Trekking-Pedelec im Test Simplon Kagu :ePinion High - ohne zu schalten über den Berg
23.10.2025, 17:08 Uhr Artikel anhören
Der schmale Lenker des Simplon Kagu :ePinion High und die leicht nach vorn geneigte Sitzhaltung erlauben lange, ermüdungsfreie Ausflüge.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Trekking-Pedelecs wie das Simplon Kagu :e sind auf Vielseitigkeit ausgelegt. Mit "Touren, Reisen, Transporte" beschreibt der Hersteller aus Österreich die wichtigsten Talente seines erfolgreichen Modells. Wie schlägt es sich, wenn man es intensiv ausprobiert?
Simplon bietet das Kagu :ePinion in zwei Rahmenversionen an, als Mid mit tiefem Oberrohr und als "Herrenrad" mit der Bezeichnung High. Am Testrad in der Mattlackierung Sand und Schwarz fällt auf den ersten Blick die cleane, hochwertig und leicht wirkende Rahmenform und -verarbeitung auf.
Die tatsächliche Leichtigkeit mit einem Basisgewicht von knapp unter 24 Kilogramm erklärt sich durch den Karbonrahmen. Der spart gegenüber Aluminium oder Stahl jede Menge Gewicht und ist sehr stabil - das merkt man beim Fahren mit reichlich Gepäck. Simplon gibt das Maximalgewicht mit 160 Kilo an, das ist ordentlich.
Leicht dank Karbon: Das Simplon-Pedelec ist schick, praktisch und komfortabel.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Bei den 24 Kilogramm blieb es allerdings beim Testrad nicht, denn es brachte durch die optionale RockShox-Federgabel statt der serienmäßigen Starrgabel und durch den im Premium-Paket enthaltenen 800-Wattstunden-Akku im Unterrohr ein paar Kilogramm zusätzlich auf die Waage. Zu haben sind auch noch ein Stromspender mit 1060 Wh und ein Zusatzakku für die Flaschenhalter-Befestigung mit 535 Wh. Der geht allerdings mit einem Preis von 920 Euro so richtig ins Geld - doch dazu später mehr.
Pinion - Integration von Motor und Getriebe in einem Gehäuse
Der Pinion MGU-Antrieb ist technisch faszinierend, wird aber unter Last ziemlich laut.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Zusätzlich war auch noch eine vom Lenker aus verstellbare Sattelstütze installiert, ein Detail, das im Alltagseinsatz und auf großer Tour immer wieder genutzt wurde. Ein stabiler Gepäckträger mit integriertem Rücklicht und Packtaschenhalterung, ein strahlend heller Busch & Müller-Scheinwerfer, Alu-Schutzbleche, ergonomische Griffe und ein Gel-Sattel wahlweise in Herren- oder Damenausführung gehören auch noch zum Kagu :e. Dazu die 27,5 mal 2,35 Zoll großen, kräftig profilierten Johnny-Watts-Allwetterreifen von Schwalbe. Und natürlich der Pinion-Antrieb, der das Gesamtpaket sehr speziell und leider auch ziemlich teuer macht.
Pfiffig: Per Lenker-Remote bewegt man sich recht einfach durchs umfangreiche Pinion-Menü.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Pinion steht für die Integration von Motor und Getriebe in einem gemeinsamen Gehäuse, das nicht nennenswert voluminöser ausfällt als bei einem herkömmlichen Mittelmotor ohne Getriebeeinheit. Auf diesem begrenzten Raum haben die Pinion-Tüftler bei ihrem E1.12 MGU (Motor Gearbox Unit) genannten System nicht nur einen mit 85 Nm ziemlich kräftigen E-Motor, sondern auch noch eine Schaltgruppe mit zwölf Gängen untergebracht. Die lassen sich über zwei Tasten rechts am Lenker wählen wie bei einer üblichen Kettenschaltung - allerdings mit vertauschter Funktion: raufgeschaltet wird vorn, runter mit der hinteren Taste. Also genau andersrum als gewohnt. Fehlschaltungen sind somit programmiert.
Zwei Automatik-Programme: Auto.Shift und Auto.Shift.Pro
Der serienmäßige Gepäckträger ist für eine Last von 25 Kilogramm ausgelegt.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Wer die vermeiden will, kann auf eins von zwei Automatik-Programmen namens Auto.Shift und Auto.Shift.Pro zurückgreifen, die über die pfiffige Lenker-Remote voreingestellt werden. Das große, gut ablesbare Display in der Lenkermitte sollte nach der Vorstellung seiner Erfinder und nach einem zweisekündigen Druck auf den vorderen Schalthebel die Unterstützungsstufe "A" anzeigen, wenn es um tägliche Pendelfahrten und um längere Touren geht. Durch die Vorabwahl der gewünschten Trittfrequenz können die automatisierten Schaltpunkte individuell eingestellt werden. Wenn es nicht auf Anhieb passt, ist während der Fahrt eine Feinjustierung über die manuellen Schalthebel möglich.
Der Gates-Riemen zum Hinterrad läuft leise, ist sauber und weitgehend wartungsfrei.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Wer über die Steuereinheit die Stufe "A+" anwählt, bekommt sozusagen die Luxus-Automatik serviert. Das Besondere daran: Die Maschine ist lernfähig und passt die Schaltpunkte nicht nur an die bevorzugte Trittfrequenz, sondern auch an die Kraft von den Pedalen, an Steigung oder Gefälle an. Klingt nicht so ganz einfach, ist aber im Effekt überzeugend, und zwar bei beiden Versionen. Die unterscheiden sich nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch ziemlich deutlich: Mal eher entspannt, aber bei Bedarf kräftig unterstützt, mal eher dynamisch und erkennbar flotter.
Lange Ausfahrten ohne manuellen Schaltvorgang
Man kann es anfangs gar nicht glauben, aber dank der beiden Modi sind auch richtig lange Ausfahrten ohne einen einzigen manuellen Schaltvorgang überhaupt kein Problem. Um die 100 Kilometer am Stück sind nach unseren Erfahrungen drin, wenn es nicht unentwegt bergauf geht. Generell aber gilt: Wer auf sein Rad nach dem Kauf einfach nur aufsteigen und losfahren will, ist mit dem MGU nicht gut bedient. Um dessen Fähigkeiten und Feinheiten nutzen zu können, muss man sich vorher schlaumachen. Diverse Online-Tutorials sind dabei eine große Hilfe.
Den Gel-Sattel fürs Kagu :e gibt es auch in einer anatomisch angepassten Damen-Version.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Angenehm ist auch der leise und saubere Gates-Riemen statt der Kette. Apropos leise: Trotz aller Faszination über die Pinion MGU wird es beim Thema Antriebsgeräusche vermutlich für viele Radler kritisch. Denn man muss es einfach so sagen: Dieser Antrieb ist zwar in der Ebene und in den Gängen neun bis zwölf akustisch erfreulich zurückhaltend. Doch speziell unter Last und am Berg wird er mit jedem Runterschalten lauter und lauter. Da mahlen und knirschen die Zahnräder so vernehmlich vor sich hin, dass man sich etwa beim Überholen anderer Radler ein wenig unwohl fühlt.
Das ist ein dickes Minus, das natürlich längst auch bei Pinion registriert wurde. Man arbeite daran, ist aus Denkendorf bei Stuttgart zu hören.
Ans Herz gewachsen trotz Akustik-Manko
Die Magura-Bremsen mit 160-Millimeter-Scheiben verzögern mehr als nur ausreichend.
(Foto: SP-X/Rudolf Huber)
Abgesehen vom Akustik-Manko ist uns das Trekking-Pedelec von Simplon den Sommer über tatsächlich ans Herz gewachsen. Das Kagu :e High ist schick, praktisch, kräftig und komfortabel, der schmale Lenker und die leicht nach vorn geneigte Sitzhaltung erlauben lange, ermüdungsfreie Ausflüge. Der Motor schiebt bei Bedarf kraftvoll. Und die Zweikolben-Bremsen von Magura sind mit ihren 180-Millimeter-Scheiben mehr als ausreichend dimensioniert. Wer ständig das maximale Gesamtgewicht ausreizt, kann auch Vierkolben-Bremsen von Shimano mit 203er Scheiben ordern. Die kosten aber noch einmal 160 Euro extra.
So konfiguriert, schleicht sich der Testrad-Preis allerdings langsam an die beeindruckende Summe von knapp 8500 Euro heran. Das Basismodell mit Zwölfgang-Pinion MGU und 800-Wh-Akku ist für 7999 Euro zu haben.
Quelle: ntv.de, Rudolf Huber, sp-x