentlich schreit gen Begrenzer und ziemlich unbändigen Schub liefert.

Der linke Balken auf der rechten Seite erteilt Auskunft über den Ladestand der Traktionsbatterie. Leer wird diese zumindest unter Straßenbedingungen fast nie.

Der linke Balken auf der rechten Seite erteilt Auskunft über den Ladestand der Traktionsbatterie. Leer wird diese zumindest unter Straßenbedingungen fast nie.

(Foto: Patrick Broich)

Zahl gefällig? Laut Hersteller sollen bloß 21,5 Sekunden bis Tacho 300 vergehen. Und erst bei 330 versiegt die Beschleunigung endgültig. Sauber! Dass der Passagier bei voller Kraft voraus fest mit dem Rücken in den leichten Sportsitzlehnen klebt bei maximal angespannter Nackenmuskulatur, während die potente Antriebseinheit wütet und das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe eine Übersetzungsstufe nach der anderen liefert, ist klar.

Kleiner Fun-Fact am Rande: Einen Rückwärtsgang besitzt die Box gar nicht erst - rangiert wird also elektrisch. Spart Gewicht und Kosten, passt außerdem zum lautlosen Motorstart. Nur fürs Notizbuch: Der Artura kann freilich auch rein elektrisch vorwärts fahren, und zwar 31 Kilometer lang (bis maximal 130 km/h). Damit wird das nichts mit der 0,5-Prozent-Versteuerung. Kein Problem, denn einen McLaren beim Finanzamt als Firmenwagen durchzubekommen, dürfte wohl ohnehin nur den wenigsten Unternehmen gelingen.

Apropos Kosten. Die darf ein Artura-Interessent natürlich nicht scheuen, denn unter 230.500 Euro geht es nicht. Dafür ist die Serienausstattung proper mit viel Infotainment auf dem fein integrierten Touchscreen samt Navigation sowie Smartphone-Integration. Darüber hinaus gibt es adaptive Dämpfer und sogar Tempomat. Nichtsdestotrotz dürften verlockende Sonderausstattungen das Potenzial besitzen, den Anschaffungspreis um ein paar weitere Zehntausender zu steigern. Aber wie das so ist - besondere Autos erfordern auch eine besondere finanzielle Anstrengung.

Quelle: ntv.de

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