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Elektro-Passat ist startklar Volkswagen ID.7 - reichweitenstarke Mittelklasse greift an

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Dank ausdrucksstarker Beleuchtung wird der neue Volkswagen ID.7 nicht im Straßenbild untergehen.

Dank ausdrucksstarker Beleuchtung wird der neue Volkswagen ID.7 nicht im Straßenbild untergehen.

(Foto: Volkswagen)

Endlich bringt Volkswagen ein rein elektrisch angetriebenes Passat-Pendant zum kommoden Reisen. ntv.de war nun erstmals am Steuer der großen Limousine. Ein Kombi und stärkere Varianten folgen übrigens auch noch.

Für alle Interessenten, die jetzt gerne aufschreien würden: Aber ja doch, der ID.7 wird bald auch als Kombi zu uns rollen. Denn da sind wir Deutschen eindeutig - entweder wollen wir SUV oder Kombi. Aber sei es drum, um den neuen Volkswagen ID.7 fahrerisch erstmalig zu erkunden, tut es auch die Limousine. Da steht also der 4,96 Meter lange Wolfsburger mit Heckantrieb (sowohl Antriebsachse als auch Motor sitzen hinten) und lädt zum Cruisen ein.

Mit einer Außenlänge von 4,96 Metern könnte der ID.7 als gehobener Mittelklässler durchgehen. Doch ganz ehrlich, dieses Format hat der Wolfsburger nicht. Die auf der "Premium Platform Electric" basierenden und bald debütierenden Produkte aus dem Hause Audi mit pfeilschnellen Antrieben und enormer Ladeperformance schon eher.

Mit einer Außenlänge von 4,96 Metern könnte der ID.7 als gehobener Mittelklässler durchgehen. Doch ganz ehrlich, dieses Format hat der Wolfsburger nicht. Die auf der "Premium Platform Electric" basierenden und bald debütierenden Produkte aus dem Hause Audi mit pfeilschnellen Antrieben und enormer Ladeperformance schon eher.

(Foto: Volkswagen)

Ist das jetzt eigentlich Mittelklasse oder obere Mittelklasse? Ich bin für Mittelklasse, wenngleich Volkswagen von "gehobener Mittelklasse" spricht. Ich sehe nämlich eher die künftigen Derivate der PPE-Plattform im Businessklasse-Bereich, doch darüber können wir ja gerne noch philosophieren. Hier und heute habe ich vor allem zwei Dinge im Hinterkopf, auf die ich achten möchte: den Platz im Fond und das Infotainment.

Bevor ich allerdings hinten Probe sitze, zieht es mich erst einmal hinter das Steuer. Klar, ich bin schließlich neugierig auf den Fahreindruck des neuen Volkswagen-Stromers. Also in den gemütlichen Sitz gefläzt und zunächst den Blick wandern lassen.

Moment, hatte Volkswagen nicht versprochen, die Lenkradtasten endlich griffiger zu machen? Beim Passat ist genau das bereits ja geschehen, doch der ID.7 muss wohl erst noch das bestellte Kontingent der alten Einheitselemente ohne einzelne (deutlich besser bedienbare) Druckknöpfe aufbrauchen, bevor er auch die neuen Schalter bekommen darf. Na ja, man wird überleben, dass es am Lenkrad etwas fummeliger zugeht - aber ein klitzekleiner Schönheitsfehler ist das alte System schon, um ganz ehrlich zu sein.

Über kultivierte Motoren muss man beim ID.7 nicht mehr sinnieren

Trotzdem wird jetzt gestartet - freilich im Flüsterton. Und während man an dieser Stelle früher über die Laufkultur eines Motors sinniert hätte, reflektiert man nun eben über Abrollkomfort oder Windgeräusche. Wie clever von Volkswagen, die Neuheit in einem tempobeschränkten Land zu präsentieren (130 km/h) - bis zu dieser Geschwindigkeit bleibt es sowieso angenehm ruhig im ID.7. Und selbst bei den abgeregelten 180 Sachen sollte man sich noch in Zimmerlautstärke unterhalten können. Hier profitiert der Volkswagen sicherlich auch von seiner ambitionierten, effizienzgetriebenen Aerodynamik (cw 0,23), die gar den cw-Wert (0,25) des neuen Passat unterbietet. Gleichwohl gibt es Serienfahrzeuge mit besseren Werten wie etwa Hyundai Ioniq 6 oder Lucid Air (beide cw 0,21).

Ohne Kombi würde Volkswagen in Nord- und Westeuropa wohl ein sattes Geschäft verlorengehen. Hier ist er schon einmal zu sehen - allerdings noch in getarnter Form.

Ohne Kombi würde Volkswagen in Nord- und Westeuropa wohl ein sattes Geschäft verlorengehen. Hier ist er schon einmal zu sehen - allerdings noch in getarnter Form.

(Foto: Volkswagen)

Doch wirklich auffällig bei Volkswagens jüngstem BEV sind gar nicht die Geräusche. Auffällig, weil betont angenehm ist, wie der ID.7 federt. Der künftige ID.7 Kombi wird offiziell "Tourer" heißen, dabei ist die Limousine auch schon ein ziemlich sanfter Tourer im klassischen Sinne. Wie erfrischend, dass heutzutage mal ein Auto rausgebracht wird, bei dem man gegen den Trend darauf verzichtet, es mit vermeintlich sportlichen Eigenschaften anzupreisen, sondern stattdessen hervorhebt, wie geschmeidig es fährt. Wobei die optionalen 20-Zoll-Räder dem Fahrwerk schon gut zu tun geben mit ihrem 40er-Niederquerschnitt. Und dennoch bügelt dieser Volkswagen raue Pisten virtuos glatt - gefühlt übrigens deutlich besser, als das beispielsweise bisherige Passat-Ausgaben machen. Und vor allem dann, wenn man den virtuellen Regler der aufpreispflichtigen adaptiven Dämpfer in die komfortable Richtung bewegt. Der mit 2,97 Metern ausgedehnte Radstand trägt außerdem seinen Teil zu diesem Einschlag bei.

Allerdings muss ich doch kurz noch einmal einhaken beim Thema Sportlichkeit. Als Versuchsanwendung drücke ich das rechte Pedal nieder und schaue, was passiert. Sanft, aber ziemlich kraftvoll schiebt der 286 PS starke (und mit 545 Newtonmeter Drehmoment gesegnete) Hecktriebler ab und soll bereits nach 6,5 Sekunden Landstraßen-Tempo erreichen. Ein ziemlich glaubwürdiger Wert - und das ist ja auch eine Art von Sportlichkeit.

Das durchgehende Leuchtband macht diesen Volkswagen markant. LED-Rückleuchten mit diversen Animationen entsprechen der aktuellen Lichtmode.

Das durchgehende Leuchtband macht diesen Volkswagen markant. LED-Rückleuchten mit diversen Animationen entsprechen der aktuellen Lichtmode.

(Foto: Volkswagen)

Sportlich soll der ID.7 darüber hinaus laden, was sich aber in ausgiebigen Tests erst noch herausstellen muss. Definitiv jedoch kommt sein großer Akku mit 77 kWh nutzbarer Energie dem Langstrecken-Betrieb entgegen. So zeigt die Uhr des Testwagens tatsächlich 360 Kilometer Reichweite bei gerade einmal 65 Prozent Batterie-Ladestand - würde 553 Kilometer bei vollem Akku machen. Das sind zwar nicht ganz die versprochenen 621 Kilometer. Aber man muss ja nicht gleich kleinlich werden. Es kommt eben darauf an, wie sparsam man den 2,2-Tonner im praktischen Betrieb fährt.

Den kombinierten WLTP-Verbrauch beziffert das Werk mit 14,1 bis 16,3 kWh. Doch auch die wird sich noch einem Realitätscheck unterziehen müssen. Ebenso wie die Angabe, man könne Strom für 204 Kilometer Fahrt binnen zehn Minuten nachfassen bei einer maximalen Ladeleistung von 175 Kilowatt. Auch wenn diese theoretische Performance dem Praxistest standhalten und selbst dem etwaigen Außendienstler genügen sollte, kann man angesichts eines 400-Volt-Bordnetzes nicht von herausragender Technik sprechen. Aber keine Sorge, irgendwann wird auch Volkswagen auf 800 Volt switchen. Das dauert aber noch eine Weile.

Der ID.7 steckt voller Hightech

Großer Screen (15 Zoll) plus die illuminierten Dekorelemente verleihen dem Wolfsburger etwas Nobles.

Großer Screen (15 Zoll) plus die illuminierten Dekorelemente verleihen dem Wolfsburger etwas Nobles.

(Foto: Volkswagen)

Nachdem ich mich einige Zeit habe durchkneten lassen vom neuartigen Sitz mit Druckpunktmassage (ist ganz witzig, aber jetzt auch kein wahnsinniger Brüller), setze ich mich, wieder am Zielort angekommen, doch einmal in die zweite Reihe. Hui, und diese Sitzposition holt mich schon mehr ab als eine Sitzmassage. Denn hier gibt es reichlich Kniefreiheit und natürlich solide Polster. So kann man es doch aushalten. Durch das Panoramadach darf ich den Himmel beobachten und die Seele baumeln lassen oder dessen Glasscheibe per berührungsempfindlichem Slider auf milchig "schalten" mittels elektrochemischer Technik. Verarbeitung und Finish entsprechen übrigens den strengen Anforderungen, die an ein Premium-Produkt gestellt werden, wie bei einer ersten Bestandsaufnahme festzustellen ist.

Ich muss aber dann wieder nach vorn. Die Volkswagen-Ansprechpartner vor Ort legen mir ans Herz, den wirklich irre technisierten Parkassistenten auszuprobieren. Also suchen wir uns (ein betreuender Ingenieur weist mich an) ein lauschiges Plätzchen an der Mittagslocation aus, wo der ID.7 künftig automatisiert ausparken soll. Nach etwas Getouche auf dem Screen, immer wiederkehrendem Vor- und Zurückfahren sowie der Konzentration auf den Stellplatz wäre die Position dann irgendwann gespeichert. Ich frage mich, ob das nicht zu viel Vorarbeit für zu wenig Nutzen ist. Na ja, man muss eben sehen, wie das System im engen Parkhaus funktioniert. Aus meiner Sicht gilt dennoch, dass versierte Fahrer das Auto aktuell noch schneller rangieren. Trotzdem gilt mein Respekt den Technikern, die solch eine Anwendung auch mathematisch überhaupt in den Griff bekommen.

Es gibt natürlich noch mehr Assistenz. Der aktive Tempomat umfasst jetzt auch assistiertes Überholen. Braucht man das? Vielleicht, um die übrigen Fahrgäste zum Staunen zu bringen. Sonst eigentlich nicht. Aber das kann man ja anders sehen. Der Fahrer dagegen staunt, warum das zweifelsohne umfangreiche Head-up-Display als Augmented-Reality-Lösung präsentiert wird. Finde ich zu wenig für diese Bezeichnung. Immerhin ist es serienmäßig im Gegensatz zu LED-Matrix-Licht und Wärmepumpe, die ein paar Tausender extra kosten.

Das Betriebssystem des ID.7 präsentiert sich neu

Mein Schlusswort gilt dem 15 Zoll großen Touchscreen samt neuem Betriebssystem, auf dem jetzt alles viel besser und schneller laufen soll. Sagen wir mal so: Die Funktionsfülle wird ja nicht geringer. Und ein bisschen Trial-and-Error ist auch beim neuen Volkswagen erforderlich, um die Oberfläche zu beherrschen. Immerhin gibt es die Möglichkeit, wichtige Funktionalitäten auf Direktwahltasten zu legen, die strategisch günstig in der ersten Reihe liegen. Außerdem weisen verschieden große Kacheln den rechten Weg zu diversen Themenwelten. Dazu gehört auch die Hightech-Klimaanlage mit ihren elektromotorisch gesteuerten Lüftungsdüsen. Aus ihnen strömt bedarfsweise schon dann Luft, wenn man sich dem ID.7 mit Schlüssel in der Tasche bloß nähert.

Man muss kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass der ID.7 als Kombi hierzulande mehr Kunden finden wird als die Limousine. An ihrem Kofferraumvolumen (1586 Liter) dürfte ein Kauf jedoch kaum scheitern.

Man muss kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass der ID.7 als Kombi hierzulande mehr Kunden finden wird als die Limousine. An ihrem Kofferraumvolumen (1586 Liter) dürfte ein Kauf jedoch kaum scheitern.

(Foto: Volkswagen)

Bleibt die Frage, ob die Mittelklasse aus Emden (richtig, der ID.7 wird am traditionellen Passat-Standort gebaut) gute Chancen hat, die Volkswagen-BEV-Zulassungen so richtig aufzumischen. Mal sehen, es kommt ja schließlich noch der Kombi. Und der GTX mit Allradantrieb sowie knackigen 340 Pferdestärken.

Unpraktisch ist die Limousine übrigens auch nicht, mal ganz nebenbei bemerkt. In den Kofferraum passen knapp 1600 Liter Gepäckäquivalent. Mit 56.995 Euro möchten die Wolfsburger ganz schön viel Geld für ihren lautlosen Tourer überwiesen bekommen - reichhaltige Ausstattung oder noble, hintergrundbeleuchtete Dekorleisten hin oder her. Vermutlich wird der ID.7 damit eher etwas für Firmen, wo er seinen Elektroauto-Benefit bei der Dienstwagensteuer ausspielen kann. Er liegt mit unter 60.000 Euro Bruttopreis nämlich gerade noch in der besten Klasse, wo als Besteuerungsgrundlage lediglich der geviertelte Listenpreis gilt. Oder aber, Volkswagen schnürt ein attraktives Paket mit bezahlbarer Leasingrate auch für Privatkunden. Diese können ja beim Händler schon einmal vorfühlen. Oder demnächst auf eine Probefahrt reinschauen.

Quelle: ntv.de

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