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Stärkster Kombi Deutschlands Neuer BMW M5 Touring im Fahrbericht - Lust am Laster

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Groß und mit spezifischen Lufteinlässen gesegnet, aber nicht prollig ist die Frontschürze des BMW M5. Und selbstverständlich mit von der Partie: die beleuchtete Niere.

Groß und mit spezifischen Lufteinlässen gesegnet, aber nicht prollig ist die Frontschürze des BMW M5. Und selbstverständlich mit von der Partie: die beleuchtete Niere.

(Foto: BMW)

BMW bringt den M5 wieder als Kombi. Warum nicht höchste Performance mit Nutzwert verbinden? ntv.de war mit Deutschlands stärkstem Transporter unterwegs.

Man muss mit Superlativen ja immer ein bisschen vorsichtig sein, insbesondere, wenn man mit ihnen um sich wirft. Ist der M5 Touring Deutschlands stärkster Kombi? Achtung, Verwechslungsgefahr: Deutschlands stärkster und nicht schnellster Kombi. Ein Alpina B3 GT Touring fährt zumindest auch 305 km/h (wie der M5 Touring gegen Aufpreis), und was die Querperformance angeht - das ist zumindest schwierig herauszuarbeiten ohne Track und ohne Vergleich. Wer weiß schon, wie sich etwa ein Audi RS6 GT auf der Rennstrecke schlägt.

Vor drei Jahrzehnten war der stärkste Fünfer recht unauffällig. Allerdings sind die M-Spiegel markant.

Vor drei Jahrzehnten war der stärkste Fünfer recht unauffällig. Allerdings sind die M-Spiegel markant.

(Foto: BMW)

Mit 727 PS Systemleistung allerdings verweist der BMW alle Wettbewerber auf die Plätze. Audi bleibt weit unter der 700-PS-Marke, Mercedes hat bei der E-Klasse sowieso gerade eine V8- (und Leistungsflaute) - und der rein elektrisch angetriebene Porsche Taycan Sport Turismo gilt nicht, das ist nämlich kein echter Kombi.

Aber wie auch schon beim M5 als Limousine lockt BMW auf der Touring-Veranstaltung mit einer kleinen Geschichtslektion. Ein schöner Einstieg also auf einem für heutige Verhältnisse eher bescheidenen Leistungslevel. Gerade mal 340 PS stecken im mitgebrachten M5 Touring der E34-Baureihe.

Heute begehrter Klassiker. Der 32 Jahre alte M5 Touring ist immer noch schnell.

Heute begehrter Klassiker. Der 32 Jahre alte M5 Touring ist immer noch schnell.

(Foto: BMW)

Es handelt sich dabei um das erste Konzept dieser Art, also die Kombination Kombi mit Wumms. Und zwar von BMW und überhaupt von einem deutschen Hersteller, denn Audi war mit dem RS2 im Jahr 1994 zwei Jahre später dran und Mercedes hat sogar erst danach auf derart performante Kombis gesetzt. Alles unter der Maßgabe, damals noch extrem kleine Serien wie Produkte aus der Alpina-Schmiede außen vor zu lassen. Auch Brabus war sicherlich in der Lage, einen Mercedes S124 aufzupimpen, aber das zählt nicht.

Im M5 Touring (E34) arbeitet immer der 3,8-Liter

Damals war der zweite M5 (sowohl Limousine wie auch Touring) das Sehnsuchtsauto schlechthin und auch heute ist er in hohem Maße gefragt - die späte Serie erst recht. Also schnell hinter das Steuer! Beim Touring hatte der begehrte S38-Motor immer die Hubraumvergrößerung von 3,5 auf 3,8 Liter (weil er später kam als die Limousine), um trotz Hochdrehzahlkonzepts schon einigermaßen füllig von unten heraus zu schieben.

Früher war sportlich noch elegant. Innen gibt es Wurzelholz statt Sichtcarbon. Außerdem geht es im alten M5 noch sehr analog zu.

Früher war sportlich noch elegant. Innen gibt es Wurzelholz statt Sichtcarbon. Außerdem geht es im alten M5 noch sehr analog zu.

(Foto: BMW)

Und im Vergleich zum Vorgänger E28 weht hier auch tatsächlich ein anderer Wind. Der 1,8-Tonner kommt zügig in Fahrt und nimmt mit steigender Drehzahl merklich an Dynamik auf. Wenn man den betagten Sportler so richtig rannehmen möchte, muss man sich allerdings trauen, das Drehzahlband zu nutzen - die 400 Newtonmeter Drehmoment liegen erst kurz vor 5000 Touren an.

Immerhin, BMW sah den Touring seinerseits als durchaus ambitionierten Athleten, spendierte ihm beispielsweise eine leistungsfähigere Bremsanlage und ein spezielles Felgendesign, um den Bremsscheiben mehr Luft zuzuführen. Die angegebenen 250 km/h würde der Kombi häufig erreichen, scheinen die Münchener unterstellt zu haben, und auch das Spurtvermögen - 6,1 Sekunden auf 100 km/h - dürfte oft ausgenutzt worden sein. Macht ja auch Spaß.

Nicht unbedingt auf den ersten Blick zu sehen, aber mit 5,10 Metern Länge ist dieser Kombi riesig.

Nicht unbedingt auf den ersten Blick zu sehen, aber mit 5,10 Metern Länge ist dieser Kombi riesig.

(Foto: BMW)

Aber nun vom E34 zum G99, den stattliche 32 Jahre trennen. Der Kombi ist definitiv eine Besonderheit. Zwar war der E34 Touring nicht der letzte Power-Lastesel; mit dem zehnzylindrigen E61 hatte BMW 2010 noch einmal versucht, Nutzwert und Performance zusammenzubringen. Allerdings auch hier mit mäßigem Erfolg - lediglich knapp über 1000 Einheiten wurden gebaut. Vom E34 sogar bloß knapp unter 1000. Warum wagt BMW das Abenteuer ein drittes Mal?

Ein nutzwertiger Kombi mit Power passt in unsere Zeit

Vielleicht ist die Stimmung mittlerweile eine andere. Die Netzwelt feiert den schnellen Kombi und auch das erstmals aufgelegte M-Programm bei der Dreier-Reihe soll ausgebaut werden. Demnach soll ein Club Sport folgen. Und es ist ja auch attraktiv, in so einen M5 Touring einfach mal 1630 Liter (Äquivalent) zu packen, wenngleich der Wert für das riesige Schiff - der Touring ist 5,10 Meter lang! - wiederum ein bisschen mau ist.

Zu erkennen ist der BMW M5 Touring leicht an seiner potenten Auspuffanlage.

Zu erkennen ist der BMW M5 Touring leicht an seiner potenten Auspuffanlage.

(Foto: BMW)

Hauptsache, die Menschen werden gut transportiert, aber auch hier ist der Fünfer zumindest zu seinen Fondpassagieren leicht knauserig. Aber ganz ehrlich? Das ist beim M5 schnurzpiepegal. Hier zählt, was der Antrieb hergibt. Wobei, ich sehe im M5 Touring kein Tracktool (BMW kennt die Nordschleifenzeit zwar, hütet sie aber als strenges Geheimnis), sondern einen unfassbar schnellen Express-Tourer, der nicht gleich kapituliert beim Versuch, ein paar Säcke Rindenmulch einzuladen, aber seine Passagiere trotzdem auch komfortabel an weit entfernte Ziele bringt. Und so gesehen schlägt sich der Nutzwert-M5 ganz gut, denn er ist nicht knüppelhart.

Ein leistungsstarker 4,4-Liter-V8 ist wichtigster Baustein des M5-Antriebsstrangs. Und der Deckel links ist nicht etwa der Tankdeckel, sondern hinter ihm verbirgt sich der Ladeanschluss.

Ein leistungsstarker 4,4-Liter-V8 ist wichtigster Baustein des M5-Antriebsstrangs. Und der Deckel links ist nicht etwa der Tankdeckel, sondern hinter ihm verbirgt sich der Ladeanschluss.

(Foto: BMW)

Allerdings ist der Weg, das adaptive Fahrwerk erträglich zu trimmen bei gleichzeitig individuell gewünschter Getriebe- und Motorkennlinienkonfiguration, ein bisschen steinig. Psychologen würden darauf hinweisen, dass zu viele Optionen unglücklich machen. Und es gibt definitiv zu viele Auswahlmöglichkeiten. Aber Schwamm drüber, manche Interessenten mögen es womöglich exakt so, vielleicht ja die Technikverliebten mit Hang zum performanten Fahren. Wer driften möchte, kann den grundsätzlich allradgetriebenen M5 auf Hinterradantrieb umstellen. Features wie aktives Hinterachssperrdifferenzial sowie Hinterradlenkung helfen dabei, mehr als 2,6 Tonnen Masse geschmeidiger um die Ecke zu wuchten. Aber auch im beschaulichen Alltag lässt der große Kombi den Fahrer das Gewicht nicht so arg spüren, wie man vielleicht denken würde.

Der neue M5 Touring ist biestig schnell

Eine angetriebene Achse ist übrigens keine gute Idee, wenn der schnelle Touring binnen 3,6 Sekunden auf Landstraßentempo schnalzen soll. Das Biest reißt so arg (schlupffrei) an, dass empfindliche Mägen ganz schön strapaziert werden. Und noch beeindruckender ist es, wie sich der Achtzylinder in höhere Geschwindigkeitsbereiche giftet. Einhalt gebietet nicht der Luftwiderstand, sondern der Begrenzer - und das optional erst bei 305 km/h.

State of the Art: der riesige Zentralscreen, ohne den heute kein gehobenes Fahrzeug mehr auskommt.

State of the Art: der riesige Zentralscreen, ohne den heute kein gehobenes Fahrzeug mehr auskommt.

(Foto: BMW)

Welche Erkenntnis bleibt am Ende? Dass ein Plug-in-Hybrid in der oberen Leistungskategorie mit 1000 Newtonmetern Drehmoment sehr wohl harmonisch funktionieren kann - zumindest auf öffentlichen Straßen. Dass dem M5 die Systemleistung abhandenkommt, muss aus betriebsstrategischen Gründen kaum befürchtet werden. Und selbst wenn er nicht mehr ganz so wild beschleunigen würde ohne die 197 elektrischen Pferde. Die Rede ist immer noch von 585 Verbrenner-PS aus 4,4 Litern Hubraum, genug Feuer, um jenseits der 300-km/h-Schwelle zu operieren. Wenn gerade nicht die volle Leistung abgerufen wird (was fast immer der Fall ist), füttert das System den rund 19 kWh großen Akku immer so weit an, dass es für einen Boost reicht. Und nennenswerte Zugkraftunterbrechungen sind ebenfalls nicht zu beklagen, falls man die hier ohne Wandler auskommende Achtgangautomatik auf Trab hält.

Nur wenige Topsportler können so viel transportieren wie der BMW M5 Touring.

Nur wenige Topsportler können so viel transportieren wie der BMW M5 Touring.

(Foto: BMW)

Ach ja, und Sound wäre da ja auch noch. Aber sicher, liebe Fangemeinde, der G99 bollert so gut er kann, und er kann es gut, obwohl die Sounddesigner ein bisschen Schubblubbern durch das Lautsprechersystem jagen. Zu Erinnerung: Der E34 klingt überhaupt nicht, außer ein bisschen nobel-sechszylindrig. Aber eben mehr nach feiner Oberklasse denn nach rassigem Sportwagen.

Natürlich muss man die Moden des modernen Automobilbaus aushalten, um am M5 Touring Gefallen zu finden. Feinmechanik im Instrumentenbau ist nun einmal passé, es herrscht das Display. Und auf diesem können die User sogar Games zocken, obwohl man hier nicht wie beim i5 einige Zeit verbringen muss, um Energie in den Speicher fließen zu lassen.

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Das traurigste Kapitel am M5 Touring ist sein Preis von 146.550 Euro. Und dass Dienstwagenfahrer sowie Firmeninhaber (deren Anteil an den M5-Besitzern dürfte überproportional hoch sein) von der 0,5-Prozent-Steuer profitieren, wird für die meisten Menschen, die den M5 anhimmeln, nur ein schwacher Trost sein. Dafür kommt der Kombi für 0 Euro extra im coolen "M Isle of Man Grün metallic" und mit fancy leuchtender Niere daher. Und für das ökologische Gewissen kann man mit dem muskulösen Kombi auch noch rund 60 Kilometer rein elektrisch fahren gemäß WLTP (macht aber keinen Spaß).

Ob man künftig etlichen M5 Touring begegnen wird im Straßenverkehr? Vermutlich schon, denn BMW hat hier wirklich keine schlechte Arbeit geleistet. Jetzt wird es darauf ankommen, Hybrid-Skeptiker in die Showräume oder noch besser hinter das Steuer zu locken für eine erste Probefahrt. Viel Erfolg dabei!

Quelle: ntv.de

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