Scheiben statt Kolben Rettet Omega 1 den Verbrennungsmotor?
20.01.2022, 19:25 Uhr
Irgendwie unglaublich, dass eine solche einfach Konstruktion, wie der Omega 1 (links) ein so komplexes technisches Kunstwerk wie den Vierzylinder ersetzen könnte.
(Foto: Collage)
Das Aus des Verbrennungsmotors ist beschlossene Sache. Doch jetzt kommt ein US-amerikanisches Unternehmen um die Ecke und präsentiert einen Verbrennungsmotor, der in seiner Konstruktion nicht nur simpel ist, sondern auch noch leicht, kraftvoll und preiswert. Könnte das die Rettung sein?
Es ist schon erstaunlich. Während die Welt die Totenglocken für den Verbrennungsmotor läutet und Automobilunternehmen wie Mercedes, Hyundai oder Audi bereits verkündet haben, dass sie die Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet einstellen wollen, ist das US-amerikanische Unternehmen Astron Aerospace dabei, eine völlig neue Motorarchitektur zu entwickeln, die nicht nur im Auto, sondern auch in Motorrädern, Booten oder schlicht als Range Extender eingesetzt werden könnte.
Beim Omega 1, so der Name des neuen Triebwerks, verzichtet Astron vollständig auf das Prinzip des Kolbenmotors. Hier, so die US-Amerikaner, gäbe es eine enorme Menge an Reibungs- und Wärmeverlusten, die zur Leistungsverringerung führen. Hinzu kommt, dass der Verbrennungsmotor, wie man ihn kennt, in seiner Komplexität bestehend aus Kolben, Kurbelwelle, Pumpen für Schmiermittel und Kühlung extrem ineffizient ist.
Scheibe mit Zapfen und Aussparung ersetzt Kolben
Der Omega 1 hingegen verzichtet auf all diese Beigaben. Über zwei getrennte Doppelscheiben wird hier eine Antriebswelle in Bewegung gesetzt. Das erste Scheibenpaar übernimmt die Arbeit eines Kompressors und saugt die Luft an. Das zweite Scheibenpaar sorgt dann für die Verbrennung. Da es ohne Kolben eigentlich keinen Verbrennung- und Kompressionsraum gibt, wurden den gegenläufig rotierenden Scheiben jeweils eine Aussparung und ein Zapfen verpasst. Treffen beide in der Rotation aufeinander, dann dient die Aussparung als Kompressions- und Verbrennungsraum, der Zapfen übernimmt die Aufgabe des Kolbens, wobei er die Ansaugluft und das Kraftstoffgemisch komprimiert. Kurz gesagt: Statt einer Auf- und Abbewegung der Kolben rotieren hier zwei Scheiben, die genau diese Funktion übernehmen. Das mag sich kompliziert anhören, ist aber als Idee fast schon zu einfach.

Zerlegt man den Omega 1 in seine Einzelteile ist er in sich nicht mehr ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint.
(Foto: Astron)
Ohne die Kolbenbewegung sieht Astron Aerospace etliche Vorteile für den Omega 1. Allein der Ladedruck soll bei bis zu 14 bar liegen. Bei herkömmlichen Verbrennungsmotoren liegt er in der Regel um 1 bar. Nach Ansicht der US-Amerikaner könnte mit diesem hohen Ladedruck auf eine aufwendige Abdichtung verzichtet werden. Die Kompression sei so hoch, dass sich das Gasgemisch nicht verflüchtigen könne. Das Ergebnis wären ein extrem gute Verbrennung und ein damit verbundener sehr geringer Verbrauch. Auch die schon erwähnten Reibungsverluste eines Kolbenmotors blieben aus.
Bis zu 25.000 Umdrehungen
Wenn sich die Scheiben drehen, dreht sich auch die Antriebswelle. Und das nach Angaben von Astron mit atemberaubender Geschwindigkeit. Bis zu 25.000 Umdrehungen sollen pro Minute möglich sein, wobei natürlich jede Umdrehung ein möglicher Verbrennungsvorgang ist. Nur zum Vergleich bei herkömmlichen Viertakt-Benzinmotoren sind es etwa 6000 Umdrehungen pro Minute. Um beim Omega 1 aber sinnloses Verfeuern von Treibstoff zu vermeiden, will Astron bei niedriger Last die Zufuhr des Sprits und die Zündung so steuern, dass zum Beispiel nur bei jeder 5., 10. oder 50. Umdrehung eine Zündung stattfindet. Dieses Einbremsen nennen die US-Amerikaner "Skip-Fire"-Technik.

Schaltet man die Omega-Motoren zusammen, kann man nach Aussage von Astron die Leistung verdoppeln.
(Foto: Astron)
Neben der hohen Leistungsdichte und den geringen Reibungsverlusten verspricht Astron auf Grund der einfachen Konstruktion auch eine sehr kompakte Bauweise und ein extrem geringes Gewicht. So soll der Standardmotor 162 PS leisten, ein maximales Drehmoment von 230 Newtonmetern zur Verfügung stellen und dabei nur 15 Kilogramm auf die Waage bringen. Der Hammer ist aber, dass das gute Stück am Ende nicht mehr als 1000 US-Dollar in der Produktion kosten soll.
Man kann sich vorstellen, dass bei solchen Daten nicht nur Auto-, sondern auch Motorrad- oder Bootsbauer den US-Amerikanern die Tür einrennen müssten. Doch noch ist es nicht so weit. Zwar hat Astron nach eigenen Aussagen die Patente für den Omega 1 weltweit sichern lassen, aber unter Beweis gestellt, dass die Konstruktion in der Realität funktioniert, haben sie nicht. Mehr als Computeranimationen gibt es von dem Triebwerk momentan nämlich nicht. Wer sich jetzt mit Blick auf die Motorengeschichte an den legendären und immer wieder grandios gescheiterten Wankelmotor erinnert fühlt, der liegt vielleicht gar nicht so verkehrt. Aber dennoch: warum sollte es nicht noch eine nennenswerte Idee neben der reinen Elektromobilität geben?
Quelle: ntv.de, hpr