Auto

Zwei Exoten im Vergleich Porsche 924 Turbo vs. Cayman GTS 4.0

40 Jahre liegen zwischen den beiden Exoten Porsche 924 Turbo und Cayman 4.0 GTS.

40 Jahre liegen zwischen den beiden Exoten Porsche 924 Turbo und Cayman 4.0 GTS.

(Foto: Patrick Broich)

Ende der 1970er-Jahre war ein Porsche 924 Turbo mindestens so exotisch wie derzeit ein Cayman 4.0 GTS. Heute freut man sich, überhaupt noch einen Porsche mit Saugmotor kaufen zu können. Zeit, zu gucken, ob der 924 nach 40 Jahren immer noch unsexy wirkt.

Ehrlich gesagt startete der Porsche 924 schon damals mit einer Hypothek. In dem Moment, als der Konzern entschied, den zwei Liter großen Vierzylinder-Volkswagenmotor (EA827, in dieser Form auch im Audi 100) für sein neues Basismodell einzusetzen, hatte die Transaxle-Konstruktion wieder dieses "Volksporsche"-Stigma – also irgendwie unsexy. Doch bevor der sich dennoch solide verkaufte 924 den aus dem V8 des 928 abgeleiteten Vierzylinder erhielt, versuchte Porsche es mit Leistungssteigerung. Also rasch einen KKK-Lader organisieren und den Zylinderkopf überarbeiten – und schon war der "neue" Motor geboren mit nunmehr 170 PS statt nur 125 Pferdchen. Und wer den 924 bisher als Mauerblümchen gespeichert hatte, sollte mal eine Runde wagen. Schon der geklebte Modellschriftzug "924 Turbo" flößt Respekt ein – das klingt bereits im Stand rasant. Klar, in der damaligen Zeit gab es nur performante Autos mit aufgeladener Maschine – unvergessen die Stürmer vom Kaliber eines BMW 02 Turbo oder Ford Capri Turbo. Vom Porsche 911 Turbo, um bei der Marke zu bleiben, erst gar nicht zu sprechen.

Oldie ist keine Spaßbremse

Eine Schönheit war der Porsche 924 noch nie, aber Fahrspaß bietet er, wie der Cayman 4.0 GTS.

Eine Schönheit war der Porsche 924 noch nie, aber Fahrspaß bietet er, wie der Cayman 4.0 GTS.

(Foto: Patrick Broich)

Einmal Platz genommen im 924 Turbo, sind alle Zweifel verflogen, der Oldie könnte eine Spaßbremse sein. Der giftig-grüne Drehzahlmesser rechts (in der Mitte durfte damals nur 911) und die Tachoskalierung bis 260 km/h lassen schon vor dem Schlüsseldreh hoffen. Dann aber, Motor starten und den vor allem bei kaltem Öl nostalgisch-schwergängigen Schalthebel in der linken Gasse nach unten schieben, wie das bei einem Sportgetriebe üblich war. Aber erst ganz gemächlich in Richtung Landstraße rollen, bevor der Zweiliter so richtig ran muss. In dieser Zeit kann er auch schön durchwärmen. Sobald der Schmierstoff aber viskos genug ist, gibt es keine Gnade mehr mit dem Vierzylinder.

Ein erstes Trägheitsmoment ist alleine dem Turboloch geschuldet – klar, verstellbare Turbinengeometrie war damals noch ein Fremdwort. Sobald der Lader seine 0,7 bar erreicht, fliegen die Fetzen. Der "Bauernmotor" hat leichtes Spiel mit dem 1,2-Tonnen-Porsche. Diese despektierliche Bezeichnung wird das Aggregat mit exakt 1984 Kubikzentimetern nicht mehr los, und dieses Maß nutzt selbst noch der aktuelle Golf GTI. Nach 7,8 Sekunden stehen 100 km/h beim 924 Turbo – klingt heutzutage zwar nicht ganz so wild, aber der betagte Stuttgarter fühlt sich viel giftiger und fahraktiver an als ein modernes Auto mit einem solchen Wert, weil er ungefiltert ist und seine Passagiere näher am Straßengeschehen hält. Vor allem nach dem Überwinden des Turbolochs schiebt der 924er richtig druckvoll an.

Fahrspaß im lockeren Galopp

Damals wie heute. Bei den Rundinstrumenten ist sich Porsche, wie bei vielen anderen Sachen, absolut treu geblieben.

Damals wie heute. Bei den Rundinstrumenten ist sich Porsche, wie bei vielen anderen Sachen, absolut treu geblieben.

(Foto: Patrick Broich)

Gute Überleitung, wenn man an den heute raren Cayman GTS 4.0 denkt – so viele Saugmotoren gibt es schließlich nicht mehr. Heute sind solche Motorisierungen etwas Exotisches. Turbobiss geht dem wohlig klingenden Sechszylinder-Boxer natürlich ab, aber dafür hat er dauerhaft Biss. Natürlich nicht so arg wie heutige Turbomodelle aus Zuffenhausen, aber die Sauger-Fans halten den Mittelmotor-Athleten mit der linearen Kraftentfaltung lieber bei hoher Drehzahl kontrolliert in der Kurve als die im Drehmoment sprunghaft ansteigenden Turbos. Die beiden gehobenen Einsteiger-Modelle von damals und heute passen wunderbar zusammen, so gegensätzlich sie auch sind. Beide anachronistisch mit ihrer technischen Auslegung, gegen den Strom schwimmen sie und strahlen daher viel Faszination aus.

Der Cayman GTS 4.0 mit dem markanten seitlichen Schriftzug ist ein Blickfänger selbst im gedeckten Dunkelblau. Drehzahlmesser in der Mitte, da werden Reminiszenzen an die legendäre Zahl 911 wach. Und das Zündschloss sitzt natürlich links, was für eine Frage. Sonor ertönt der mit reichlich Volumen gesegnete Traummotor beim Anlassen. Und natürlich tritt der Testwagen mit manuellem Sechsganggetriebe statt Automatik an, so viel Tradition muss sein. Die Übersetzungen lassen sich naturgemäß leicht wechseln, auch die Kupplung verlangt den Knien keine Höchstleistung ab – Schwerstarbeit bereitet der Sportler nur im Grenzbereich. Lockerer Galopp auf der Landstraße bedeutet dagegen Fahrspaß pur. Überholvorgänge mit dem 400 PS oder das Beschleunigen aus der Kehre sind immer die emotionalen Höhepunkte mit dem starken Cayman.

Der Preis könnte überzeugen

Die Rundinstrumente im Cayman GTS 4.0 unterscheiden sich kaum von denen im 924 Turbo.

Die Rundinstrumente im Cayman GTS 4.0 unterscheiden sich kaum von denen im 924 Turbo.

(Foto: Patrick Broich)

Überdies ist sich der Sprinter mit angetriebener Hinterachse nicht zu schade, auch mal längere Strecken entspannt abzuspulen, ohne die menschliche Fracht überzustrapazieren. Denn er federt erstens nicht zu hart und spendiert zweitens auch ein ordentliches Raumangebot. Natürlich kommt auch das Infotainment nicht zu kurz - neben dem multifunktionalen Touchscreen in der Mittelkonsole hält auch das Kombiinstrument zumindest eine Skala mit TFT-Fläche bereit. In puncto Assistenz ist der Cayman ebenso gut gewappnet, kann eine Menge mit Hilfe von Features wie Spurwechsel-Assistent oder aktivem Tempomat mit assistierter Längsführung, was nichts anderes heißt als: Der Cayman beschleunigt und bremst automatisch.

Mit 83.385 Euro Grundpreis ist er nicht gerade günstig, aber jeden Cent wert. Da ist der 924 Turbo natürlich erschwinglicher, den man in den einschlägigen Internetbörsen für knapp unter 20.000 Euro erwerben kann. Statt 293 wird er aber auch nur 225 km/h schnell und schafft den Sprint auf 100 km/h nicht in 4,5 Sekunden, sondern ist gut drei Sekunden langsamer. Spaß machen natürlich beide. Glücklich schätzen darf sich, wer einen der beiden Sportler in der Garage stehen hat.

Quelle: ntv.de, Patrick Broich, sp-x

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